: Reinhard Marx
: Freiheit
: Kösel
: 9783641258443
: 1
: CHF 5.30
:
: Gesellschaft
: German
: 176
: DRM
: PC/MAC/eReader/Tablet
: ePUB
Freihei bedeutet Mut zur Veränderung
Der Begriff »Freiheit« ist für viele Menschen nicht mit Religion vereinbar. Doch für Kardinal Marx gehört »Freiheit« zu den Kernbotschaften des Christentums. Wer frei ist, kann sich einbringen, wer frei ist, kann handeln, wer frei ist, kann sich binden und lieben, wer frei ist, kann sich frei entscheiden. Mit seinem sehr persönlichen Buch möchte Kardinal Marx Mut machen, sich frei, ohne Angst und im Vertrauen auf die christlichen Werte einzumischen und die Veränderungen in unserer Gesellschaft mitzugestalten.

Kardinal Reinhard Marx, geboren 1953, ist seit 2008 Erzbischof von München und Freising. Von Papst Franziskus wurde er in das Gremium der 9 Kardinäle berufen, das über die Reform der Kurie mit berät. Zudem ist Kardinal Marx Koordinator des Vatikanischen Wirtschaftsrates. Er war bis 2020 Vorsitzender der Deutschen Bischofskonferenz und bis 2018 Präsident der Kommission der Bischofskonferenzen der Europäischen Gemeinschaft.

Ich bin so frei!

Können wir eigentlich mit dem Begriff »Freiheit« wirklich etwas anfangen? Allzu oft verbinden wir dieses Wort mit Träumen von einem freien Leben, wie es uns etwa in der Werbung vorgegaukelt wird. Freiheit wird oft mit Freizeit identifiziert. Viele wünschen sich verständlicherweise, dem Zwang des Alltags entfliehen zu können in ein (arbeits-)freies Wochenende, das aber allzu oft auch in Stress und in selbstgesetzten Grenzen abläuft. Der Begriff »Freiheit« fasziniert und lädt ein, Grenzen zu überschreiten, all das zu tun, was ich mir immer schon gewünscht habe. Und da wird diese Suche nach der Freiheit zuweilen »ersetzt« durch Unterhaltung und Zeitvertreib. Ein Beispiel dafür ist das Internet, das World Wide Web mit seinen unendlichen Weiten; also im Grunde ein Freiheitsraum ohne Grenzen, der aber dennoch nicht unbedingt und von alleine zu einem selbstbestimmten freien Leben führt, sondern auch wiederum Zwänge und Engführungen mit sich bringt. Man kann – ohne allzu pessimistisch sein zu wollen – sogar Zeit und sich selbst darin verlieren.

Mit diesen und anderen Assoziationen wird das große Wort »Freiheit«, eines der zentralen Worte des menschlichen Lebens, leicht unter Wert gehandelt. Das birgt die Gefahr, Freiheit klein zu denken und vielleicht sogar Freiheit zu verlieren. Doch Freiheit ist viel mehr! Darum lohnt es sich, nachzudenken und den Horizont zu weiten, um der Freiheit näher zu kommen.

Grenzen sind nicht das Ende der Freiheit

Ja, Freiheit gehört zum zentralen Vokabular der Neuzeit und der modernen Welt. Und es gehört auch zur biblischen Tradition und zum Selbstverständnis des christlichen Glaubens. »Zur Freiheit hat uns Christus befreit«, sagt der Apostel Paulus(Gal 5,1). Wenn man einem Christen begegnet, sollte man den Eindruck haben: Sieh an, ein freier Mensch!

Als Heranwachsender habe ich mich wie viele andere in diesem Alter an Grenzen gestoßen. Vor allem daran, die Grenzen der eigenen Möglichkeiten – etwa bestimmte Ziele in der Schule oder in der Jugendarbeit – nicht überschreiten zu können. Ich war auch unzufrieden damit, meine sportlichen oder auch musikalischen Fähigkeiten doch als sehr begrenzt zu erleben. Daneben trat mir immer stärker die Sprache der Freiheit vor Augen, die ich in den Texten der Bibel fand. Aber auch in den Debatten des Alltags. Irgendwie ließ mich diese Spannung nicht los, innerlich einen Raum großer Möglichkeiten entfalten zu wollen und zugleich die äußeren Grenzen zu erfahren, die das unmöglich machten.

Was in Gesellschaften geschieht, ist in analoger Weise ja auch ein Prozess der eigenen Selbstfindung. Und es braucht eben Entwicklung und Nachdenken und Reifung, um zu begreifen, dass Grenzen nicht das Ende der Freiheit sind und dass Freiheit tiefer zu verstehen ist. Aber erst zu Anfang meiner Schulzeit und dann besonders während des Studiums der Philosophie und der Theologie ist mir immer