Executive Summary
Status quo. Die wirtschaftliche Lage der Krankenhäuser hat sich 2017 verschlechtert. Die durchschnittliche Insolvenzwahrscheinlichkeit der Krankenhäuser lag bei rund 0,9 %, etwa auf dem Niveau von 2014 und 2015, war damit jedoch besser als 2012 (1,2 %). Dabei befanden sich 12 % der Krankenhäuser im roten Bereich mit erhöhter Insolvenzgefahr, 7 % im gelben und 81 % im grünen Bereich. 28 % der Krankenhäuser schrieben 2017 auf Konzernebene einen Jahresverlust. Betrachtet man statt der Konzern- die Standortebene, dürften knapp 37 % der Standorte einen Verlust erwirtschaftet haben. Im Jahr 2017 betrug das durchschnittliche Jahresergebnis 1,7 % der Erlöse, nach 2,2 % im Vorjahr. Datengrundlage für diese Analysen ist eine Stichprobe von 466 Jahresabschlüssen aus dem Jahr 2016 und 84 Abschlüssen aus 2017, die insgesamt 877 Krankenhäuser umfassen.
Ausschlaggebend für die Verschlechterung der wirtschaftlichen Lage dürfte der erstmalige Rückgang der stationären Fallzahl im Jahr 2017 um 0,5 % bzw. der nur geringe Anstieg des Casemixvolumens um 0,4 % gewesen sein. Wichtige Gründe dafür könnten (i) die steigende Ambulantisierung der Medizin, (ii) der Personalmangel, (iii) ein bereits hoher Sättigungsgrad bei kardiologischen und orthopädischen Leistungen, (iv) ein gesteigerter Informationsstand der Patienten und (v) intensivere MDK-Prüfungen gewesen sein. Für das Jahr 2018 erwarten viele Krankenhäuser ebenfalls eine Stagnation der stationären Fallzahl.
Die Zahl der Krankenhäuser (Institutskennziffern) verringerte sich im Jahr 2017 um 0,5 % auf 1 942, die Zahl der Betten um 0,3 %. Die durchschnittliche Verweildauer der Patienten sank leicht auf unter 7,3 Tage, die Bettenauslastung blieb unverändert bei 78 %. Die Krankenhausstrukturen sind nach wie vor in einigen Regionen ungünstig: hohe Standortdichte, viele kleine Einheiten und eine geringe Spezialisierung. Allerdings ist in dieser Hinsicht eine positive Dynamik festzustellen, unter anderem entfacht durch den Strukturfonds. Die Marktanteile nach Trägerschaft blieben unverändert. Der Marktanteil (Betten) öffentlich-rechtlicher Krankenhäuser lag bei 49 %, der von freigemeinnützigen Einrichtungen bei 34 % und von privaten Häusern bei 17 %.
Erstmals haben wir das ambulante Geschehen an Krankenhäusern untersucht. Etwa 70 % der 69 Mio. Krankenhausfälle pro Jahr sind ambulante Fälle. Auf Krankenhäuser entfallen damit schätzungsweise 8 % der Arztkontakte in der ambulanten fachärztlichen bzw. 5 % der gesamten ambulanten Versorgung. Im Durchschnitt betreibt ein Krankenhaus 16 Einzelambulanzen. Viele Krankenhäuser unterhalten Privat-, Notfallambulanzen, Ambulanzen für vor- und nachstationäre Versorgung sowie für persönliche Ermächtigungen. Neuere Ambulanzarten wie MVZ, Ambulanzen für DMP, für ambulant fachärztliche und ambulant spezialfachärztliche Versorgung sind dagegen seltener zu finden. Die Anzahl der Hochschulambulanzen ist im Vergleich mit durchschnittlich 50 pro Universität sehr hoch.
Projektion. Wir gehen davon aus, dass sich die Ambulantisierung der Medizin beschleunigen wird. Der Personalmangel im Krankenhausbereich dürfte sich hingegen infolge des Pflegepersonal-Stärkungsgesetzes (PpSG) mittelfristig entschärfen. Sollte inzwischen ein hoher Sättigungsgrad in Leistungsbereichen wie zum Beispiel „Kreislauf“ und „Muskel-Skelett“ erreicht worden sein, wird davon kein weiterer fallzahlsteigernder Effekt ausgehen. Ein steigender Informationsgrad der Patienten kann gleichermaßen senkend oder steigernd auf die Fallzahlen wirken. Mit einer weiteren Erhöhung der Intensität der MDK-Prüfungen rechnen wir nicht. In der Summe erwarten wir damit kurz- und mittelfristig kaum ein Wachstum der stationären Fallzahl. Langfristig gehen wir jedoch aufgrund der demografischen Entwicklung trotzdem von einer Zunahme stationärer Leistungen aus.
Demografisch bedingt würden wir bundesweit bis zum Jahr 2025 mit etwa 4,5 % mehr Fällen als im Jahr 2017 rechnen. Schreibt man den bis 2016 steigenden Trend in den Prävalenzraten ebenfalls fort, berücksichtigt aber eine schrittweise Realisierung des ambulanten Potenzials ab 2019, könnte die Zahl der Fälle bis 2025 um 5,4 % zunehmen. Bis 2025 gehen wir von einem Rückgang der Verweildauer auf 6,5 Tage aus und erwarten somit trotz steigender Patientenzahlen einen Rückgang des Bettenbedarfs. Die Bettenüberkapazitäten dürften daher – ohne die Einleitung eines forcierten Abbaus – von derzeit 9 % bis 2025 auf 13 % wachsen.
Bei Fortschreibung des Status quo, einer weiterhin hohen Grundlohnrate und einem Wachstum der Löhne wie in der Vergangenheit würde der Anteil der Krankenhäuser im roten Rating-Bereich bis 2025 moderat auf 18 % steigen. Der Anteil der Krankenhäuser mit einem Jahresverlust würde sich leicht auf 32 % vergrößern. Geht man dagegen künftig von einem deutlich geringeren Wachstum der Fallzahlen aus, von einer sinkenden Grundlohnrate und von stark steigenden Löhnen, befänden sich 2025 40 % der Krankenhäuser im roten Rating-Bereich und 78 % würden einen Jahresverlust aufweisen. Würden in diesem Szenario eine Optimierung der Krankenhausstrukturen, Produktivitätsverbesserungen der Krankenhäuser – insbesondere im Zuge einer stärkeren Digitalisierung – und die Ambulantisierung der Medizin vorangetrieben, lägen 2025 demgegenüber nur 21 % der Kliniken im roten Rating-Bereich und wiesen 48 % einen Jahresverlust auf.
Zusammenhänge. Auf Grundlage der vorliegenden Jahresabschlüsse von 2007 bis 2017