: Ines Fuchs
: Früher Kindsverlust und Folgeschwangerschaft Psychotherapie und psychologische Begleitung
: Ernst Reinhardt Verlag
: 9783497614714
: 1
: CHF 19.10
:
: Angewandte Psychologie
: German
: 140
: DRM
: PC/MAC/eReader/Tablet
: ePUB
El ern, die ein Kind verloren haben, sind in der Folgeschwangerschaft von ambivalenten Gefühlen und Verunsicherung belastet. In einer Therapie benötigen diese Eltern empathisches Verstehen und sensible Begleitung. Wie gehen Betroffene mit Angst, Trauer, Schuldgefühlen und Scham um? Welche psychischen Störungen können sich entwickeln? Wie können KlientInnen Unverständnis oder verletzenden Bemerkungen des Umfelds begegnen? Dieses Buch hilft therapeutisch tätigen Personen, Eltern in einer Folgeschwangerschaft zu unterstützen. Hilfreiche Therapie-Tools, Kommunikationsstrategien und Ressourcenorientierung werden beschrieben. Für die Betroffenen werden u. a. Skillslisten, therapeutische Geschichten und Checklisten online bereitgestellt.

Dipl.-Psych. Ines Fuchs ist als psychologische Psychotherapeutin (Verhaltenstherapie) in einer Akutklinik für Psychiatrie, Psychosomatik und Psychotherapie in Bad Säckingen tätig. Ihr erstes Kind starb kurz nach der Geburt.

2Kindsverlust und Folgeschwangerschaft im Zeitverlauf

Für die Behandlung von Eltern nach einem Verlust ist es unabdingbar, die Umstände möglichst genau zu verstehen. Um die für Kindsverlust und Folgeschwangerschaft typischen Problemstellungen für Sie erfahrbar zu machen, werden in diesem Teil die wichtigsten Vorkommnisse, Meilensteine und Fragestellungen entlang einer Zeitachse dargestellt. Die Unterpunkte 1-4, die die Zeit nach dem Verlusterlebnis beschreiben, sind an den Trauerphasen der Schweizer PsychologinVerena Kast (2013) orientiert (1. Die Phase des Nicht-wahrhaben-Wollens, 2. Die Phase der aufbrechenden Emotionen, 3. Die Phase des Suchens und Sich–Trennens und 4. Die Phase des neuen Selbst- und Weltbezugs). Die darauffolgenden Unterpunkte stellen einen idealtypischen Ablauf der Entscheidung für eine weitere Schwangerschaft bis zur Geburt des „Folgekindes“ dar. Die Phasen gehen fließend ineinander über bzw. überschneiden sich, und stellen auf keinen Fall einen „Soll-Verlauf“ dar. Selbstverständlich ist es notwendig, die Klienten genauestens nach ihrem individuellen Erleben zu befragen.

2.1Phase des Schocks

Die meisten Eltern befinden sich während der Schwangerschaft in freudiger Erwartung auf ihr Kind. Trotz der vieldiskutierten Unsicherheit schwangerer Frauen, die durch die Möglichkeiten moderner medizinischer Diagnostik und Interventionen und die häufige Kategorisierung als „Risikoschwangere“ angefeuert wird, erwarten die allermeisten, am Ende ihr Baby in den Armen zu halten. Etwaige Zweifel lösen sich meist nach den ersten drei Monaten auf, wenn auch das Umfeld und der Arbeitgeber informiert werden.

Von Beginn an wurden je nach Schwangerschaftswoche vielfältige, teils sehr belastende Symptome ertragen (u. a. Übelkeit, extreme Müdigkeit, Verstopfung, Hämorrhoiden, schwere Beine, Symphysenschmerzen), Yoga-Kurse für Schwangere besucht, eine Baby-Party gefeiert, die Schwangerschaft auf diversen Social-Media-Kanälen gepostet, das Kinderzimmer aufgebaut und eingeräumt und die Krankenhaustasche gepackt. Die Elternzeit wurde mit dem Partner und der Arbeitsstelle geplant, der Elterngeldantrag gestellt und verschiedenste Vorkehrungen getroffen. In zahlreichen Arztbesuchen haben sich die Eltern vom Wohlergehen ihres Kindes überzeugt. Die Mutter hat auf viele potenziell schädliche Nahrungsmittel verzichtet und gedanklich bei fast allem, was sie tat, das Wohlergehen ihres ungeborenen Kindes berücksichtigt. Durch die Kindsbewegungen, Ultraschalluntersuchungen und gemeinsame Träume und Planungen ist bereits eine tiefe Bindung an das Baby, das eigen Fleisch und Blut, entstanden. Auch das Geschlecht ist oft schon früh bekannt und es gibt einen oder mehrere Namensfavoriten. Die Eltern haben vielleicht einen Ratgeber gekauft und einen Geburtsvorbereitungskurs besucht. Eventuell stand auch ein Umzug oder ein neues Auto an, um gut auf den Nachwuchs vorbereitet zu sein.

Für manche Paare kommt der Tod ihres Kindes völlig überraschend und aus dem Nichts nach einer unauffälligen Schwangerschaft. Andere haben bereits vielfältige Komplikationen erlebt oder eine schwere Diagnose erhalten, weshalb diese Zeit bereits von Zweifeln und Ängsten überschattet war. Eventuell haben sie sich nach e