: Joachim Tettenborn
: Sabine u. Alexander Tettenborn
: Die Hand am Drücker Ein Berlin-Roman
: Books on Demand
: 9783752675788
: 1
: CHF 6.40
:
: Gegenwartsliteratur (ab 1945)
: German
: 332
: DRM
: PC/MAC/eReader/Tablet
: ePUB
Ein Schuss. Zwei junge Künstler im West-Berlin der 50er Jahre. Ein Toter. Eine fatale Männerfreundschaft - Bewunderung, Neid und Vernichtung. Der Eine durch ein Theaterstück schlagartig bekannt geworden, herumgereicht. Im Schiller-Theater Barlogs gelandet. Der Andere, Opernsänger und Komponist, Blacher-Schüler, zehn Jahre jünger - will an den Älteren heranreichen. Das gelingt nicht und er hat aus Verzweiflung nur ein Ziel - die Vernichtung des Älteren. Es kommt anders - oder doch nicht. Er wird durch einen Schuß des Anderen getötet. Beide sind nun vernichtet. Die letzte Nacht vor der Verhaftung. Das (Wild-) West-Berliner Künstlerleben der 50er Jahre zieht im Haus in Kladow vorbei - Anekdoten, Kunst, Boheme: Thea von Harbou, Martin Held oder Werner Krauß. Der Verlust seiner geliebten Frau, der Geigerin. Düster und heiter. Himmelhochjauchzend und zu Tode betrübt.Reflexionen eines wild-bürgerlichen Lebens in West-Berlin. Ein Berlin-Roman. Eine authentische Kulisse, in der das Spiel spielt. Mit autobiographischen Zügen.

Geboren in Ottendorf, Thüringen. Gymnasium in Jena, Soldat, verwundet 1942, danach Studium Uni Jena und Wien. Germanistik, Philosophie, Theaterwissenschaft. Schauspielschule Weimar, promoviert zum Dr. phil.. Von 1945 - 48 arbeitet er als Chefdramaturg, Spielleiter und Schauspieler am Stadttheater Jena. In gleicher Position ist er von 1948 - 50 an der Bühne Erfurt tätig. Nach seiner Flucht nach Westberlin ist er dort Dramaturg an der Tribüne und geht 1952 für zehn Jahre in gleicher Position an das Berliner Schillertheater, anschließend zunächst als Stellvertretender Chefdramaturg, später als Redaktionsleiter der Hauptabteilung Fernsehspiel und Film zum ZDF, bis er ab 1980 ganz als freier Schriftsteller arbeitet. Verstorben 2008 in Ingelheim/Rhein. Zu seinen bekanntesten Bühnenwerken zählen: 1951 Perspektiven, Uraufführung Tribüne Berlin. 1981 Der Mann auf dem Sockel, Uraufführung Städtische Bühnen Mainz. 1981 Tilmann Riemenschneider, Festpiel zum 450.Todestag von Riemenschneider in Würzburg. 1990 Die Dornenkrone hab ich mir geflochten, Uraufführung Ernst-Deutsch-Theater Hamburg und 1998 Klaas Störtebeker - Eine Piratenrevue, Musical, Husumer Theaterhafen. Seine Romane erschienen in namhaften Verlagen, so z.B. 1972 Nur ein einziger Tag und 1977 Die Anstalt bedauert im Verlag Fritz Molden. 1993 Korruption bei Hoffmann u. Campe und 2000 Die schier unglaublichen Erlebnisse des Soldaten EWIG Fersing im Tetens Verlag. Erzählungen und Lyrik gehörten ebendso zu seinem Repertoire wie Hörspiele.

"Nein, dazu ist es nun schon zu lange her."

"Es sind kaum ein paar Wochen vergangen -"

"Nicht doch, Herr Kommissar. Als es diesen Knall gab, da wusste die Welt noch nichts von mir, noch nichts von Kriminalkommissar Boder und nicht von diesem Hörselmann-Verteidiger. Da stand dieses Zellenkomforthaus noch nicht, die Ziegel dafür waren noch lange nicht gebrannt."

"Hören Sie auf mit diesen dummen Ablenkungsmanövern."

"Oh, nein, oh nein. Das ist höchste Objektivität. Das ist hohe, ernste, genaue Wissenschaft. Nach neuesten Forschungen ist der Anfang unserer Welt mit einem ungeheuren Urknall gleichzusetzen." Meering lehnte sich zurück und blickte zu Boder auf, der sich jetzt abwandte, wieder zu seinem Stuhl ging und sich hinsetzte. Er hätte den Untersuchungshäftling Meering jetzt in seine Zelle bringen lassen können, aber er wollte nun einmal anhören, was er noch anstellte, um selbst so einfachen Fragen zu entkommen."Reden lassen, reden lassen. Austrocknen. Das gilt auch hier." Boder zündete sich eine Pfeife Tabak an, was Meering nun pfeifenentbehrungsgewöhnt, mit einem sehnsuchtsvollen, wehmütigen Genussgefühl ansah. 'Zigarette', dachte er verächtlich. Aber er wollte nicht darum bitten, ihm seine Pfeifen in die Zelle zu bringen. Er wusste auch gar nicht, ob sie ihm das erlaubt hätten.

"- ist mit einem Urknall gleichzusetzten, der sich geltender Auffassung - hören Sie genau zu, bitte - nach geltender Auffassung vor etwa 18 Milliarden Jahren ereignet hat. Dabei entstand das Gefüge von Raum, Zeit und Materie - untrennbar miteinander verbunden. Das muss man sich einmal auf der Gehirnzunge zergehen lassen. Raum und Zeit schliefen bis dahin - bis zu dem Knall. Dann standen sie auf, aneinandergekettet mit der Materie." Kleine Pause."Sie halten das für abwegig, was unseren Fall betrifft? Da irren sie. Und nun machen Sie ein Ende."

Boder drückte den Klingelknopf. Ein Uniformierter trat ein. Boder erhob sich, Meering erhob sich.

"Das ist kein Spiel. Und ich bin ziemlich sicher, dass Sie das auch so sehen. Sie mögen das Recht, die erstrebte Gerechtigkeit verlachen, aber ohne sie wäre alles ein Chaos, und es wäre besser, es hätte Ihren Urknall nie gegeben."

Das war eine lange Rede für Boder. Die Antwort des Untersuchungshäftlings Dr. Walter Meering, verwunderte den Kommissar.

"Ich stimmte Ihnen hierin zu. Und - Sie wissen es doch, ich habe mich Ihnen ausgeliefert."

Damit gingen sie beide - der Uniformierte und er.

Kriminalkommissar Boder sah ihm nachdenklich nach.

"Verrückt war er nicht. Ob er den Psychiater auf den Plan rufen wollte? Nein, nein. Er hatte schon recht damit. Er hatte sich ihnen ausgeliefert. Aber die Worte der Wahrheit - er würde sie noch hören. Das glaubte er fest. Damit stand er auf, zog seinen Mantel an und nahm den Schirm zur Hand. Es war Abend geworden, und es war höchste Zeit wieder einmal für eine kleine Privatecke des Kriminalkommissars Boder.

* * *

Es war Sonntag, Frigga hatte länger geschlafen. Und Sonntags war probenfrei - fast immer jedenfalls. 'Fidelio' war in Vorbereitung. Nach einem späten Frühstück machte sie sich auf in die schöne und anziehende Umgebung von Bonn - Bad Godesberg war ihr Ziel. D