: Hera Lind
: Zeit zu verzeihen Roman nach einer wahren Geschichte | Der große neue Tatsachenroman der Nr.-1-Spiegel-Bestseller-Autorin | Erschütternd und zu Herzen gehend
: Verlagsgruppe Droemer Knaur
: 9783426463567
: 1
: CHF 10.00
:
: Gegenwartsliteratur (ab 1945)
: German
: 464
: Wasserzeichen
: PC/MAC/eReader/Tablet
: ePUB
Eine wahre Liebesgeschichte aus der dunkelsten Zeit der DDR: Bestseller-Autorin Hera Lind erzählt in ihrem Tatsachen-Roman »Zeit zu verzeihen« von einem unvorstellbaren Verrat, einer qualvollen Zeit im DDR-Gefängnis und von der Kraft wahrer Liebe. Im Sommer 1965 wird die Welt der 18-Jährigen Clara in ihren Grundfesten erschüttert: Auf Rügen taucht der westdeutsche Victor auf und enthüllt ihr ein unfassbares Familiengeheimnis. Entgegen aller Wahrscheinlichkeit wissen die beiden jungen Menschen, dass sie ineinander die wahre Liebe gefunden haben. Sie riskieren alles und wagen die Flucht aus der DDR in den Westen. Claras Welt zerbricht ein zweites Mal, als sie dabei denunziert und verhaftet wird. Im berüchtigten Frauen-Gefängnis Hoheneck bringt Clara schließlich unter fürchterlichen Umständen ihren Sohn zur Welt - und muss monatelang auf einem Lager aus Stroh auf dem nackten Betonboden um das Überleben ihres Babys kämpfen. Wortlos wird ihr das Kind schließlich weggenommen. Doch tief in Claras Herz ist die Kraft wahrer Liebe ungebrochen. Und Viktor hat sie all die Jahre nie aufgegeben ... Die wahre Geschichte von Clara und Viktor: Erschütternd und zu Herzen gehend versöhnlich lässt uns Bestseller-Autorin Hera Lind an einem Schicksal teilhaben, das in der Nachkriegszeit und später der  DDR Tausende getroffen hat.

Hera Lind studierte Germanistik, Musik und Theologie und war Sängerin, bevor sie mit zahlreichen Romanen sensationellen Erfolg hatte. Mit ihren Tatsachenromanen, die alle auf wahren Geschichten beruhen, erobert Hera Lind immer wieder verlässlich die vordersten Plätze der SPIEGEL-Bestsellerliste. Hera Lind lebt mit ihrer Familie in Salzburg.

ERSTER TEIL


Rosa


25. Januar1945. Wartenburg, unweit Allenstein, Ostpreußen

Nebenan warf die Nachbarin ihr Hab und Gut zum Fenster hinaus. Dicke Bündel in Kissenbezügen, Koffer und Kisten plumpsten auf den dick verschneiten Hof hinaus. Igor, der ihr zugeteilte ukrainische Kriegsgefangene, der längst unser gemeinsamer Freund und Helfer war, ließ die Tiere frei. Unwillig trotteten sie in der eisigen Kälte in der Dunkelheit des frühen Morgens herum und wussten nicht, wohin. Die Adern an seinem Hals traten hervor und sein Gesicht unter der Fellmütze war rot, als Igor das ganze Gepäck auf einen bereitstehenden Planwagen wuchtete und das letzte lahmende Pferd davorspannte. Das sah eindeutig nach Flucht aus, und Flucht war bei Todesstrafe verboten. Artilleriefeuer und Schüsse waren die ganze Nacht zu hören gewesen, und der Feuerschein züngelte am Himmel.

Ich setzte meinen kleinen Viktor neben seine Brüder auf den Fußboden und riss das Fenster auf. »Ida? Was soll das werden? Du haust doch nicht etwa ab?«

»Doch, Rosa, und das solltest du auch schleunigst tun! Hast du nicht gehört, dass die Russen bereits in Hirschberg sind? Heute Nacht war dort ein entsetzliches Massaker!«

Ida strich sich eine graue Haarsträhne aus dem Gesicht und stopfte sie unter ihr dickes wollenes Kopftuch. Die kompakte Frau war in mindestens drei Mäntel und Schals gehüllt. Der Atem stand in kleinen weißen Wölkchen vor ihrem Mund. Die Panik ließ ihren Blick hart werden. »Sie haben die jungen Frauen vergewaltigt und viele getötet, die Häuser angesteckt und das Vieh verbrannt. Spätestens morgen sind sie hier! Auch unser kleines Dorf wird nicht verschont werden, glaube mir!«

»Um Gottes willen, Ida!« Während ich durch den Fensterspalt spähte, klopfte mir das Herz bis zum Halse. Ich hatte die ganze Nacht nicht geschlafen und, dicht an meine drei Jungs gepresst, versucht, ihnen Halt und Geborgenheit zu geben. »Aber Flucht ist strengstens verboten, im Radio haben sie gesagt, dass jeder, der jetzt das Heimatland verlässt, ohne Vorwarnung erschossen wird.«

Mit einem besorgten Blick auf meine drei kleinen Söhne, die ahnungsvoll am Boden kauerten, versuchte ich, meine Stimme zu senken. »Entweder die Russen erledigen es oder die eigenen Landsleute. Da bleibe ich mit meinen Kindern lieber in meinen eigenen vier Wänden.«

Mit meinem Ehemann Paul hatte ich vor zehn Jahren dieses Haus gebaut, Stein für Stein, und mühsam unseren Garten bewirtschaftet. Wir besaßen zwei Kühe, zwei Kälber, Federvieh und Ziegen. Es ging