: Axel Fenner
: Durch Krieg und Frieden: und siehe, wir leben Biografie
: Omnino Verlag
: 9783958941656
: 1
: CHF 10.80
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: Biographien, Autobiographien
: German
: 396
: kein Kopierschutz
: PC/MAC/eReader/Tablet
: ePUB
Ein deutsches Schicksal im Wechsel der Zeiten: Der Autor blickt auf ein bewegtes Jahrhundert, im Nationalsozialismus beginnend, folgen die vaterlosen Jahre des 2. Weltkrieges mit ihrem katastrophalen Ende. Er erlebt danach den Einmarsch der Sowjetarmee, die Sowjetzone, die DDR. Es folgt die Flucht in den Westen, der Aufbau der Bundesrepublik Deutschland, das andere deutsche System, für das er sich entscheidet - und ein bürgerliches Leben mit Studium in verschiedenen Universitäten, 'Wanderjahre' in den USA und schließlich Familienleben als Hochschullehrer und Arzt in einer norddeutschen Hanse- , Hafen- und Universitätsstadt. Axel Fenner zieht es jedoch weiter: Ausstieg aus dem gesicherten Leben durch eine Einladung in den politisch instabilen Süden Afrikas nach Salisbury, Rhodesien, heute Harare, Simbabwe. Als Arzt arbeitet er an einer multirassischen Universitäts-Kinderklinik für ein Jahr. Durch die Geburt von Zwillingstöchtern wächst die Familie in Salisbury von 5 auf 7 Personen, ein weiteres Kind folgt bald. Zurück in Deutschland folgen die Stürme der Hochschulreform der siebziger Jahre, schließlich das hautnahe Erleben der Wiedervereinigung der beiden deutschen Staaten in der Grenzstadt Lübeck 1989/90. Erntejahre als Hochschullehrer und Wissenschaftler. Im Ruhestand Ausbildung zum C-Kirchenmusiker, Ausübung des nebenamtlichen Berufes bis Ende 2018, seitdem schriftstellerische Tätigkeit. Die Betrachtungen auf ein Leben in Kriegszeiten, Teilung, Wiedervereinigung eines deutschen Hochschullehrers - fallbeispielhaft wird ein ganzes Jahrhundert Geschichte erzählt.

Axel Fenner wurde 1935 geboren. Studium der Medizin in Kiel, Freiburg, Wien, Heidelberg 1955-60. Promotion zum Dr. med. an der Universität des Saarlandes 1961. Tätigkeit in Universitäts-Kinderkliniken seit 1962: Cincinnati (Ohio, USA), Baltimore (Maryland), Lübeck, Deschapelles (Haiti), Harare (Simbabwe). Habilitation für das Fach Kinderheilkunde 1969 in Lübeck, Professur für Kinderheilkunde seit 1972. Ruhestand ab 2000. Ehe mit der Musiklehrerin Hete Nolte seit 1966, 3 Töchter, 3 Söhne, 8 EnkelInnen.

Ein letztes Aufbäumen der deutschen Spitzenpolitiker erlebte die Bevölkerung am 20. April, demGeburtstag des Führers: er wurde 56 Jahre alt, und die Militärparaden, die Sportfeste zu seinem Geburtstag – in Berlin lief alles wie im tiefsten Frieden. Und die Bevölkerung wurde noch einmal in dem Glauben an den Endsieg bestätigt. Zu dieser Zeit war bereits ein großer Teil des deutschen Reiches inFeindeshand... Welch ein Geschwafel, welch eine Verblendung – Irmgard war wütend, dass so etwas möglich war angesichts der bitteren Not allenthalben, sie konnte es nicht fassen, dass auch kluge Menschen immer noch vomEndsieg redeten. Für sie war es so offensichtlich, dass der Krieg in kurzer Zeit verloren sein würde. Sie sollte Recht behalten: diebedingungslose Kapitulation wurde schließlich am 8. Mai ausgerufen, also weniger als drei Wochen nach diesem festlichen Führer-Geburtstag. Hitler selbst starb schon zehn Tage nach dem denkwürdigen Wiegenfest.

Sie kamen – sie kamen unaufhaltsam näher: die russischen Truppen aus östlicher, die alliierten Truppen, bestehend aus Engländern, Franzosen und Amerikanern, aus westlicher Richtung. Wer würde dasRennen in der Mitte Deutschlands gewinnen? Alle hofften auf die Eroberung durch die Westmächte, wenn es schon nicht zu umgehen war. In Waren war diese Hoffnung vergebens. Der Kampf um die Stadt wurde am Abend des 1. Mai hörbar – zunächst noch von weitem – rückte in der Nacht immer näher heran unter gleichzeitiger Abschwächung – die Reserven der deutschen Verteidiger an Waffen, Munition und Männern war extrem reduziert – das war noch Glück im Unglück: es hätte ja auch einen Kampf um die Stadt mit viel Zerstörung und Todesopfern geben können …

Vor diesem Abend war noch ein dramatischer Tag gewesen in unserem Haus: Herr Sick stand plötzlich in der Haustür: „Ich möchte mich verabschieden“. „Wie bitte – Sie hatten doch, wie ich, beschlossen, das Ende hier abzuwarten auch mit dem Hinweis auf Ihre Pflichten als Arzt im Krankenhaus“. „ Ja, doch dann kam die Anordnung vom Verwaltungsleiter der Klinik, dass wir alle, Patienten, Angestellte, Krankenschwestern, Ärzte … mit unseren Familien auf die Flucht gehen müssen“. „Wie, die ganze Klinik?“ „Ja, es sind uns ein paar alte Busse zur Verfügung gestellt worden, in wenigen Stunden geht es los. Verzeihen Sie mir meine Untreue, Frau Fenner, ich hatte Ihnen versprochen zu bleiben – wie Sie es machen – jetzt muss ich los“. Die Tränen liefen ihm übers Gesicht – schnell wandte er sich ab und verschwand per Fahrrad zurück zu seiner Familie.

Und noch eine Familie war plötzlich da, zu sieben Personen: Mutter, Vater, vier Kinder, die Oma. Es war die Familie Josephi aus Neustrelitz, die guten alten Freunde. „Nein, ich kann nicht bleiben“, so Fred Josephi, „ich bin als Zeitungsredakteur im höchsten Grade politisch gefährdet durch die Russen, ich muss weg von ihnen und auch von Neustrelitz, wo jeder um meine politische Tätigkeit als Schriftleiter weiß. Welche Not: wir haben drei Tage gebraucht von Neustrelitz nach Waren (43 km), der Zug hielt mehr als dass er fuhr. Nun soll es am Nachmittag weitergehen – wir wollen „Auf Wiedersehen“ sagen. Und dürfen wir Oma hier lassen? Sie ist zu schwach für eine solch chaotische Flucht“... Selbstverständlich durfte sie bleiben – es gab ja auch keine Wahl. Irmgard fühlte sich zunehmend einsam – sollte sie auch noch einen letzten Versuch wagen? Nein, sie war nüchtern genug zu wissen, dass es kein Fortkommen mehr gab – und sie wollte sich doch auch treu bleiben in ihrem Vorsatz. Sie wollte da sein, wo Helmuth auch war, wenn er denn noch lebte: bei den Russen – so grausam sie sein mochten. Sie hatte im Laufe der Kriegsjahre auch gelernt, Gerüchten zu misstrauen – zuviel Unsinn war immer wieder erzählt worden. Und anderen Menschen weiter östlich war es ja nicht anders ergangen als es jetzt ihr bevorstand – irgendwie kam man hoffentlich auch durch dieses Höllental hindurch...!

Alle Bewohner begaben sich – als der Beschuss gegen Abend begann, in den Keller, wo Mutter die Räume den einzelnenWohnparteien zuteilte. Den Kohlenkeller, das war der größte Raum, belegte unsere Familie, die den ganzen Krieg hindurch das Haus bewohnt hatte: Mutter, wir vier Söhne, Großvater Max und Omi Josephi. In den Vorratsr