I
6. Juli 1984
Abby
Kennt ihr den Geschmack von Blut? Kaltes Eisen.
Für mich besaß Blut jedoch immer mehrere Geschmäcker. Es war salzig, wenn ich meine Tränen nicht unterdrücken konnte, so wie ich es eigentlich sollte, sauer, wenn mir vor Schmerzen Galle den Hals hochstieg, und bitter, wenn sich letztendlich alles zu einem vermengte. Am allermeisten schmeckte es aber nach Angst. Doch nicht diese aufregende, kribbelnde Angst, die man verspürt, wenn man etwas Verbotenes macht oder kurz davor ist, seinen Schwarm zum ersten Mal zu treffen.
Nein, die Angst, die in meinem Leben präsent war, schmeckte grässlich. Sie schmeckte nach der Luft, die mir fortblieb, wenn er mich würgte, sie schmeckte nach dem widerlichen Pelz, der sich in meinem Mund verbreitete, weil mir der Sauerstoff fehlte, und sie schmeckte nach dem süßlichen Speichel, der sich in unseren Mündern zusammentut, wenn wir kurz davor sind, uns zu übergeben.
Die meisten denken, es gibt nichts Schlimmeres als die Todesangst. Diese sei die höchste Art von Furcht. Doch eine Zeitlang machte mir der Tod keine Angst, - ganz im Gegenteil. Es war die Angst zu überleben, die damals schlimmer war. Denn überleben hieß, ich würde all das nochmal durchmachen müssen, immer und immer wieder.
Lebensangst. Wenn das Leben so aussah wie meines, dann war es das, was ich fürchtete.
Das kalte Laub kitzelte an meinen Füßen, abgebrochene Äste bohrten sich in meine nackten Sohlen. Ich konnte kaum gerade laufen, blieb immer wieder an einer Wurzel hängen oder taumelte gegen einen großen Baumstamm. Der Boden war uneben und voller Blätter und hinter jedem Baum schienen sich gierige