: Krischan Koch
: Venedig sehen und stehlen Kriminalroman
: dtv Deutscher Taschenbuch Verlag
: 9783423407601
: Harry Oldenburg
: 2
: CHF 7.20
:
: Krimis, Thriller, Spionage
: German
: 288
: Wasserzeichen
: PC/MAC/eReader/Tablet
: ePUB
Campari, Calamari - und ein Kunstraub am Canal Grande Es ist Sommer in Venedig: Die Biennale und der nicht enden wollende Touristenstrom prägen das Stadtbild. Auch Harry Oldenburg stürzt sich ins venezianische Getümmel. Zusammen mit seiner amerikanischen Freundin Zoe will er das Guggenheim Museum um zwei wertvolle Exponate erleichtern und sie in seinen eigenen Kunsthandel in New York überführen. Doch in der flirrenden Hitze der Lagune geht so einiges schief: Harry findet sich erst in den Fängen, dann im Bett der verführerischen Künstlerin Franca wieder - und entdeckt zu seinem Entsetzen auch noch einen Toten in ihrem Atelier

Krischan Koch wurde 1953 in Hamburg geboren. Die für einen Autor üblichen Karrierestationen als Seefahrer, Rockmusiker und Kneipenwirt hat er sich geschenkt. Stattdessen macht er Kabarett und Kurzfilme und schreibt seit vielen Jahren Filmkritiken u.a. für die>DIE ZEIT< und den>Norddeutschen Rundfunk<. Koch lebt mit seiner Frau in Hamburg und auf der Nordseeinsel Amrum, wo er mit Blick aufs Watt seine Kriminalromane schreibt.

1


FONDAMENTA DELLA MISERICORDIA. Der auf die Hauswand gemalte Name flog an Harry Oldenburg vorüber, als er mit viel zu hoher Geschwindigkeit in den größeren Kanal einbog. Ganz knapp bekam er die Kurve. Von seinem Motorboot aus konnte er die Schrift gerade noch erkennen. Verflucht noch mal, war er etwa wieder an derselben Stelle?

Aus dem offenen Fenster des Eckhauses kam die heisere Stimme von Gianna Nannini. Jetzt fuhr er wieder unter der Inter-Mailand-Bettwäsche hindurch, die über dem Kanal zum Trocknen hing. Vor dem Restaurant etwas weiter hinten standen die Leute inzwischen unter den Sonnenschirmen und zeigten auf ihn. Dann kam die kleine Piazza mit der Bude in Sicht. Auf dem schmalen Kai liefen einige Leute wild gestikulierend auf und ab. Das waren die Besitzer des Bootes, das Harry gerade steuerte.

»Venite! Venite! Ecco Gambadigesso!«, rief der Mann in dem knallblauen Shirt der Azzurri mit der Rückennummer drei. Harry hatte ihn hier in den letzten Tagen mehrfach sitzen sehen.

Tatsächlich! Jetzt war sich Harry sicher: Er war schon wieder auf diesem idiotischen Rio della Misericordia gelandet.

Da tauchte hinter ihm erneut das schnittige Boot des italienischen Commissario auf. Harry drehte hektisch an dem Gasgriff des Außenborders. Die nagelnde Maschine verschluckte sich kurz mit einem nach Benzin stinkenden Puffen. Dann nahm der alte Kahn richtig Fahrt auf. Die Bugwelle hinter ihm schwappte über den Gehweg der Fondamenta, sodass das japanische Touristenpaar juchzend zur Seite hüpfen musste. Der Abstand zu dem schnieken Holzboot des Kommissars hatte sich trotzdem verringert.

 

Es war offensichtlich doch keine so gute Idee gewesen, sich von diesen Typen an der kleinen Piazza das Boot »auszuleihen«. Aber warum musste sein Besitzer auch unbedingt den Motor laufen lassen, nachdem er an den Fondamenta festgemacht hatte? Und Harry verließ langsam die Kraft. Der Assistent des Commissario, dieser kleine, aber schwergewichtige Ispettore in der blauen Uniform mit dem weißen Gürtel quer über der Brust und den roten Streifen an den Hosenbeinen, war ihm bei der Verfolgungsjagd durch die Gassen bedrohlich nahe gekommen. Das Gipsbein behinderte Harry einfach zu sehr und er war auf den vielen kleinen Treppen mächtig aus der Puste gekommen. Sollte der geniale Einfall mit dem Gehgips ihn jetzt womöglich Kopf und Kragen kosten?

Da tauchte plötzlich die kleine Piazza auf, die er in den letzten Tagen schon etliche Male überquert hatte. Neben einer Bude direkt am Kanal hatten immer dieselben Männer in Sportklamotten unter Sonnenschirmen gesessen, Sprizz getrunken und sich lautstark unterhalten. Und heute lag praktischerweise auch noch dieses Boot mit laufendem Motor am Kai. Harry musste einfach nur einsteigen. Die Typen reagierten erst, als Harry das Boot losmachte und ablegte. Da sprang der Mann in dem azurblauen Shirt mit der weißen Drei auf dem Rücken und dem Namen »Paolo Maldini« darunter aus seinem Gartenstuhl auf, ruderte wild mit den Armen und schrie Harry ein kehlig krächzendes»La barcaè mia, stronzo!« hinterher.

 

Bisher war eigentlich alles nach Plan gelaufen, zumindest sehr viel reibungsloser als bei Harry Oldenburgs erstem Kunstcoup, den er vor ein paar Jahren noch alleine und ziemlich chaotisch durchgezogen hatte. Den Diebstahl jetzt, in der Guggenheim-Foundation, hatte er gemeinsam mit seiner amerikanischen Freundin Zoe minutiös geplant. Und der Coup an sich hatte ja auch perfekt geklappt. Bis dann heute Mo