Als ich nach Bolivien zurückkehre, sind seit meinem ersten Besuch zwei Jahre vergangen.
Ich fahre nicht direkt nach Potosí. Mit dem Bus reise ich von La Paz nach Oruro, um das zum Museum gewordene Haus von Simón Patiño zu besuchen – dem bankrotten Bergarbeiter, der genau an die richtige Stelle eine Dynamitkartusche legte und zum fünftreichsten Mann der Welt wurde. In Oruro werde ich auch Dora Camacho interviewen, die Vorsitzende des Komitees der Bergarbeiterhausfrauen, jenen, die eine Militärdiktatur stürzten und jetzt ertragen müssen, dass die Bergmänner sie auslachen, wenn sie versuchen, auf Versammlungen zu sprechen.
Dann begebe ich mich von Oruro nach Llallagua. Der Bus fährt Richtung Süden über eine 3800 Meter hohe Ebene. Aber vielleicht ist »fahren« nicht das passende Verb. Auf dem andinen Altiplano gleitet ein Bus dahin. Ich spüre die leichten Bewegungen und das Schnurren des Motors, stundenlang, nehme vage wahr, dass wir vorwärtskommen, aber am Fenster ziehen die gleiche braune Ebene und der gleiche blau-weißliche Himmel vorbei. Das langsame Tempo und der stark hochtourige Motor des Busses verstärken den Eindruck von Ozean, als ob er gegen die Wellen stampfen würde.
Schuld ist die Höhe. Hier oben, so weit oben, fast viertausend Meter über einem nicht vorstellbaren Meer, verliert die Atmosphäre an Druck und die Moleküle zerstreuen sich. Wenn ein Motor auf dem Altiplano Luft ansaugt, kommen viel weniger Sauerstoffmoleküle an als auf Höhe des Meeresspiegels. Zum Vergleich: Wenn er an der Küste 100 Moleküle ansaugt, sind es auf dem Altiplano lediglich 55. Bei so wenig Sauerstoff verbrennt der Motor nur w