Einleitung: Sag mir, wo die Männer sind!
Sag mir, wo die Männer sind. Wo sind sie geblieben?«, sang einst Marlene Dietrich. Sie meinte die im Krieg gefallenen und vermissten Männer. Aber da sind sie heutzutage nicht geblieben, jedenfalls nicht in Deutschland, Gott sei Dank.
»Sag mir, wo die Männer sind?«, fragen sich auch heute immer mehr Frauen. Sie meinen aber etwas ganz anderes als Marlene Dietrich: Wo sind die Männer, mit denen man sich auch über etwas anderes als über ihren Beruf oder ihr Mountainbike unterhalten kann? Wo sind die Männer, deren Gefühle nicht in unergründlichen Tiefen verborgen sind, aus denen kein Wort herauf und über ihre Lippen dringt? Wo sind die Männer, die lieben können und wollen – und es auch aushalten, geliebt zu werden? Wo sind die Männer, die sich gerne und dauerhaft binden wollen und können? Wo sind die Männer, auf die Verlass ist und die auch noch nach Jahren das halten, was sie am Anfang versprochen haben? Wo sind die Männer, die sich so benehmen können, wie es Frauen mögen, die gut ausschauen und auch noch einen vernünftigen Beruf haben? Wo sind die Männer, die viele Frauen haben könnten, aber nur eine Frau haben wollen, weil sie sie lieben? Wo sind die Männer, die lange auf die große Liebe warten und sie dann tatsächlich auch finden? Wo sind die Männer, auf die das Wort»Mann« auch wirklich zutrifft, die nicht zu geschmack- und stillosen Machos aufgequollen oder zu metrosexuellen Anpasslingen verkümmert sind?
Wo sind sie geblieben, die wirklich guten Kerle?
Das fragen auch mich immer mehr Frauen, nicht nur in meiner psychotherapeutischen Praxis.»Wann wird man je verstehen?«, die letzte Textzeile aus Marlene Dietrichs Lied hilft da auch nicht weiter. Ja, wann werden sich Männer und Frauen je verstehen? Daran mühen sich bereits tausende von Paartherapeuten und abertausende von Ratgebern seit Jahren ab, inklusive meiner Person als Autor und Therapeut. Irgendwie werde ich das Gefühl nicht los, dass das mit dem gegenseitigen Verständnis noch dauern kann und momentan eher schlimmer als besser wird.
Da wäre also das Problem Nummer eins: Warum verstehen sich Männer und Frauen heute nicht mehr? Dazu später mehr.
Zurück zu den Männern und zu der Frage, wo sie geblieben sind. Tatsächlich laufen sie doch überall herum, die Männer: in den Fitnessstudios, auf dem Gang im Büro, in den Fußgängerzonen. Sie stehen cool in Cafés und Bars, sie kaufen in Heimwerkermärkten ein und schauen sich gemeinsam in Kneipen Fußball an. Man kann sie auch zu Millionen im Internet treffen, auf allen nur erdenklichen Kennenlernportalen, und hin und wieder lächelt einen einer sogar im Supermarkt von der anderen Seite der Tiefkühltruhe aus an.
Aber das sind nichtdie Männer, die die Frauen wollen. Zumindest nicht so und nicht in dieser Situation.
Damit wären wir schon beim nächsten