: Dominic Wittmer
: Kupfer im regionalen Ressourcenhaushalt
: vdf Hochschulverlag AG
: 9783728132109
: 1
: CHF 23.60
:
: Politik
: German
: 280
: DRM
: PC/MAC/eReader/Tablet
: PDF
DOI-Nr. 10.3218/3210-9

Bisher sind die geogenen Lagerstätten in den Geowissenschaften systematisch untersucht worden, nicht aber die anthropogenen. Letztere befinden sich im Wachstum, solange die Inputflüsse die Outputflüsse übersteigen. Es fehlen bis heute geeignete Werkzeuge, die eine umfassende Erfassung und Beurteilung dieser Lagerstätten ermöglichen. Ziel dieser Arbeit ist die Entwicklung einer Methode zur Exploration von nicht-regenerierbaren Ressourcen im urbanen Raum am Beispiel des Kupfers, basierend auf umweltingenieur- und geowissenschaftlichen Ansätzen.

Kupfer ist wegen seines starken technischen Profils ein essentielles Metall im Stoffhaushalt der Anthroposphäre. Es wird in zahlreichen Anwendungen in Gebäuden (Aussenbereich, Haustechnik), in der Infrastruktur (Strom- und Informationsübertragung) sowie in elektrischen und elektronischen Produkten und weiteren Mobilien in reiner Form oder in Legierungen eingesetzt. In der Schweiz sind die urbanen Lagerstätten pro Kopf bereits grösser als die weltweit vorhandenen geogenen Lagerstätten. Hier setzt diese Arbeit an.

Für die Exploration im urbanen Raum wird die Methode der Stoffflussanalyse (BACCINI und BADER 1996) mit einer eigenständig entwickelten, geowissenschaftlich geprägten Methode zur Lagererfassung kombiniert. Dadurch ist eine differenziertere Betrachtung der Lagerstättenmengen und -qualitäten möglich.

Der Betrachtungsraum ist die Schweiz. Die urbanen Kupferlagerstätten werden in den drei Hauptlagern Gebäude, Infrastruktur und Mobilien modular erfasst. Zur Untersuchung der Lager hinsichtlich ihres Aufbaus und ihrer Rollen im regionalen Kupferhaushalt bedarf es eines geeigneten Instrumentariums. Der erste Teil der Arbeit zielt auf die Erfassung der relevanten Güter aus Kupfer bzw. Kupferlegierungen. Der zweite Teil verifiziert den Aufbau der zugehörigen Lager in einem dynamischen Modell und schafft die Basis für die Entwicklung von Bewirtschaftungsszenarien.
In zwei Szenarien wird untersucht, welche Auswirkungen ein mittelfristiger Umbau der Produktionsgebäude in Mehrfamilienhäuser bzw. Dienstleistungsgebäude hinsichtlich der Lagerentwicklung und der zugehörigen Kupfernachfrage oder Emissionen bewirkt. Die Arbeit zeigt exemplarisch auf, wie das dynamische Modell für solche"Wenn-dann"-Szenarien künftig eingesetzt werden kann: Wenn die Umnutzung zugunsten der Dienstleistungsgebäude verläuft, dann wird entsprechend der gebäudespezifischen Nutzungsmuster des Kupfers ein Rohstoffmehrbedarf erzeugt. Wenn beim Umbauprozess bei den neuen Dienstleistungsgebäuden konsequent auf Kupferbleche verzichtet wird, dann sinken die Emissionen um circa 20%, obwohl das gesamte Kupferlager in den Gebäuden (einschliesslich Haustechnik) eine leichte Zunahme bewirkt.
1 Einleitung (S. 3-4)

1.1 Ausgangslage und Motivation

Limitierte Rohstoffe
Weltweit wächst mit fortschreitender Technisierung und Urbanisierung der Materialeinsatz in der Anthroposphäre an. Die steigende globale Nachfrage nach Rohstoffen bzw. Waren bewirkt einen beschleunigten Ressourcenabbau in der Geosphäre – absolut und pro Kopf. So hat der Mensch nach dem Zweiten Weltkrieg mehr mineralische Rohstoffe abgebaut als in der vorherigen Menschheitsgeschichte (WELLMER und BECKER-PLATEN 1999). Eine wichtige Ursache für den grossmassstäblichen Ressourcenabbau liegt darin, dass mineralische Rohstoffe im Güterhandel als materialisierte „Träger" des wertsteigerungsfähigen Vorganges vom Ausgangsstoff zum Produkt dienen (ADRIAANSE et al. 1998).

Doch die „Prämisse", Wirtschaftswachstum zu erlangen, hat ihren Preis: Bereits in den frühen siebziger Jahren wurde mit dem Erscheinen des Berichts des Club of Rome „Die Grenzen des Wachstums" die Entwicklung des Ressourcenverbrauchs als nicht nachhaltig eingestuft, und nach aktueller Beurteilung hat sich an dieser Aussage nichts Grundlegendes geändert (MEADOWS, D. 1972, MEADOWS, D.H. et al. 2004). Der in den vergangenen Jahren rasche Aufstieg von Wirtschaften in Fernost deutet an, wie sprunghaft sich der Bedarf in Zukunft entwickeln kann. Eine Fortführung dieser Entwicklung – ein unbegrenztes Wachstum – ist jedoch aufgrund der Rahmenbedingungen auf der Erde per se nicht möglich, da die Ressourcen limitiert sind.

Dies gilt insbesondere für die nichterneuerbaren Ressourcen1, wozu sowohl die fossilen Energierohstoffe als auch die metallischen Rohstoffe gehören. Ressourcenverknappung wird in den nächsten Jahrzehnten voraussichtlich an Intensität gewinnen, auch wenn zunehmende Rezyklierungsaktivität diese Entwicklung dämpft. Neben dieser direkten Limitierung durch die Knappheit der Ressource existiert auch eine indirekte Limitierung. Mit zunehmendem Fortschritt des Primärressourcenabbaus treten sukzessive mehrere physische und ökologische Beschränkungen auf.

Wichtige Beschränkungen sind der „ökologische Rucksack" inklusive der „grauen Energie" der Rohstoff- und Güterproduktion (Knappheit der Energie, CO2-Äquivalente), die diffusen Emissionen während und nach der Nutzung (Human- und Ökotoxizität), der Deponieraum (anfallende Menge) und das Deponieverhalten (Toxizität). Da die fortschreitende Urbanisierung langfristig zu Verknappungsproblemen in verschiedenen Bereichen (Güter, Landnutzung, Energie) führt, ist eine nachhaltige Ressourcenbewirtschaftung anzustreben.

Eine Entwicklung wird „nachhaltig" genannt, wenn sie eine Deckung der gegenwärtigen Bedürfnisse gewährleistet, ohne gleichzeitig den späteren Generationen die Möglichkeit zur Deckung der ihren zu verbauen („Agenda 21")(UNCED 1992). Zur langfristigen Wahrung der Existenzgrundlagen fordert das Kapitalstockmodell der Weltbank die Fähigkeit, von den „Zinsen des Kapitals" zu leben, wobei Kapital nicht nur das wirtschaftliche, sondern auch das ökologische und das soziale Kapital als Wert erfasst, den es zu wahren oder zu mehren gilt (IDARIO 2001).

Nach der Enquete- Kommission des Deutschen Bundestages Schutz des Menschen und der Umwelt sind nichterneuerbare Ressourcen nur in dem Umfang zu nutzen, in dem ein physisch und funktionell gleichwertiger Ersatz in Form erneuerbarer Ressourcen oder ein Ausgleich durch eine höhere Produktivität der erneuerbaren und nicht-erneuerbaren Ressourcen geschaffen wird (ENQUETEKOMMISSION DES DT. BUNDESTAGS 1993).
Dank8
Zusammenfassung10
Abstract12
Inhaltsverzeichnis14
1 Einleitung16
1.1 Ausgangslage und Motivation16
1.2 Die Ressource Kupfer19
1.3 Ziel und Forschungsfragen21
1.4 Aufbau der Arbeit21
2 Methoden22
2.1 Methodisches Konzept22
2.2 Stoffflussanalyse für den regionalen Kupferhaushalt25
2.3 Charakterisierung der Lager im Gebäudebereich31
2.4 Erfassung der Lager im Gebäudebereich39
2.5 Charakterisierung der Lager im Infrastrukturbereich54
2.6 Erfassung der Lager im Infrastrukturbereich59
2.7 Charakterisierung und Erfassung weiterer Lager67
2.8 Historische Entwicklung der anthropogenen69
Kupferlager69
3 Resultate74
3.1 Die historische Aussenhandelsbilanz74
3.2 Kupferlager im Gebäudebereich77
3.3 Kupferlager im Infrastrukturbereich91
3.4 Weitere Kupferlager99
3.5 Historische Entwicklung der anthropogenen101
Kupferlager101
4 Diskussion110
4.1 Aufbau der urbanen Kupferlagerstätten der Schweiz110
4.2 Qualitative Ursachen für den Aufbau eines Teillagers119
4.3 Unsicherheiten der Kupferlager121
4.4 Vergleich mit anderen Stoffen126
4.5 Regionale Unterschiede urbaner Kupferlagerstätten128
4.6 Evaluation von Abrieb- und Abschwemmpotentialen131
5 Dynamisches Modell Cuprum134
5.1 Einleitung134
5.2 Mathematische Beschreibung136
5.3 Kalibrierung147
5.4 Resultate153
5.5 Szenarien zum Umbau des Gebäudebestandes168
6 Schlussfolgerungen und Ausblick176
6.1 Zur Methode der Exploration urbaner Lagerstätten176
6.2 Zum Entwurf einer Bewirtschaftungsstrategie178
7 Abkürzungen180
8 Glossar182
9 Literaturverzeichnis188
A.1 Gebäude201
A.1.1 Gebäudebestand201
A.1.2 Umfang der Produktgruppen203
A.1.3 Referenzgebäude204
A.1.4 Spezifische Masse206
A.1.5 Installationsdichte209
A.1.6 Häufigkeiten217
A.1.7 Historische Entwicklung des Hauptlagers Gebäude222
A.1.8 Einfluss langanhaltender Renovationszyklen auf das224
Hauptlager Gebäude224
A.2 Infrastruktur227
A.2.1 Stromnetz227
A.2.2 Verkehrsnetze der Schweiz229
A.3 Übersicht über die Lager231
A.3.1 Die urbanen Lagerstätten der Schweiz231
A.3.2 Unsicherheitsanalyse der Hochrechnungen232
A.3.3 Wachstumskurven239
A.4 Modell241
A.4.1 System241
A.4.2 Systemvariablen und Unbekannte241
A.4.3 Modellparameter245
A.4.4 Systemgleichungen252
A.4.5 Bewertungskriterien260
A.4.6 Kalibrierung des Modells Cuprum261
A.5 Literaturverzeichnis des Anhangs277
Curriculum vitae279