2. KAPITEL
Laura blieb wie angewurzelt stehen und blickte sich verwirrt um. „Sie war hier. Ich habe sie genau hier zurückgelassen“, wiederholte sie fassungslos und deutete auf das Kopfsteinpflaster zu ihren Füßen.
„Mit einem gebrochenen Knöchel?“ Prinz Alexander klang nicht sehr überzeugt. Er spähte das Regenrohr empor. „Wo ist sie gefallen?“, fragte er ohne Umschweife, was bewies, wie gut er seine Nichte offensichtlich kannte.
„Nun, sie ist eigentlich nicht gefallen“, erwiderte Laura unbedacht, bevor sie sich besann. Es lag nicht in ihrem Interesse, im Detail zu erörtern, was … oder wer … die Verletzung verursacht hatte. Im Moment gab es auch wirklich Wichtigeres. Was war mit der Prinzessin geschehen? Noch vor zwei Minuten hatte sie genau an dieser Stelle gelegen, unfähig, sich zu rühren, geschweige denn, ins Haus zu humpeln … und nun hatte sie sich anscheinend in Luft aufgelöst. „Sie lag genau hier“, wiederholte Laura. „Ich hatte ihr den Kopf auf meine Jacke gebettet und …“
„Eine Jacke ist auch nirgendwo zu sehen“, fiel Prinz Alexander ihr ins Wort.
„Genau das wollte ich sagen!“ Laura kam ein schrecklicher Gedanke. „Oh nein!“ Entsetzt blickte sie den Kronprinzen an. „Sie ist entführt worden! Und es ist meine Schuld!“
„Das bezweifele ich“, widersprach Prinz Alexander ungerührt.
Hatte er denn nicht begriffen, was sie ihm zu verstehen gab? Es hatte keinen Sinn. Sie musste ihm alles erzählen. „Schauen Sie, ich habe beobachtet, wie sie am Regenrohr heruntergeklettert ist, und sie für einen Einbrecher gehalten. Deshalb bin ich auf sie zugestürzt und habe sie zu Boden gerissen.“ Jetzt hatte sie Prinz Alexanders Aufmerksamkeit. Kaum merklich zog er die dunklen Brauen hoch. Laura wurde sich plötzlich bewusst, wie fragwürdig ihre Geschichte klang, aber nun gab es kein Zurück mehr. „Dabei hat sie sich den Knöchel gebrochen“, vollendete sie ihr Geständnis. „Wie ich schon sagte, es ist meine Schuld. Ich wollte sie nicht allein lassen, aber …“
„Aber sie hat darauf bestanden?“, fiel Prinz Alexander ihr erneut ins Wort und fügte hinzu: „Ich habe im Übrigen nicht Ihre Unschuld bei dieser Angelegenheit, sondern Ihre Schlussfolgerung angezweifelt.“
Wie bitte? Laura sah ihn entgeistert an. „Hören Sie, ich habe keine Ahnung, wovon Sie sprechen. Prinzessin Katerina sagte mir, sie habe keine Erlaubnis auszugehen. Sie sind jetzt also sicher sehr wütend auf Ihre Nichte, aber unter den gegebenen Umständen ist das doch wohl nicht so wichtig. Immerhin ist sie verschwunden, und Sie müssen etwas unternehmen. Sofort!“
„Verzeihung, Miss …?“ Er verstummte fragend.
„Varndell“, antwortete sie rasch. Irgendwie hatte sie das Gefühl, dass dieser Mann erst in die Gänge kommen würde, wenn der Förmlichkeiten Genüge getan war. „Laura Varndell. Aber dies ist wirklich nicht der Zeitpunkt für …“
„Alexander Orsino.“ Er reichte ihr die Hand. „Freut mich, Sie kennenzulernen.“
Das war nun wirklich der Gipfel! „Wir sind doch nicht auf einer Cocktailparty!“, protestierte sie wütend und ignorierte die dargebotene Rechte. „Außerdem weiß ich natürlich, wer Sie sind. Aber ich möchte endlich wissen, was Sie unternehmen werden, um Ihre Nichte zu finden!“
„Nichts, solange ich hier draußen stehe“, erwiderte er kühl. „Wenn Sie mich ins Haus begleiten würden …?“
Dieser Mann war wirklich eiskalt! „Ich will aber nicht ins Haus!“ War sie völlig von Sinnen? Hatte sie nicht eben noch auf der Straße vor der Residenz gestanden und sich den Kopf zerbrochen, wie sie es schaffen könnte, hineingebeten zu werden? Ihre berufliche Karriere hing davon ab … möglicherweise. Doch im Moment war Prinzessin Katerinas Verschwinden w