1. KAPITEL
„Was soll das heißen? Es gab eine Doppelbuchung für mein Zimmer?“
Nur das knapp einjährige Kind auf ihrem Arm hielt Elene Lowe davon ab, auf dem grellroten Teppich zusammenzubrechen. Was die Sache kein bisschen besser machen würde. Stattdessen schlug sie mit der Hand auf den Ausdruck ihrer Reservierungsbestätigung, der auf dem Tresen lag. „Gebucht und bezahlt, vor sechs Wochen. Und ich werde nirgendwo anders hingehen.“ Sie war vollkommen erschöpft. „Ich brauche dieses Zimmer.“
„Ich verstehe,Signora.“ Nach einem schnellen Blick auf Elenes Ringfinger verbesserte sich die Rezeptionistin. „Signorina, es tut mir leid. Manchmal werden Fehler gemacht. Die anderen Gäste, die das Zimmer reserviert und bezahlt haben, sind vor drei Stunden angekommen und haben sich bereits eingetragen. Wir können von ihnen jetzt nicht mehr verlangen, dass sie gehen.“
„Aber von mir schon, ja?“ Elene drückte das Baby an sich. Sie wollte Aimee nur noch ins Bett bringen, damit sie beide endlich schlafen konnten. „Was soll ich denn jetzt tun?“
Aimee begann, mit den Füßen zu strampeln, was anzeigte, dass sie kurz davor war aufzuwachen. Bei der Landung auf dem internationalen Flughafen von Neapel war sie wach geworden, auf der Fahrt nach Sorrent jedoch sofort wieder eingeschlafen. Nach dem vierunddreißigstündigen Flug von Wellington hatte Elene sich dafür ein Taxi gegönnt.
Die Rezeptionistin, die angelegentlich ihre Fingernägel betrachtete, murmelte: „Es gibt keine freien Hotelzimmer mehr in der Stadt. Das habe ich von anderen Leuten gehört, die hier nach einer Unterkunft gefragt haben.“
„Ich muss aber etwas finden! Können Sie mir irgendetwas in der Nähe empfehlen? Eine andere Stadt? Meine T…tochter.“ Noch immer stolperte Elene über das Wort. „Sie ist müde nach einer langen Reise, und ich muss sie hinlegen.“
„Sì, das verstehe ich,Signorina. Ich werde es bei den Hostels versuchen, obwohl Sie sich dort vielleicht ein Zimmer mit anderen Frauen teilen müssen.“ Die junge Frau griff nach dem Telefon.
Ein Hostel, mit einem Baby? Großartig. Aber was blieb ihnen anderes übrig?
Da ertönte ein durchdringender Schrei, und Elene spürte kleine Hände, die auf ihre ihre Brust trommelten, und strampelnde Beinchen.
„Schsch.“ Elene küsste das Baby auf die Stirn. „Schsch, wir sind ja bald da.“ Sie hob das sich sträubende kleine Mädchen hoch über den Kopf und lächelte zu ihm auf. „Aimee, Aimee, hey, hey.“
Die Kleine stieß einen weiteren spitzen Schrei aus, und Tränen liefen über ihr gerötetes, zusammengekniffenes Gesicht.
„Ach, Süße, ich weiß.“ Elene wäre beinahe selbst in Tränen ausgebrochen. Aus dem Rucksack neben sich holte sie eine Flasche Milch und versuchte, Aimee damit zu beruhigen. Da die Milch jedoch kalt war, verursachte dies nur ein noch viel größeres Geschrei. Armes kleines Ding.
Die Rezeptionistin stand mit dem Rücken zu ihnen und sprach schnell in den Telefonhörer. Ein Bett in einem Hostel zu finden, schien wohl auch nicht gerade leicht zu sein.
Voller Bitterkeit stieß Elene den Atem aus. Es ließ sich wohl nicht mehr vermeiden, sie musste sich der Sache früher stellen als erwartet. Und vollkommen unvorbereitet. Allerdings wäre sie sowieso nie wirklich darauf vorbereitet gewesen, Mattia Ricco als ebenbürtige Gegnerin zu begegnen. Aber sie hatte das Recht auf ihrer Seite, ebenso wie den Rückhalt einer warmherzigen, liebevollen Familie in Neuseeland. Wenn sie doch nur hier wären! Allerdings hatte Elene sich das selbst zuzuschreiben, da sie alle Angebote ihrer Mutter und ihrer beiden Schwestern abgelehnt hatte, sie auf dieser entscheidenden Reise zu begleiten.
Sie klopfte auf den Tresen.„Mi scusi – taxi?“ Da ihre Stimme viel zu leise klang, wiederholte sie lauter: „Bitte rufen Sie mir ein Taxi.“
Die Rezeptionistin drehte sich zu ihr um und deutet