In der wolkenverhangenen Neumondnacht hob sich der Tannenwald links und rechts der schnurgeraden Landstraße wie ein Scherenbild ab. Der scharfe Novemberwind spielte mit den Bäumen, sie wiegten sich im Tanz hin und her. Hohl klang das Bellen eines großen Hundes aus einiger Entfernung herüber.
Zwischen den Bäumen tauchte ein schwacher Schimmer auf. Ein alter Kombi schoss die Straße heran. Vertrocknete Tannennadeln wirbelten auf. Die rechte Seite des Wagens befand sich auf dem Grünstreifen, so dass die Begrenzungspfosten vom Kotflügel mit einem rhythmischen Plopp-Plopp-Plopp aus der Erde gerissen und durch die Luft geschleudert wurden. Für einen Moment schien es, als würde der Kombi sich in den Wald verabschieden, aber er folgte dem Straßenverlauf wie an der Schnur gezogen. Ein Schild kündigte eine Doppelkurve an, doch der Kombi raste unbeirrt mit hoher Geschwindigkeit weiter. Die scharfe Linkskurve tauchte auf und wurde von dem Wagen ignoriert. Kurz holperte er über den Entwässerungsgraben, pflügte eine Schneise durch die Bäume, bevor er frontal gegen einen dicken alten Tannenbaum krachte. Der Aufprall klang wie ein Schuss in der Stille. Die Motorhaube faltete sich zusammen, Wasserdampf stieg aus dem zerborstenen Kühler. Aus dem Inneren des Wagens war aufgeregtes Quieken und Grunzen zu hören. Dunkler Rauch mischte sich mit dem weißen Dampf. Im Motorraum hatte ein Kurzschluss einen Kabelbrand ausgelöst, der sich innerhalb weniger Sekunden auf die gesamte Front des Kombis ausbreitete. Ein Feuerzünglein erwischte das auslaufende Benzin und vereinigte sich mit ihm. Die gesamte Fahrgastzelle ging in Flammen auf. Es knisterte und knackte, die Glasscheiben schmolzen in der Hitze, und das Quieken und Grunzen steigerte sich ins Infernalische.
Eine dunkle Gestalt trat zwischen den Bäumen hervor und verfolgte aus sicherer Entfernung das Ausbrennen des Kombis. Im Schein des Feuers war der unförmige Kopf der Gestalt mit den borstigen Haaren gut zu erkennen. Das Quieken und Grunzen erstarb. Die Gestalt verharrte noch einen Augenblick, dann verschwand sie lautlos im Wald.
Der Kombi brannte noch zwei Stunden. Am frühen Morgen entdeckte ihn ein Bauer, der mit einer Ladung Kürbisse unterwegs zum Wochenmarkt nach Straubing war.
Um8 Uhr32 stand Polizeihauptmeisterin Gisela Wegmeyer von der Dienststelle Niedernussdorf vor dem ausgebrannten Wrack. Gisela war eine gestandene Frau Anfang fünfzig, gewohnt zuzupacken, wenn es nötig war. In ihrer Begleitung waren Polizeiobermeister Georg »Schorsch« Kramer und sein ranggleicher Kollege Erwin Huber. Der eine sehr stämmig, der andere sehr untersetzt. Alle drei lugten durch die geschmolzenen Scheiben ins Innere des Kombis.
Der Bauer mit den Kürbissen hockte in seinem X3 und wärmte sich an der Standheizung. Er ließ die Polizisten nicht aus dem Blick.
»Vier«, murmelte Erwin.
»Fünf«, sagte Gisela. Sie deutete auf den Fußraum vor der Rückbank, auf der zwei Körper zu einem schwarzen Haufen verschmolzen waren. »Da unten.«
Erwin trat neben Gisela. »Das ist aber klein«, hauchte er.
»Wahrscheinlich ein Kind.« Ihre Stimme zitterte.
Schorsch war auf der anderen Seite des Wagens. Seine Nase kräuselte sich, er schnupperte.
»Findet ihr nicht, dass das wie Ripp