: Daniel Höra
: Das Ende der Welt
: arsEdition GmbH
: 9783845803227
: 1
: CHF 13,50
:
: Kinderbücher bis 11 Jahre
: German
: 384
: Wasserzeichen
: PC/MAC/eReader/Tablet
: ePUB
Daniel Höras großer dystopischer Zukunftsroman. Düster, hart, nachdenklich und mit funkelndem Humor erzählt. Spannend von der ersten bis zur letzten Seite. Seit der Großen Katastrophe kann man die Sonne als giftig-gelben Schein hinter dem schmutzigen Grau des Himmels nur noch erahnen. Kjell ist fast fünfzehn und Soldat bei den Schwarzen Jägern. Es ist eine große Ehre, in dieser Einheit kämpfen zu dürfen. Wenn gerade kein Krieg herrscht, jagen sie Terroristen, Kriminelle und Abweichler oder schlagen Arbeiteraufstände nieder. Als die Senatswahlen anstehen, werden sie zum Schutz der Kandidaten nach Berlin verlegt. Laut und sittenlos soll es in der Hauptstadt zugehen, in den Ruinen und verlassenen Stadtteilen verstecken sich Flüchtlinge und Gesetzlose aller Art. Kjell kann es nicht erwarten, die wanzige Stadt wieder zu verlassen. Doch dann gerät er in ein Komplott und muss auf einmal ganz schnell weg, ausgerechnet zusammen mit der unerträglichen Kanzlertochter Leela. Es beginnt eine Flucht quer durch das verwüstete Land, die nicht nur Kjells Leben auf den Kopf stellen wird.

Daniel Höra, geboren in Hannover, wuchs in einer Hochhaussiedlung am Stadtrand auf. Er machte in seiner Jugend selbst Erfahrungen mit Polizei und Justiz. Nach der Schule arbeitete er am Fließband, war Möbelträger, Altenpfleger, Taxifahrer und TV-Redakteur. Heute lebt er als freier Schriftsteller in Berlin. Bei arsEdition sind die Jugendbücher Das Ende der Welt, Braune Erde, Gedisst und Das Schicksal der Sterne erschienen.

01


An meinem fünfzehnten Geburtstag würde ich das erste Mal einen Menschen töten. Einen Mörder oder einen Terroristen. Meine Beute würde etwas Vorsprung bekommen, aber das würde ihr nichts nützen, denn ich war für die Jagd ausgebildet. Ich würde mein Opfer Tag und Nacht jagen und es dann mit dem Messer zur Strecke bringen. Erst wenn ich diese Probe bestanden hätte, würde ich als erwachsen gelten. Doch bis dahin sollte es fast noch ein Jahr dauern.

Seit meinem siebten Lebensjahr war ich in einem Internat der Armee. Bis dahin hatte ich bei meiner Mutter gelebt, aber seit ich Soldat war und sie einmal im Jahr besuchte, war mir die Frau mit den feinen Zügen fremd geworden und ich fuhr nicht gern zu ihr. Wir stritten jedes Mal, auch weil sie darauf bestand, mich bei meinem richtigen Namen zu nennen. Dabei hieß ich seit meinem Eintritt in die Armee: Kjell! Der Name hatte keinerlei Bedeutung. Er war kurz und klang wie ein Befehl. Nur darauf kam es an. Denn in der Schlacht, wenn der Tod in Form einer Kugel oder eines Messers auf dich zurast und du nach deinen Kameraden schreist, hast du keine Zeit für einen Jonathan oder einen Konstantin.

Es war nicht meine Schuld, dass ich Soldat geworden war. Die Ärzte hatten mich für tauglich erklärt, und hätte Mutter sich geweigert, wäre unsere Familie entehrt gewesen und verstoßen worden. Aber anstatt sich zu freuen, dass ich die Möglichkeit hatte, ein berühmter Kämpfer zu werden, hielt sie mir immer wieder meinen Vater vor, der im Krieg gefallen war.

Das Leben in der Kaserne war hart. Schon in der ersten Woche mussten wir lange Märsche machen, und wenn wir nicht in Reih und Glied marschierten, schlugen uns unsere Vorgesetzten. Abends bekamen wir dann muffiges Wasser und schimmlige Kartoffeln vorgesetzt. Damals habe ich viel geweint. Das taten alle neuen Rekruten. Man durfte sich nur nicht erwischen lassen, denn dann setzte es Schläge. Und geschlagen wurden wir beim geringsten Vergehen. Dazu benutzten unsere Ausbilder eine Rute, einen langen dünnen Stock mit einer Bleikugel an der Spitze. Das sollte uns gegen Schmerzen unempfindlich machen.

Seit meinem zwölften Lebensjahr war ich Offiziersanwärter. Mit meinem Vorgesetzten hatte ich Glück. Er hieß Sönn und schlug uns Kadetten selten. Und wenn, schien es ihm keinen Spaß zu machen im Gegensatz zu den anderen Offizieren. Sönn war ein ruhiger Mann, mit tiefen Furchen im Gesicht und dunklen Haaren, in denen sich schon das Grau des Alters ankündigte. Er war lang und dünn wie eine Peitsche und ebenso gefährlich. Sein Gesicht war mit blauen Strichen tätowiert. Für jedes Opfer einen. Sönns Augen waren kalt und mitleidlos und es schien, als würde er niemanden mögen. Doch wenn er mich sah, stahl sich etwas Warmes in seinen Blick.

Unsere Einheit nannte sich die Schwarzen Jäger. Schwarz, weil unsere Uniformen und unsere Standarte schwarz waren. Wir waren auf den Partisanenkampf spezialisiert und bekämpften unsere Gegner aus dem Hinterhalt. Herrschte gerade kein Krieg, jagten wir Terroristen, Kriminelle und Abweichler. Manchmal schlugen wir auch Aufstände der Zefs nieder. Zefs nannten wir die Arbeiter und alle, die keine Soldaten oder Senatsbürger waren.

Ich mochte die schmutzigen Zefs nicht. Sie waren dumm und verschlagen. Immer wenn sie uns anrücken sahen, flitzten sie in alle Himmelsrichtungen auseinander, wie Ungeziefer, das man unter einem Stein aufscheucht.

Dieses Mal war