: Karla Bergmann
: Tod an der Uni Eine satirische Betrachtung des deutschen Hochschulwesens
: novum pro Verlag
: 9783990649626
: 1
: CHF 6.40
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: Erzählende Literatur
: German
: 280
: kein Kopierschutz
: PC/MAC/eReader/Tablet
: ePUB
Professor Menzel erscheint nicht zu seinen Vorlesungen. Während seine Kollegen noch davon ausgehen, dass er unbeschadet wieder auftauchen wird, findet man seine Leiche im Wald. Der junge Kommissar Liebetraut soll den Fall aufklären. Seine Tante, eine alleinstehende Professorin im Ruhestand, war an derselben Uni wie der Ermordete tätig, und die Ermittler hoffen auf ein paar Insider-Informationen. Allerdings beginnt die eigensinnige alte Dame, auf eigene Faust Nachforschungen anzustellen, denn sie fühlt sich vom Kommissar nicht ausreichend ernst genommen. Leider verlaufen Tantchens halblegale Aktionen nicht immer in der gewünschten Weise. Und außerdem sind da noch Leon, ein aufgeweckter Dreijähriger, und seine hübsche Mutter, die den Kommissar beschäftigen ...

Montag


Als Marie Heimer die Tür zum Sekretariat des Institutes aufschloss, seufzte sie. Heute war Montag, und ihr „Zweit-Chef“ Eschenbach würde da sein. Zwar war sie im Wesentlichen dem Institutsleiter Professor Behrmann zugeordnet, aber sie hatte auch einen Teil ihrer Arbeitszeit dem Herrn Professor Eschenbach zu widmen. Glücklicherweise kam Eschenbach in diesem Semester nur montags und mittwochs. Allerdings bombardierte er sie auch an anderen Tagen mit Aufträgen per E-Mail, aber es war doch etwas anderes, ob sie in Ruhe über eine Aufgabe nachdenken konnte oder ob er neben ihr stand und alles überwachte. Inzwischen zuckte sie schon zusammen, wenn sie seine langen Schritte auf dem Flur hörte. „Bitte, lass ihn vorbeigehen“, flehte sie dann innerlich. Leider wurde ihre Bitte nur selten erhört.


Vermutlich würde er in wenigen Minuten auftauchen und ihr erklären, was sie in der Zwischenzeit ohne seine Aufsicht alles falsch gemacht hatte. Ob sie mittags überhaupt zum Essen kommen würde, war fraglich. Eschenbach ging nicht mit seinen Mitarbeitern oder anderen Professoren zum Mittagessen. Ob er gelegentlich allein irgendwo etwas aß, hatte sie noch nicht in Erfahrung bringen können. Auf jeden Fall schien er sehr wenig zu essen. Vielleicht glaubte er an die Forschungsergebnisse, die bei Reduktion der Nahrungszufuhr ein längeres Leben versprachen? In Tierversuchen hatte das ja offenbar funktioniert. Ob das Verfahren auch dazu geführt hatte, dass die Tiere netter wurden, hatte wohl bisher niemanden interessiert. Sie konnte sich jedenfalls nicht vorstellen, dass jemand durch Nahrungsentzug ein freundlicherer Mensch wurde.


Sie musste immer am Arbeitsplatz erreichbar sein, wenn Eschenbach da war. Gern betonte er, dass sie den Job schließlich nur ihm verdankte und dass sie folglich in erster Linie für ihn zu arbeiten hatte. Ihre Vorgängerin war dem Fachgebiet des Herrn Eschenbach zugeordnet gewesen, und als sie aus Altersgründen ausgeschieden war, hatte Eschenbach ein Mitspracherecht bei der Neubesetzung der Stelle eingefordert.


Marie seufzte erneut. Eschenbach war nach ihrer Kenntnis nie Leiter des Institutes oder Stellvertreter gewesen. Zwar gehörte er zum Institutsrat, aber da waren ja alle Professoren automatisch Mitglied. Auch in der Fakultät, dem Zusammenschluss mehrerer Institute, hatte Eschenbach nie wichtige Funktionen inne gehabt. Er gehörte nicht dem Rat der Fakultät an, in den Professoren, wissenschaftliche und technische Mitarbeiter sowie Studenten gewählt wurden und in dem eigentlich über die Belange der Fakultät entschieden werden sollte. Wenn aber das, was sie gelegentlich aus Diskussionen am Mittagstisch aufgeschnappt hatte, stimmte, entschied im Wesentlichen der Chef der Fakultät, der Dekan. Gelegentlich beteiligte er wohl seinen Stellvertreter, den Prodekan, und den speziell für Studienangelegenheiten zuständigen Studiendekan an den Entscheidungen. Den übrigen Mitgliedern des Fakultätsrates wurden häufig vorgefertigte Meinungen vorgesetzt, die nur noch abzunicken waren.


Sie hatte nie gehört, dass Eschenbach mit dem Dekan oder dem Institutsleiter besonders gut konnte. Und tro