Un-Break My Heart
Toni Braxton
2015, KW 36
In meinem Tischkalender steht in blauem Filzstift über der Woche: »Heute beginnt der Ernst des Lebens.« Ist lustig gemeint. Zum ersten Mal werde ich fest angestellt sein. Jeden Tag acht Stunden arbeiten müssen. Festes Gehalt. Nach 26 Jahren freier Mitarbeit im Rundfunksender. Ich werde ab September 2015 Musikchefin sein. Schon bedeutsam. Ein Traumjob. Ich freue mich darauf. Vertragsunterzeichnung soll am Montag, den 31. 8., im Personalbüro sein. Ich habe mich gut vorbereitet, denn ich will noch verhandeln. Aus Prinzip.
Weil Männer so etwas automatisch tun und Frauen nicht. Weil Männer meist selbstbewusst nach oben ausreizen und Frauen immer zu servil denken: Oh, ich bekomme diesen Job, aber bin ich überhaupt gut genug dafür? Oder: Sie zahlen ja ordentlich, hoffentlich bin ich das wert. Bemerke ich solche Impulse bei mir, pole ich mich mit Absicht um. Nicht weil ich lieber ein Mann wäre, sondern weil ich Gerechtigkeitsjunkie bin. Wir leben im Kapitalismus, die Höhe des Gehalts ist ein Ausdruck von Anerkennung. Ich versuche also, in solchen Dingen immer zuerst zu überlegen, was ein Mann an meiner Stelle tun würde.
Vor dem Termin um 11:00 Uhr habe ich noch einen früheren: um 9:15 Uhr im Mammografie-Zentrum. Der lässt mich aber im Vergleich zu dem Termin danach völlig kalt. Schon ein Jahr zuvor, als ich fünfzig wurde, hat man mich zum Brust