: Waltraut Emma Schöning
: Lebenswege eines Heimkindes Ein Kampf für Gerechtigkeit
: epubli
: 9783753110530
: 1
: CHF 5.30
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: Biographien, Autobiographien
: German
: 97
: kein Kopierschutz
: PC/MAC/eReader/Tablet
: ePUB
Diese kurz Geschichte zeichnet Zeitperioden eines Kindeslebens zwischen Hölle und Glücksmomenten, ironische Ereignisse, was die 'Menschlichkeit' auf den Prüfstand wirbelte. Als Pflegekind waren die Zeiten rau, teilweise brutal, zwischen den 40er- und 60er-Jahren, in denen man nicht fragte, was richtig, gerecht oder falsch, sondern was bequem und besonders eigennützig war. Kindern wurden damit Kindheit, Selbstbestimmungen und Bildung geraubt. Ein Silberstreifen der Hoffnung ergab sich zwischen Momenten der Verlegung zwischen einer Pflegestelle zurück ins Kinderheim, was sehr häufig passierte. Hier wurde mit strenger Hand gehandhabt, vielleicht gab es auch mal einen Klaps auf den Hintern, aber nie Gewalt oder Schläge. Vor allem gab es immer gesundes Essen, niemand hungerte und das in den letzten Jahren des Krieges.

Am 25.05.1938 wurde ich in Hamburg, Barmbek geboren. Meine Eltern kannte ich nie. Als Säugling wurde ich ins Kinderheim gebracht und für Adoption freigegeben. Genau weiß Ich das nicht. Über die früheren Jahre, wurde ich, aber nie adoptiert, sondern immer wieder in verschiedene Kinderheime verlegt, für kurze Zeiten, bis eine Pflegemutter oder Pflegestelle, gefunden wurde.

Kapitel 4


Pflegestellen; die Hölle auf Erden.


Im Oktober, als zehnjährige, 1948, da hieß es plötzlich, Waltraut kommt in eine Pflegestelle. Also, ein neues Zuhause? Ein richtiges Zuhause? Ich wurde nach Hörsten, bei Bargteheide, geschickt. Dort waren drei eigene Kinder. Sollte ich mit den Kindern Spielen? Nee! Ich sollte Kühe hüten und war den ganzen Tag mit den Kühen und dem Mist allein auf den Feldern. Ich musste Mist schmeißen. Das war eine schwere körperliche Arbeit für mich. Über die Felder waren viele große Haufen Mist verteilt die ich bis mittags und abends verteilen musste, bis es dunkel wurde. Mittags kam der Bauer mit einem Schmalz Brot und einem Becher Buttermilch. Das war natürlich kein richtiges Schmalz wie wir es heute kennen. Es war Griebenschmalz. Ein Gemisch Flomen, Äpfel und Zwiebeln und schmeckte am besten nur mit Zucker. Abends wurde gepfiffen und ich musste die Kühe nach Hause bringen. Vielleicht waren es die Herbstferien, denn die Tiere blieben plötzlich im Stall und ich musste kurz danach zur Schule. Ich hatte nur Kniestrümpfe und Klapper-Sandalen. Bald kam der Schnee. Da gab es für mich Gummigaloschen vom Bauern für den Winter, die ich über die dreiteiligen Klapper Sandalen ziehen sollte. Dann ging es täglich zur Schule, etwa dreieinhalb Kilometer zu Fuß und das zweimal. Vormittages und nachmittags, hin und zurück. Es war eine Tortur für mich und meine Füße. Ich hatte mich öfters beschwert bei dem Bauern, aber es gab einfach nichts anderes. Er meinte, ‚wir haben nichts für dich‘. Was natürlich eine Lüge war, aber zu diesem Zeitpunkt wusste ich das nicht. Sonst hätte ich schon meine freche Klappe aufgekriegt.

Zwei Wochen vorher hatte ich gerade meine neue Einkleidung bekommen. HerrHeitland, der Reise Inspektor, war zuständig Pflegekinder zu betreuen. Der Winter stand vor der Tür, er sorgte dafür, dass ich auch ordentliches Zeug hatte. Es gab neue Unterwäsche, ein warmes Kleid und einen Winter Mantel. Davon habe ich aber nichts gesehen. Da waren auch neue Stiefel für mich bei. Als Herr Heitland weg war, verschwand mein Paket. Die Bäuerin meinte auch, die festen Lederstiefel, mit Eisenbeschlag an den Hacken und Spitzen, sind für Traute, ihre Tochter; sie braucht auch neue Stiefel. So war ich die Stiefel auch los!

Von der Schule aus mussten wir immer auf dem Nachhauseweg nachmittags kleine Bausteine verkaufen, je zehn Pfennig das Stück, um Helgoland zu retten. Jeder Schüler hatte eine Liste wie viele Steine die Nachbarn abgenommen hatten. Die Abrechnung war immer den nächsten Tag in der Schule. Gleichzeitig mussten wir auch jeden Tag einen Holzklöben mitbringen, um die Klasse zu heizen. Da die Schule einmal vormittags und einmal nachmittags war, war es abends immer sehr dunkel. Auf dem Rückweg von der Schule musste ich immer beim Kaufmann vorbei und einige Sachen, die vorbestellt wurden, mit nachhause bringen. Alles war immer gut und fest verpackt. Zu Hause rissen die Kinder gleich die Pakete auseinander. Nun wurde es Frühling und der Schulweg viel leichter.

Einmal hatte ich keine Bestellung dabei, bin aber trotzdem zum Kaufmann gegangen und habe gesagt ich soll ein Pfund Waffeln mitbringen. Der Kaufmann gab sie mir. Dass es so viele wurden, hatte ich nicht geahnt. Aber auf dem Weg habe ich sie alle allein auf