: Maike Maja Nowak
: Wie viel Mensch braucht ein Hund Tierisch menschliche Geschichten
: Mosaik bei Goldmann
: 9783641106706
: 1
: CHF 7.20
:
: Biographien, Autobiographien
: German
: 272
: DRM
: PC/MAC/eReader/Tablet
: ePUB
Der neue Bestseller der erfolgreichen »Hundeflüsterin«
Ergreifend und fesselnd erzählt die Hundeflüsterin Maike Maja Nowak von ihren faszinierenden Begegnungen mit Hunden und ihren Menschen: von dem alten Ehepaar, das einen Straßenhund rettet und sich ärgert, dass der erfahrene Leithund sich ihnen und ihrem Leben verweigert, von der jungen Frau, die über ihren Hund ihre tiefsten Ängste überwindet und von der Polizistin, die darum kämpft, dass ihr Hund an seiner Sucht nicht zu Grunde geht. Humorvoll wird es bei einem riesigen Mastiff und seinem duftenden Geheimnis und bei einem West Highland Terrier, der ein unglaubliches Hobby verfolgt.

Mit ihrem außergewöhnlichen Einfühlungsvermögen zeichnet Maike Maja Nowak tierisch menschliche Beziehungsstrukturen nach und stellt sich und ihren Lesern die Frage: Wie viel Mensch braucht ein Hund wirklich? Und wie viel Mensch verträgt er?

Maike Maja Nowak, geboren 1961 in Leipzig, ist Autorin zahlreicher SPIEGEL-Bestseller zur Mensch-Hund-Kommunikation sowie zahlreicher Fachartikel und arbeitet als Trauma-Expertin, ist staatlich zugelassene Heilpraktikerin für Psychotherapie und zertifizierte Tiertherapeutin. Sie ist einem breiten Publikum durch die ZDF-Serie »Die Hundeflüsterin« bekannt. Maike Maja Nowak lebt in der Prignitz und in Schweden.
Weitere Infos auf: www.maike-maja-nowak.de

Rette sich, wer kann

Eingeschneit

Die Reifen meines Geländewagens fräsen sich einen Weg durch den unberührten Schnee. Vor einer der kleineren Villen im Grunewald halte ich. Ich arbeite mich, bis zu den Knöcheln im Schnee versinkend, zum Tor der Villa vor. Während meine Hände nach der Klingel tasten, bleibt mein Blick an der Statue eines riesigen, würdevollen Hundes im Garten hängen, die fast im Weiß verschwunden ist.

Meine Finger finden den Klingelknopf. Kaum habe ich ihn berührt, ertönt schon der Summer. Ein wohl vor Kurzem freigeschippter und bereits fast wieder zugeschneiter Pfad führt zum Haus. Um die etwas weiter entfernte Hundestatue näher zu betrachten, beuge ich mich so weit nach vorn, wie es meine Balance zulässt. Der Ausdruck der Statue wirkt aus dieser Perspektive nicht mehr ruhig, sondern abweisend und seltsam verschlossen. Ich meine jedoch, ein lebendiges Glänzen in den Pupillen zu erkennen, und stelle mich hoch auf die Zehenspitzen, um mich noch weiter nach vorne beugen zu können. Im selben Moment rutsche ich aus und kippe vornüber in den Schnee.

Als ich mich hochrappeln will, spüre ich etwas Heißes über mir. Ich drehe mich um und blicke auf die Schnauze eines Hundes, der mir mit großer Gelassenheit seinen warmen Atem entgegenbläst. Er ist, soweit ich unter all dem Schnee erkennen kann, ein riesiger Herdenschutzhund. Obwohl seine Schnauze auf mich gerichtet ist, bleibt sein Blick abgewandt. Ich muss nicht zu der Statue schauen, um mich zu vergewissern, dass sie verschwunden ist.

Der Hund steht ruhig über mir und wartet. Im selben Moment höre ich, wie sich eine Tür öffnet. Ein Mann ruft: »Komme gleich, ich bekomme die Stiefel nicht an!«

Der Hund verharrt währenddessen weiter über mir und jeder, der schon einmal einen Herdenschutzhund im Einsatz erlebt hat, weiß, warum auch ich ruhig liegen bleibe. Aus meiner Perspektive sehe ich nur zwei Gummistiefel auf mich zukommen, in denen braune Cordhosen stecken.

Ich höre, wie ein Karabiner in das Halsband des Hundes klickt. Sein Kopf wird nach hinten gezogen. »Kommst du runter, aber dalli!« Der Mann reißt hart und ruckartig an der Leine. Die Lefzen des Hundes heben sich und sein Kopf wendet sich drohend in Richtung des Mannes.

»Würden Sie bitte ruhig bleiben«, sage ich, unter dem Hund hervorblickend. »Das ist gerade nicht ganz ungefährlich.«

»Aber der hört ja sonst nicht«, antwortet der Mann. »Den muss man immer erst anbrüllen. Das ist es ja.«

Ich kläre ihn nicht darüber auf, um wen ich Angst habe, und versuche es dieses Mal mit Nachdruck: »Es wäre gut, wenn Sie zurücktreten und den Hund ruhig rufen!«

Tatsächlich entfernen sich die Gummistiefel und kurz darauf höre ich den Mann etwas weniger zackig sagen: »Henry! Zurück da!« Der Hund dreht sich zu dem Mann um, in seinem Blick liegt ein Zögern. Das plötzliche Ablassen des Mannes scheint ihn zu überraschen. Er tritt gemächlich nach hinten und geht zur Seite weg. Ein kleiner, schlanker, weißhaariger Herr taucht in meinem Blickfeld auf und beugt sich über mich, um mir aufzuhelfen. Ich rappele mich hoch und klopfe mir den Schnee ab: »Das wäre eine tolle Schlagzeile geworden: Hundetrainerin von Hund im Schnee begraben. Es hätte mir jedoch geholfen, vorher zu wissen, dass er bereits im Garten ist und es sich um einen Herdenschutzhund handelt.«

Der alte Herr schaut mich