: Elaine N. Aron
: Hochsensible Menschen in der Psychotherapie
: Junfermann
: 9783955710248
: 1
: CHF 35.40
:
: Angewandte Psychologie
: German
: 352
: kein Kopierschutz/DRM
: PC/MAC/eReader/Tablet
: PDF/ePUB
Wie hochsensiblen Menschen in der Therapie geholfen werden kann Aufgrund besonderer Eigenschaften ihres Nervensystems nehmen Hochsensible mehr und intensiver wahr als andere Menschen. Dies hat manche Vorteile, führt allerdings auch zu schneller Überstimulation und scheinbar geringerer Belastbarkeit. Für einen Psychotherapeuten ergeben sich dadurch besondere Herausforderungen. Sein Verständnis für dieses zentrale Wesensmerkmal ist die Grundlage für eine vertrauensvolle Beziehung zu seinem Klienten und für alle Behandlungsziele. Elaine Aron, die Pionierin auf dem Gebiet der Hochsensibilität, führt in das Thema fundiert und kurzweilig ein. Sie erklärt, wie die Lebensqualität sensibler Patienten durch Psychotherapie verbessert und deren Selbstwertgefühl dauerhaft gestärkt werden kann. Die Patienten lernen, welche Vorzüge die Hochsensibilität hat und wie sie mit Problemen umgehen können.

Elaine N. Aron, US-amerikanische Psychotherapeutin in eigener Praxis. Sie ist Bestsellerautorin und gilt als Pionierin auf dem Gebiet der Hochsensibilität.

Vorwort


Jedes Baby hat ein einzigartiges Temperament. Wir wissen, dass es keine Einbildung ist, wenn Eltern sagen: „Er ist sehr pflegeleicht und immer zufrieden“ oder „Sie ist lebhafter, als es ihr Bruder war“. Aus Kindern werden selbstverständlich Erwachsene, die ihr Temperament behalten, aber wenn wir einen erwachsenen Patienten vor uns haben, ist es weitaus schwieriger, zu unterscheiden, was angeboren und was anerzogen ist. Wir wissen, dass die grundlegenden Wesenszüge noch da sind und es verdienen, als unveränderlicher Kern der Patienten gewürdigt zu werden. Aber wie können wir ihnen helfen, eine gute Beziehung zu ihrer genetischen Ausstattung zu entwickeln, besonders wenn sie bedeutet, dass sie hochsensibel sind?

Hochsensibilität, die der Definition in meinen Forschungsarbeiten (Aron& Aron, 1997) entspricht, findet sich bei rund 20 Prozent der Bevölkerung (Kagan, 1994; Suomi, 1991 in einer Untersuchung von Primaten), daher sind zweifellos einige Ihrer Freunde und Angehörigen hochsensibel und außerdem ein hoher Prozentsatz Ihrer Patienten. Sie nehmen Feinheiten wahr und leiden mehr als andere, wenn sie starken Reizen ausgesetzt sind, wie etwa lauten Geräuschen, dem Trubel in Einkaufszentren und dergleichen, Temperaturextremen oder langen Sightseeing-Tagen mit vielen Eindrücken. Sie haben starke emotionale Reaktionen und brauchen mehr Erholungsphasen. Meist sind sie umsichtig und beobachten gut. Etwa 70 Prozent von ihnen sind introvertiert und wirken in mancher Hinsicht verletzlicher, gedeihen aber durchaus auf ihre eigene Weise. (Differenzierter können Sie diesen Wesenszug erfassen, wenn Sie sich die Skala für Hochsensible Personen, abgekürzt HSP, in Anhang A ansehen.)

Warum jetzt ein neues Merkmal?

Dieses Merkmal ist natürlich nicht neu: Es findet sich sowohl bei Tieren als auch bei Menschen (Sih& Bell, 2008; Suomi, 1991; Wilson, Coleman, Clark& Biederman, 1993; Wolf, van Doorn& Weissing, 2008), sodass es schon lange bekannt ist. Dabei erhielt es eine Reihe unterschiedlicher Namen, je nach Schwerpunkt der jeweiligen Forschungsarbeit – so etwa bei Babys „niedrige Reizschwelle“ (Chess& Thomas, 1987); „tauen langsam auf“ (Thomas, Chess& Birch, 1968); „affektive Negativität“ (Marshall& Fox, 2005); „Gehemmtheit“ (Kagan, 1994), „differenzielle Suszeptibilität“ für sowohl positive als auch negative Umgebungen (Belsky, Bakermans-Kranenburg& Van Ijzendoorn, 2007); „psychobiologische Reaktivität“ (Boyce et al., 1995; Gannon, Banks& Shelton, 1989); „biologische Kontextsensibilität“ (Boyce& Ellis, 2005). „Sensibilität“ bietet anscheinend einen Schirm, unter dem die tiefer liegende angeborene Überlebensstrategie hinter dem Merkmal gut Platz hat, eine Tendenz, die im Immunsystem ebenso wie im Nervensystem zu finden ist, und zwar nicht nur bei Menschen, sondern auch bei über 100 Tierarten (Wolf et al., 2008), von Taufliegen und Fischen bis zu Hunden und Rhesusaffen. Diese Strategie ermöglicht einem, Information gründlich zu verarbeiten, ehe man reagiert.

Wie verhält sich dieses Merkmal zur Psychotherapie?

Obwohl sich Hochsensibilität nur bei 20 Prozent der Bevölkerung findet, haben sie in den meisten Praxen wohl eher fast 50 Prozent der Patienten. Sie zeigt sich hauptsächlich bei Menschen mit einer schwierigen Kindheit, die sie anfälliger für Depression, Angst und Schüchternheit macht als Nichthochsensible. Diejenigen, deren Kindheit glücklich verlief, weisen diese Probleme allerdings nicht häufiger auf als nichthochsensible Menschen (Aron, Aron& Davies, 2005; Liss, Timmel, Baxley& Killingsworth, 2005). Es gibt sogar zahlreiche Belege dafür, dass hochsensible Kinder mehr als andere von einer glücklichen Kindheit profitieren (eine Übersicht über die wachsende Literatur zu diesem Thema findet sich bei Belsky et al., 2009 und Boyce& Ellis, 2005). Das ist einer von zahlreichen Gründen dafür, dieses Merkmal nicht als Störung anzusehen.

Ein ebenso wichtiger Grund für den Wunsch so vieler Hochsensibler nach einer Therapie ist, dass sie selbst glauben, sie hätten vielleicht eine Störung, auch wenn sie gar keine haben. Sie sind eine wenig verstandene Minderheit und verstehen sich nicht einmal selbst, deshalb suchen sie uns mit der Frage auf, warum sie anscheinend so anders sind.

Außerdem kommen sie mit größerer Wahrscheinlichkeit in Therapie und möchten auch mehr Sitzungen haben als andere Patienten, weil sie für psychologische Zusammenhänge offener sind und sich mehr dafür interessieren, weil sie Symptome und ihre Langzeitfolgen stärker wahrnehmen und ihren anfänglichen Widerstand leichter erkennen und überwinden können. Sie benötigen häufig auch mehr Sitzungen, weil es mehr Zeit erfordert, ein Vertrauensverhältnis zu ihnen aufzubauen, und weil sie neben der Bearbeitung des Problems, das sie in die Therapie führt (Präsentierproblem), ihr Wesensmerkmal verstehen und damit umgehen lernen müssen. Sie haben auch mehr Gewinn, wenn sie ihre Therapieerfahrung längere Zeit verarbeiten können, und wahrscheinlich mehr Freude daran. Da sie mehr und eine längere Behandlung benötigen, werden sie zu einem bestimmten Zeitpunkt insgesamt einen höheren Prozentsatz einer breiten Patientenpopulation ausmachen.

Da so viele hochsensible Patienten aus den unterschiedlichsten Gründen Therapeuten aufsuchen, ist es sehr wichtig, Hochsensibilität von den vielen Störungen unterscheiden zu können, mit denen man sie verwechseln kann. Gleichzeitig gilt es zu bedenken, dass Hochsensibilität häufig zusammen mit psychischen Störungen und anderen Problemen auftritt, daher muss man wissen, in welcher Weise sich das Erscheinungsbild dieser Probleme bei hochsensiblen Patie

Cover1
Inhalt6
Vorwort8
Danksagung18
1. Hochsensible Patienten: Wer sie sind, wer sie nicht sind und warum das wichtig ist20
2. Hochsensibilität feststellen46
3. Zwei Schwierigkeiten, die angeborene Sensibilität mit sich bringt: Leichte Übererregbarkeit und stärkere emotionale Reaktionen78
4. Drei häufige Probleme: Niedriges Selbstwertgefu?hl, die falsche Lebensweise und Überreaktionen auf Kritik108
5. Abstimmung der Behandlung auf hochsensible Patienten148
6. Helfen Sie den Patienten, Beziehungen aufzubauen: Die Begegnung mit anderen, Schu?chternheit und Angst vor Verbindlichkeit174
7. Hilfe fu?r langfristige Beziehungen: Die Arbeit mit Konflikten, dem Grad der Ähnlichkeit im Temperament und der Sexualität sensibler Menschen194
8. Hochsensible Menschen am Arbeitsplatz228
9. Persönlichkeitsvarianten bei hochsensiblen Menschen250
ANHANG260
Anhang A: Die HSP-Skala – Sind Sie hochsensibel? Ein Selbsttest262
Anhang B: Sensibilität von DSM-Störungenunterscheiden266
Anhang C: Forschungsu?berblick zum Konzept der Hochsensibilität292
Literatur330
Index340
Über die Autorin344