1 Management Summary
Welche Potenziale für die Gesundheitsversorgung liegen in der Robotik? Wie können diese Potenziale gehoben werden? Welche technischen, politischen, sozialen und rechtlichen Hürden gibt es und wie können sie überwunden werden?
Mit diesen Fragen haben sich das Forschungszentrum FUTURE AGING an der Frankfurt University of Applied Sciences und die Abteilung Roboter- und Assistenzsysteme des Fraunhofer-Instituts für Produktionstechnik und Automatisierung IPA im Auftrag der Stiftung Münch1 im Zeitraum von Februar bis Oktober 2017 und für die vorliegende Neuauflage im Winter 2022/2023 befasst. Dabei wurden die Anwendungsfelder Rehabilitation, Altenpflegeeinrichtung, Krankenhaus, ambulante Pflege und das selbstständige Wohnen zu Hause betrachtet. Ziel war es, diese Analyse nicht auf technisch induzierte Neuerungen zu beschränken, sondern die Perspektiven und Anforderungen von Vertretern der Gesundheitswirtschaft einzubeziehen. Für dieses Vorhaben wurden in einem mehrstufigen Verfahren zunächst bekannte Praxisanforderungen sowie der aktuelle Stand der Technik und Forschung der Robotik im Gesundheitswesen zusammengestellt. In der Rehabilitation lag der Fokus auf Exoskeletten und robotischen Trainingsgeräten. Für die Unterstützung des Personals in stationären Einrichtungen und der ambulanten Pflege wurden Roboter in den Bereichen Logistik, Reinigung und Desinfektion betrachtet sowie Entwicklungen bei intelligenten Pflegehilfsmitteln, Telepräsenz-, Diagnose- und emotionalen Robotern. Interaktions- und komplexe Assistenzroboter sowie Mobilitäts- und Handhabungshilfen wurden im Bereich der Unterstützung älterer und pflegebedürftiger Menschen zu Hause beleuchtet. Darauf aufbauend wurden Anwendungsszenarien definiert und mit 27 Experten des Gesundheitsmarktes in Einzelgesprächen und vertiefenden Fokusgruppengesprächen diskutiert und bewertet, diese wurden 2023 aktualisiert. Außerdem wurden für die Neuauflage Personen, die robotische Systeme über längere Zeit in ihren Institutionen eingesetzt haben, zu ihren Erfahrungen befragt. Die wichtigsten Erkenntnisse der Studie lassen sich in den folgenden zentralen Aussagen zusammenfassen.
Robotik bietet viele Potenziale, zukünftig eine qualitativ hohe Gesundheitsversorgung aufrechtzuerhalten. Die demografischen Veränderungen und der daraus resultierende Fachkräftemangel gehören zu den bedeutendsten gesellschaftlichen Herausforderungen der Zukunft. Diese Lücke zwischen Nachfrage und Angebot an Fachkräften bietet ein vielversprechendes Anwendungsfeld für innovative Technologien. Durch die fortschreitende Digitalisierung und Automatisierung in allen gesellschaftlichen Bereichen hat das Thema Robotik auch in der Gesundheitswirtschaft in den vergangenen Jahren eine zunehmend höhere Aufmerksamkeit erreicht. Der Einsatz von Robotern kann dabei eine richtungsweisende Maßnahme sein, Prozesse effizienter zu gestalten und so knappen Personalressourcen zu begegnen.
Praxiserprobte Produkte für ausgewählte Anwendungsfelder, dazu viele Prototypen für weiterführende Szenarien. Kurz- bis mittelfristig könnten Roboter in allen betrachteten Bereichen mit unterschiedlichen Graden der Automatisierung zum Einsatz kommen. Aktuell sind noch nicht für alle Anwendungsfelder Produkte auf dem Markt erhältlich. Die Entwicklung und Erprobung robotischer Assistenzsysteme in der Praxis findet jedoch bereits in diversen Bereichen statt. Oft handelt es sich dabei um Prototypen, die in dieser Form noch nicht an Anwender verkauft werden. Eine Vorreiterrolle für den Robotereinsatz nimmt beispielsweise die neurologische Rehabilitation ein, in der der Einsatz von robotischen Systemen bereits heute in großen Teilen etabliert ist. Die parallele Betreuung mehrerer Patienten und die erhöhte Trainingsintensität und Präzision sprechen hier für den Einsatz von Robotern. In der stationären Pflege bieten sich für die Roboterunterstützung Routinetätigkeiten an, die keiner direkten Interaktion mit hilfs- und pflegebedürftigen Menschen bedürfen. Für den automatisierten Warentransport werden in Großkrankenhäusern bereits fahrerlose Transportfahrzeuge zur Ver- und Entsorgung von Gütern des täglichen Bedarfs wie Patientenessen, Wäsche, Wert- und Reststoffen eingesetzt. Inzwischen gibt es auch erste Produkte, die den Transport innerhalb von Stationen und Wohnbereichen unterstützen und somit dem Pflegepersonal unnötige Laufwege ersparen. Unter anderem sind in den letzten Monaten diverse Transport- und Servierroboter, z. B. für Hotel und Gastronomie, auf den Markt gekommen, die vereinzelt auch schon in Einrichtungen des Gesundheitswesens eingesetzt werden. Ein weiteres Einsatzfeld mit vielen neuen Produkten ist die roboterbasierte Reinigung und Desinfektion. Diese bieten viel Potenzial für eine Entlastung des Pflegepersonals – sowohl in Krankenhäusern wie in Rehabilitations- und Altenpflegeeinrichtungen, die meist eine Folgestrategie gegenüber den Krankenhäusern verfolgen.
Trotz der notwendigen Interaktion zwischen Mensch und Roboter wird überdies die Telemedizin kurz- bis mittelfristig an Bedeutung gewinnen. Aufgrund der demografischen Entwicklungen wird eine Versorgung unter Einbeziehung telemedizinischer Dienste gerade im ländlichen Raum notwendig werden. Dabei können robotische Assistenzsysteme bei der Diagnostik, dem Monitoring und der Behandlung unterstützend eingesetz