2Der ungestörte Schriftspracherwerb
2.1Allgemeines
Schriftspracherwerb als Entwicklungsprozess
Die frühe Erforschung des Schriftspracherwerbs ging davon aus, dass es sich beim Lesen- und Schreibenlernen um einen zeitlich begrenzten, in sich geschlossenen Lernprozess handelt, bei dem anfänglich erworbene Fähigkeiten sukzessive perfektioniert werden. Heute weiß man, dass es sich um einen Entwicklungsprozess handelt, der sich in unterschiedliche Phasen gliedern lässt, in denen sich die Kinder von unterschiedlichen Strategien leiten lassen.Frith (1986) betonte bereits in den 1980er Jahren, dass der Schriftspracherwerb kein linearer Vorgang ist, bei dem das Kind von Anfang an dasselbe Verständnis von Schriftsprache hat wie Erwachsene und diese Tätigkeit perfektioniert (wie z. B. beim Fahrradfahren), sondern dass das (meta)sprachlich-kognitive System im Laufe der Entwicklung qualitativen Umstrukturierungen unterworfen ist, die sich als unterschiedliche Phasen mit jeweils dominanten Strategien kennzeichnen lassen.
Entwicklungs-modelle
Auf der Grundlage dieser Annahme und der Analyse kindlicher Schreib- und Leseversuche während des Schriftspracherwerbs wurden auch für den deutschsprachigen Raum zahlreiche Entwicklungsmodelle entworfen. Diese stimmen in ihren Grundzügen überein und lassen sich vor allem in der Terminologie und Differenziertheit einzelner Phasen unterscheiden.Tab. 2 gibt einen Überblick über