: Max Sprenger
: Tsunami im Kopf Flachgelegt durch eine Hirnblutung. Aber ich hol mir mein Leben zurück.
: Adeo
: 9783863348014
: 1
: CHF 12.30
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: Biographien, Autobiographien
: German
: 224
: Wasserzeichen
: PC/MAC/eReader/Tablet
: ePUB
Hey, ich bin Max. Bis vor drei Jahren war ich ein ganz normaler Teenager mit vielen Freunden und viel Spaß an meinem Hobby Parkour. Bis ich im Urlaub in Holland urplötzlich starke Kopfschmerzen bekam - und von einer Sekunde auf die andere alles anders wurde. Eine massive Hirnblutung stürzte mich in das 'Locked-in-Syndrom': Ich bekam alles mit und war geistig voll da, konnte aber keinen einzigen Muskel bewegen, nicht sprechen, keine Zeichen geben. Eine unvorstellbare Situation - und laut ärztlicher Prognose würde sie so bleiben. Doch dann geschah ein halbes Wunder und es gelang mir, mich Stück für Stück zurück ins Leben zu kämpfen. Heute bin ich 17 Jahre alt. Obwohl mein Zustand um einiges besser geworden ist, als irgendwer je gedacht hätte, werde ich nie wieder der Alte sein. Dennoch bin ich fest entschlossen, mir mein Leben zurückzuholen. Meine Geschichte soll einen Eindruck geben, wie man sich als Gefangener im eigenen Körper fühlt. welche Träume mich antreiben. Und wie wir uns vielleicht gegenseitig durch schwere Zeiten helfen können.

Max Sprenger, Jahrgang 2000, lebt mit seiner Mutter und seinen beiden jüngeren Geschwistern im mittelhessischen Wetzlar. Mit 14 Jahren erlitt er eine massive Hirnblutung, die er trotz schlechter Prognose ebenso überlebte wie das daraus folgende Locked in-Syndrom. Mit beispielhafter Hartnäckigkeit kämpft er sich zurück, legte die Mittlere Reife ab und tippte seine Geschichte mit einem Finger in sein Handy. Er glaubt fest an die Unbeständigkeit seiner körperlichen Einschränkungen. Sein Motto: Ziele auf den Mond - selbst wenn du ihn verfehlst, wirst du bei den Sternen landen.

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Es war Mittwoch, der 3. Juni 2015, nach Unterrichtsschluss. Als der Schulgong ertönte, verließen mein Kumpel und ich mit hochgekrempelten Hosen im „Hipster Style“, wie es zu der Zeit cool war an unserer Schule, als Erste das Klassenzimmer.

Gemeinsam mit den anderen Schülern strömten wir dem Ausgang entgegen, hinein in ein langes freies Wochenende. Nachdem wir uns von allen möglichen Leuten verabschiedet hatten, suchte ich nach meiner Schwester. Eigentlich ging sie auf eine andere Schule, hatte an diesem Mittwoch jedoch wegen eines pädagogischen Tages keinen Unterricht und war deshalb in einer unserer Klassen zu Besuch, um sich unsere Schule anzuschauen. Irgendwann fand ich sie, und gemeinsam mit ein paar Freunden machten wir uns auf den Heimweg.

Gerade war ich dabei, mehr oder weniger erfolgreich die 8. Klasse abzuschließen, und besuchte dazu die Freiherr-vom-Stein-Schule. Das ist ein Mittelstufengymnasium mit Schwerpunkt Musik, was bedeutet, dass dort Musik an erster Stelle steht und auch dementsprechend stark gefördert wird.

Leider muss ich gestehen, dass Musik absolut nicht mein Ding war, denn ich hatte sie einfach nicht im Blut. Spaßeshalber behauptete meine Mutter sogar, dass man, wenn ich ein Lied summte, den Titel nur erraten könne, da sowohl Töne als auch Melodien derart falsch, wären, dass man es beim besten Willen nicht erkennen konnte.

Meine Mum und ich

Trotz meiner eher unmusikalischen Seite hatte ich einige Jahre lang Klavierunterricht. Eine weitaus größere Leidenschaft hatte ich aber für das Theaterspielen. Mit 10 Jahren fing ich im Kindertheaterprojekt Wetzlar an und wirkte später auch im Jugendtheater mit. Allerdings war ich kein Streber, auch wenn dies angesichts des für einen Jungen meines Alters eher ungewöhnlichen Hobbys auf den ersten Blick vielleicht so erscheinen mag. Nein, ganz sicher war ich das nicht, eigentlich war sogar genau das Gegenteil der Fall: Ich war stinkend faul und tat für die Schule nur das Nötigste.

In den Augen des stellvertretenden Schulleiters war ich gar der Unruhestifter Nummer eins. Wenn die Damen unseres Schulkiosks beispielsweise durch eine Gruppe Schüler bei ihrer Arbeit gestört wurden, war immer ich es, der in sein Büro zitiert wurde. Unabhängig davon, ob ich bei dieser Gruppe überhaupt dabei gewesen war oder nicht. Er hatte mich einfach auf dem Zeiger, zugegebenermaßen nicht ganz ohne Grund.

Damals sah ich einfach keinen tieferen Sinn darin, meine kostbare Freizeit der Schule zu opfern, und zeigte das auch deutlich. In dieser Zeit gab es meines Erachtens wichtigere Dinge zu tun, als mich stundenlang an meinen Schreibtisch zu setzen und zu lernen. Ganz allgemein war ich so gut wie nie zu Hause, sondern liebte es, mit Freunden draußen unterwegs zu sein. Man kann also behaupten, dass ich das Leben in vollen Zügen und ohne Verpflichtungen genoss.

Auf der Suche nach „meinem“ Sport hatte ich Fußball und andere Ballsportarten ausprobiert und festgestellt, dass ich damit irgendwie nicht viel anfangen konnte. Doch war mir klar: Ich musste meinen Körper spüren, um mich lebendig zu fühlen. Im Parkour hatte ich schließlich die Sportart gefunden, die zu mir passte und mich total erfüllte.

Beim Parkour geht es darum, schnellstmöglich von Punkt A zu Punkt B zu gelangen und diverse Hindernisse, die sich auf der Strecke auftun, möglichst schnell und elegant zu überwinden. Kombiniert mit dem traditionellen Freerunning muss man im Wettkampf außerdem beim Überwinden der Hindernisse möglichst spektakuläre Stunts vollführen: Eine Rolle zum Beispiel ist essenziell, um