: Thomas Käsbohrer
: Einmal München - Antalya, bitte. 3. Auflage Von der Kunst, langsam übers Meer zu reisen.
: millemari.
: 9783946014201
: 2
: CHF 8.10
:
: Europa
: German
Einmal München - Antalya, bitte. Fünf Monate unterwegs mit einem kleinen Boot entlang der Küsten des Mittelmeeres. Ein Buch voller Geschichten vom und über das Meer. Und über die Menschen, die dort leben. 1.100 Seemeilen. Das ist der Weg, den ein Flugzeug zwischen München und dem südtürkischen Antalya zurücklegt. Der normale Weg. Der übliche Weg in den Urlaub. Drei Stunden 20 Minuten dauert der Flug. Etwa 200 Minuten, und er führt über neun Länder hinweg. 1.100 Seemeilen lang ist auch der kürzeste Seeweg nach Antalya: die Ideallinie vom slowenischen Hafen Izola, dem München nächstgelegenen Meerhafen, nach Antalya. Aber man kann auch anders reisen. Mit einem kleinen Segelboot, entlang der Küsten Italiens, über die Straße von Otranto bis nach Orthonoi und von da aus durch die griechische Inselwelt bis in die Türkei. Statt der schönsten 14 Tage im Jahr von Hafen zu Hafen eilen: Slow-Traveling. Sich lustvolle fünf Monate Zeit lassen. Fünf Monate. Für vier Länder. Bis nach Antalya. Und Einhand. Auf einer Dehler 31, Baujahr 1987, mit Namen LEVJE. Es ist eine uralte Route, die Thomas Käsbohrer sich für seinen Weg von Venedig in die Türkei ausgesucht hat. Glaubt man dem lesenswerten Band von David Aboulafia über das Mittelmeer, dann wurde die Route Norditalien-Ägäis bereits vor 3.000 Jahren befahren. Thomas und LEVJE segeln dort, wo Jahrtausende Händler und Hökerer unterwegs waren, Schurken und Schlagtots, Heilige und Kreuzritter, Piraten und Philosophen. Eine Route, auf der auch die Venezianer auf ihren Galeeren 1.100 Jahre regelmäßig von Venedig in die Türkei segelten: nach Byzanz. 'Die Abenteuer beginnen, wenn wir unser Zuhause verlassen', sagte Blaise Pascal. 'Einmal München - Antalya, bitte.' schildert die täglichen Abenteuer eines Mannes und seines kleinen Bootes. Es zeigt, dass man keine Ozeanüberquerung machen muss, um das Meer zu erleben und steckt voller Geschichten, die Lust machen auf die Menschen, die an seinen Küsten leben. 'Einmal München - Antalya, bitte.' ist ein Buch, das in der Lage ist, die Sehnsucht nach dem Meer für einen Moment zu stillen, voll intensiver und leiser Beschreibungen, die geprägt sind von der Liebe zu weiten Horizonten. Ein Buch über Abschied und Neuanfang und über die Kunst, langsam zu reisen, um zu sich selbst zu finden.

Thomas Käsbohrer: Nach dem abrupten Ende seiner beruflichen Karriere beschließt Thomas Käsbohrer, seine Route zu ändern. Er besteigt sein kleines Segelboot LEVJE und ist fortab auf dem Meer zuhause. Entlang der Küsten des Mittelmeers folgt er den Spuren von Händlern und Heiligen, Eroberern und Lebenskünstlern und segelt zwischen den Inseln, wohin der Meltemi ihn treibt. Während seiner Reisen entsteht der Blog www.marepiu.blogspot.de - einer der meistgelesenen Blogs in der Segelszene mit rund 250.000 Klicks in drei Jahren. Der Blog folgt locker der Route, die Thomas Käsbohrer mit seinem Boot zurücklegt. Seine Bücher 'GewitterSegeln' und 'Einmal München - Antalya, bitte.' oder 'Ein Sommer lang Sizilien.' erscheinen im Verlag millemari. Bei Penguin/Random House erschienen"Die vergessenen Inseln" sowie 2020"Auf dem Meer zu Hause". Aus dem Buch 'Einmal München - Antalya, bitte.' entstand der gleichnamige Film, der bereits in einigen Arthouse-Kinos sowie auf zwei Filmfestivals in Bayern gezeigt wurde. Thomas Käsbohrer schreibt regelmäßig für Europas größte Segelzeitschrift YACHT, u.a. Reportagen über Italien, Kroatien, Frankreich und Norwegen.

Die vergessenen Orte:
Izola. Slowenien. Oder: Ein Abschied.


 

 

 

Wie so oft hatte es das Leben entschieden und nicht ich: Auf unserer allerersten Reise auf LEVJE waren wir die istrische Küste hinuntergesegelt. Zum ersten Mal auf einem Boot im Mittelmeer, das mir gehörte. Wir fühlten uns mutig, als wir zum ersten Mal draußen ankerten, vor den glamourösen Lichtern der Hotels, Casinos und Nachtclubs von Portoroz – und nicht im Hafen. Und ängstlich, als genau in jener ersten Nacht ein Gewitter über uns aufzog. „Was für eine blöde Idee, genau vor dem Hafen zu ankern, wär ich doch bloß …“ Mutig, als wir nach überstandenem Gewitter nur noch draußen ankerten. Mutig, als wir zum ersten Mal über den Quarner segelten, über den großen Meeeresarm, der die kroatischen Inseln vom nördlichen Festland trennt, nach Cres. Und dort auf LEVJE in einer einsamen Bucht ankernd zehn Tage und Nächte blieben. Ein kleiner Küstenstreifen, ein Paradies, das wir uns nur mit zwei Schlauchboot-Leuten teilten, im Schatten der Olivenbäume, an denen an langen Schnüren Muscheln hingen. Nichts fehlte. Das Leben: Es war unglaublich gut.

 

Auf dem Rückweg stellte sich die Frage: „Wo LEVJE über den Winter lassen? Wo bleiben?“ Italien war Land unserer Wahl, wegen Sprache und Küche und Wein. Aber je weiter wir im späten August nach Norden kamen, umso zugeknöpfter waren die Häfen um Monfalcone und Triest, umso unattraktiver erschien uns der „Porto Turistico“ von Lignano. Wohin? Am Ende sagte Izola ja. Und da waren wir dann.

 

In Izola gab es auf der Uferpromenade drei Restaurants. Die Spaghetti Frutti di Mare schmeckten, als wären sie in der Waschmaschine bei 90 Grad gewaschen. Antipasti? Gab es nicht. Und wenn, dann war’s zäh gekochter Tintenfisch mit etwas Käse drüber gerieben. „Hobotnica“, stand auf der Karte. Rund um uns nur Slowenen. Die paar Italiener, die sich über die Grenze verirrt hatten, rückten schnell wieder ab. „Wir bleiben erst mal für ein Jahr. Und dann gehen wir nach Italien“, sagte Katrin. Und beide jammerten wir Italien hinterher.

 

Hinzu kamen meine Bootsnachbarn. Man hatte uns in die lauteste Ecke des Hafens von Izola gesteckt, unter laute Slowenen, die lärmend lachten, Männlein und Weiblein, die betrunken auf dem Steg feierten und tanzten, wenn die Sonne weg war, und morgens, wenn die Tramonta ihre Kaltluft wie aus einer Trillerpfeiffe über den Hafen von Izola presste. Merkwürdig. Zu allem Unheil hatte man LEVJE neben die Lautesten im Hafen gelegt: Rejko und die wie ein Schlot unentwegt qualmende Vlasta. Sie lärmten fröhlich mit ihren Gästen neben LEVJE. Bis es mir eines Nachts zu bunt wurde. Ich den Motor startete und samt schlafender Katrin einfach ablegte und mich in der Dunkelheit in eine andere, ruhigere Ecke des Hafens verholte.

 

Die Sprache war uns fremd. Die Menschen. Das Essen. Nicht, was wir gewollt hatten.

 

Irgendwann stellte ich fest, dass Rejko und Vlasta Italienisch sprachen – wie die meisten Bewohner Istriens. Sie behandelten mich nach meinem nächtlichen Manöver respektvoll, nein, nicht deswegen. Sondern weil ich immer noch da war, nicht Ärger gemacht hatte im Marina-Büro wie alle anderen vor mir. Die Slowenen rund um Rejko und Vlasta nickten mir freundlich zu. Ich hatte meine Feuertaufe bestanden, war angekommen. Von da an reichte es, wenn Rejko und Vlasta samt Sippe mal wieder bis Zwei ihr fröhliches „Eii jeiii jeiii jeeeeiiiii jeeii jeeii“ in die Nacht gröhlten, wenn ich einfach nur an LEVJEs Deck erschien und „Per Favore“ sagte. Rejko verschluckte sich dann am Rotwein und Vlasta schwieg qualmend sofort still hinter schweren Brillengläsern. Slowenien begann, uns zu gefallen.

 

Und nicht bloß wegen Rejko und Vlasta. Izola war nett, vergessen von Zeit und Welt und Wirtschaft. Wie man das Wort „Einkaufszentrum“ schrieb, war unbekannt. Am Samstag war Bauernmarkt und wir merkten, dass wir die Oma, die ihre Ernte der letzten Woche, eine Kiste Tomaten, Spinat, Knoblauch dort anbot, mehr liebten als den fahrenden Händler neben dran mit einem Angebot, wie wir es aus Deutschland kannten. Wir gingen mit Vorliebe am Samstag ins „Suzie Cafe“, um zu frühstücken. Unser Essen durften wir mitbringen, denn außer zu Trinken gab es im „Suzie Cafe“ nichts. Dort saßen am Morgen Fischer, Rentner und Arbeiter über ihrem zweitem Glas Wein, aus dem Cafe erscholl fröhliche Humptata-Humptata-Musik und die Oma kam vom Markt, um lärmend ihren Prosecco zu leeren. Den wievielten weiß ich nicht. Nettes Land.

 

Wir kamen uns näher. Schritt für Schritt. „Wann fahren wir eigentlich wieder nach Izola?“, fragte Katrin, wenn es Frühjahr wurde. Slowenien begann uns zu interessieren: Vollmitglied der EU seit 2004. Weniger Einwohner als der Großraum München. Aber so groß wie Hessen. Mit einer Meeresküste von 46,6 Kilometer Länge. Und ganzen vier Hafenstädten. Unter Europäern ist Slowenien so gut wie unbekannt. Es wird bestenfalls mit der Slowakei verwechselt. Bis 2008 war Slowenien ein Musterknabe in der EU mit besten Wirtschaftszahlen. Vor Jahren ist das Land unter den EU-Rettungsschirm geschlüpft, die Angst geht um bei meinen Bootsnachbarn, allesamt gesetzte, ältere Slowenen. Wenn ich mit Vlasta darüber rede, wie es in Slowenien geht, dann ruft Rejko aus dem Inneren von ALICE LA MERAVIGLIOSA hoch: dass er es nicht hören mag.

 

Die Party, die wir jedes Wochenende auf unserem Steg erlebt hatten, findet nur noch selten statt. Mittlerweile ist es leise geworden, gefeiert wird nicht mehr so oft. Es ist alles bescheidener geworden auf dem „Pontile C“. Der Fabrikbesitzer aus Kranj im Norden Sloweniens, der vor ein paar Jahren im Vollrausch seinen nagelneuen A5 vor meinen Augen im Hafenbecken versenkte – der Audi schwamm tatsächlich ein paar Minuten an der Wasseroberfläc