: Catherine Cho
: Ich sah den Teufel in seinen Augen Wie die Geburt meines Sohnes mich in eine postnatale Psychose stürzte
: Verlagsgruppe Lübbe GmbH& Co. KG
: 9783732595259
: 1
: CHF 8.70
:
: Romanhafte Biographien
: German
: 288
: Wasserzeichen
: PC/MAC/eReader/Tablet
: ePUB
Cather ne und James wollen die Elternzeit mit ihrem Sohn Cato für eine Reise nutzen und die Familie in den USA besuchen. Doch unerwartet wird Catherine von ihren kulturellen Wurzeln eingeholt: Nach koreanischer Tradition dürfen Mutter und Kind 100 Tage lang das Haus nicht verlassen. Kurz vor Ablauf dieser Frist beugt Catherine sich über das Bettchen ihres Sohnes und glaubt plötzlich, ein rotes Glimmen in seinen Augen zu erkennen. Und sie hört eine Stimme, die ihr befiehlt, ihren Sohn zu töten...

Catherine Cho ist eine US-Amerikanerin koreanischer Abstammung. Sie lebt mit ihrem Mann und ihrem zweijährigen Sohn in London, wo sie bei einer bedeutenden Literaturagentur arbeitet. Kurz nach der Geburt ihres Kindes erlitt sie einen Psychose. Dieses Erlebnis beschreibt sie nun in ihrem ersten Buch.

WIR SIND FÜNFUNDZWANZIG auf der Abteilung, Männer und Frauen. Weil wir keine Schuhe haben dürfen, schlurfen wir in Socken und Pantoffeln herum. Wir verhalten uns, als wäre das Ganze zeitlich begrenzt, wie Reisende in einer Abflughalle. Leute kommen und gehen, wir winken ihnen zum Abschied nach, und wer durch die Ausgänge verschwindet, verspricht, in Kontakt zu bleiben, aber wir wissen, dass das nicht stimmt. Immer neue Reisende werden kommen und schweigend mitmachen, und so setzt sich der Kreislauf fort.

Einige wehren sich, sie schreien – aber wir ignorieren sie, es ist einfach zu viel. Ich bin bereits Teil der Routine geworden, es ist, als wäre ich schon immer hier gewesen. Ich kann mich nur mit Mühe an irgendetwas von vorher erinnern; der Rhythmus der Abteilung fühlt sich an wie angeboren.

Niemand spricht über sein Leben außerhalb dieses Ortes; wir erkennen nicht einmal an, dass es außerhalb dieses Ortes überhaupt etwas gibt. Stattdessen befinden wir uns in einem von der Realität abgetrennten Dasein und gehorchen nur den Regeln der Abteilung. Zeit gibt es für uns nicht mehr.

Wir laufen mit im Takt der vorgegebenen Zeiteinteilung, stellen uns für Medikamente an, warten auf den Einlass in den Essraum, auf das Lichtausschalten am Abend.

Ich kann mich an den Geruch der Abteilung einfach nicht gewöhnen. Er erinnert mich an die Chlorluft im Schwimmbad, dumpf und dunkel. Die Wände sind beige, mit Kacheln an den Rändern wie in einer Highschool. An einigen Stellen blättert die Farbe ab, und es gibt Flecken.

Die Station hat die Form eines Y: drei Flure, die sich in der Mitte treffen, und im Zentrum steht ein großer Glaskasten mit einem runden Pult darin. Dort halten sich Ärzte und Pflegepersonal auf. Vom Pult aus kann man die ganze Abteilung überblicken; es erinnert mich an das Kontrollzentrum eines Raumschiffs. Zu beiden Seiten des Glaskastens befindet sich je ein Zimmer, eines mit einem Fernseher und eines für Aktivitäten, jeweils mit einer Glasscheibe davor, sodass alle hineinschauen können.

An einer Seite des Glaskastens gibt es einen Flur mit Türen zu beiden Seiten. In diesen Zimmern schlafen die Bewohner der Abteilung. Tagsüber stehen die Türen immer offen, und nachts werden sie verriegelt. Manche Bewohner schlafen tagsüber oder hocken auf ihren Betten. Auf den Stühlen im Flur sitzen Leute vom Personal, schauen auf ihre Handys und passen auf. Das sind keine Pflegekräfte, soweit ich das beurteilen kann. Sie tragen Zivilkleidung. Wir können sie an ihren Kopfhörern und ihren Klemmbrettern erkennen. Sie tragen keine Namensschilder an Kettchen um den Hals; ich nehme an, wegen des Sicherheitsrisikos. Ihre Haltung ist unnatürlich; sie wirken angespannt, als würden sie damit rechnen, jeden Moment aufspringen zu müssen.

Mein Zimmer befindet sich nicht auf diesem Flur. Ich schlafe in einem der Vierundzwanzig-Stunden-Hochsicherheitsräume. Er liegt dem Glaskasten genau gegenüber. Vor meiner Tür sitzt ein Angestellter, der jedes Mal, wenn ich das Zimmer verlasse, etwas in eine Liste einträgt. Ich