: Luis Sellano
: Portugiesischer Pakt Ein Lissabon-Krimi
: Heyne
: 9783641302917
: Lissabon-Krimis
: 1
: CHF 10.80
:
: Krimis, Thriller, Spionage
: German
: 320
: Wasserzeichen
: PC/MAC/eReader/Tablet
: ePUB
Henrik Falkners Antiquariat in der Altstadt von Lissabon ist eine Oase für Liebhaber alter Bücher und erstaunlicher Fundstücke. Und es ist dringend renovierungsbedürftig. Da kommt ein lukratives Geschäft gerade recht: Henrik soll für einen neuen Kunden Bücher aus dem Nachlass des kürzlich verstorbenen Senhor Monteiro erwerben. Die Bezahlung ist fast zu gut, um wahr zu sein. Doch dann finden sich Hinweise darauf, dass Senhor Monteiros Tod möglicherweise kein Unfall war. Als kurz darauf Henriks Auftraggeber spurlos verschwindet, ist klar, dass mehr hinter der Sache stecken muss. Henrik ermittelt - die Spur führt ihn zurück bis in die Siebzigerjahre, in die Zeit des politischen Umbruchs, und er kommt Stück für Stück einem tödlichen Geheimnis auf die Spur.

Luis Sellano ist das Pseudonym eines deutschen Autors. Auch wenn Stockfisch bislang nicht als seine Leibspeise gilt, liebt Luis Sellano Pastéis de Nata und den Vinho Verde umso mehr. Schon sein erster Besuch in Lissabon entfachte seine große Liebe für die Stadt am Tejo. Luis Sellano lebt mit seiner Familie in Süddeutschland. Regelmäßig zieht es ihn auf die geliebte Iberische Halbinsel, um Land und Leute zu genießen und sich kulinarisch verwöhnen zu lassen.

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Helena

Die Unfallstelle war abgesichert. Kreiselnde Blaulichter verwirbelten die Nacht. Inspetora Helena Gomes parkte hinter dem Streifenwagen, nahe an der Leitplanke. Es war kurz nach einundzwanzig Uhr. Sie hatte gerade Dienstschluss machen wollen, als der Anruf von Rui Dinis bei ihr einging. Dinis war Brigadekommandant bei der Polícia Municipal und sie waren lose befreundet, weshalb das Gespräch nicht über die Zentrale an sie weitergereicht worden war, sondern er sie direkt angerufen hatte. Daher war es für sie kaum möglich, es nicht entgegenzunehmen. »Wir haben hier einen Unfall. Sieht seltsam für mich aus, wie der Wagen den Abhang runter ist. Vielleicht ist aber auch gar nichts dran«, hatte er sie wissen lassen. Eine vage Andeutung, doch Helena kannte Rui als einen erfahrenen Hasen, der nicht unbegründet die Kripo einschalten würden. Also hatte sie eingewilligt vorbeizukommen, auch wenn die Fahrt hoch zum Parque da Pedra nicht gerade auf ihrem Heimweg lag. Abgesehen davon, dass die extreme Hitze, die Lissabon diesen August den Atem raubte, sie ohnehin davon abhalten würde, frühzeitig ins Bett zu gehen. So gesehen hatte sie auch noch ein bisschen durch die Nacht fahren können – mit offenem Fenster, hinauf auf die Anhöhe im Westen der Stadt. Eine Fahrt durch den bewaldeten Park, die ihr sogar ein wenig Abkühlung brachte.

Bevor sie ausstieg, schrieb sie eine WhatsApp:Wird später, warte nicht auf mich! Sie wartete nicht ab, ob die Nachricht zugestellt wurde, sondern steckte ihr Handy weg. Die Dienstvorschrift sah vor, dass sie auch ihrem neuen Teamleiter Sérgio Damasos Bescheid geben müsste, aber nach ihrem Ermessen handelte es sich bis zu diesem Zeitpunkt noch um keinen offiziellen Einsatz. Mittlerweile hatte sie gelernt, den Ermessensspielraum nicht mehr gar so eng zu nehmen. Zuerst wollte sie sich einen Überblick verschaffen und danach entscheiden, ob sie Damasos aus dem Bett klingeln würde.

Helena kannte die Stelle, die der Brigadeführer der Ortspolizei ihr beschrieben hatte, die Kehre unterhalb des Miradouro do Alto da Serafina, wo der bewaldete Hang steil hin zum Stadtteil Bairro da Liberdade abfiel. Sie passierte die zwei Polizeiwagen, die quer über der Straße standen, und folgte den Signalleuchten bis zur Unfallstelle. Dinis erwartete sie. Er war ein etwas schrulliger Mittfünfziger, dem sie immer mal wieder bei Einsätzen begegnete, und sie wusste, dass wegen seiner Eigenheiten nur wenige aus seinem Corps wirklich gut mit ihm auskamen. Vermutlich verstanden sie sich gerade deswegen, schließlich galt auch Helena als nicht besonders einfach im Umgang mit Kollegen.

Rui Dinis war stämmig und deutlich kleiner als Helena. Mittlerweile trug Rui eine ordentliche Plauze vor sich her, über die sein hellblaues Uniformhemd spannte. Unter seinen Armen hatten sich dunkle Schweißflecken gebildet. »Schön, dich mal wieder zu sehen, auch wenn die Umstände alles andere als schö