1. Ursprung der Mediativen Kommunikation
Dieses 1. Kapitel, das Sie gerade zu lesen beginnen, gibt Ihnen Einblick in ausgewählte, der Mediativen Kommunikation zugrunde liegende Ansätze zu Konflikt und Konfliktmanagement (1.1). Er soll einen Anknüpfungspunkt bilden an Ihre eigenen Erfahrungen und Kenntnisse zum Thema, die Sie mit großer Wahrscheinlichkeit bereits gewonnen haben. Mit diesem Einstieg lassen sich die weiteren Ausführungen zur Mediativen Kommunikation leichter betrachten. Im Anhang werden die angeschnittenen Themen durch Hinweise auf weiterführende Literatur ergänzt.
Im Grunde ist es unumgänglich, im Lauf seines Lebens ganze Berge an eigenem Material zum Thema anzusammeln. Verständlich wird dies, wenn man sich die genaue Bedeutung des WortesKonflikt vor Augen führt: Abgeleitet vom lateinischenconflictio heißt es u. a.Zusammenschlagen. Die Nähe zum Begriffconflictus (zu DeutschZusammenstoß, Kampf) weist auf das Synonym conflictatio, das nicht nur Kampf, sondern auchGedränge bezeichnet. Alles in allem legt dies nahe, dass eine Ansammlung von Menschen, und im weiteren Sinne ein Gedränge von menschlichen Ansinnen und allgemein Gedankengut, schon im wörtlichen Ansatz auf Konfliktstoff verweist. Im Rahmen dieses Buchs sind Sie offiziell eingeladen, das Ihnen bereits Bekannte und Vertraute wiederzuerkennen, zu vertiefen oder zu ergänzen und im Zusammenhang mit dem Thema Mediative Kommunikation neu zu überdenken.
Konflikte und Konfliktmanagement
Konflikte gibt es, seitdem es Menschen gibt. Wo zwei eigenständig denkende Köpfe, individuell fühlende Bäuche, sich verhaltende Personen sind, da gibt es eben Andersartigkeit, die bisweilen unvereinbar scheint. Konfliktmanagement ist also eine Aufgabe im sozialen Miteinander, die schon unsere Urahnen zu meistern hatten. Aus ihren unterschiedlichen gesellschaftlichen Strukturen heraus wurde eine gemeinsame Idee zum Konfliktumgang ermittelt, die je nach Kultur ihre konkrete Form und Anwendung fand. Über die Jahrhunderte hinweg entstanden in den verschiedenen Kulturkreisen diverse Verfahrensweisen zur Bearbeitung von Konflikten.
Je organisierter sich das Zusammenleben gesellschaftlich formierte, desto institutionalisierter gestaltete sich auch das Konfliktmanagement. Im sogenannten abendländischen Einzugsbereich wurden die uns heute geläufigen Rechtssysteme entwickelt: Gibt es einen Konflikt, der im alltäglichen Rahmen nicht gelöst werden kann, werden Entscheidungsinstanzen herangezogen. Diese bestimmen dann auf Grundlage allgemein gültig formulierter Gesetze, was zur Beilegung des Konflikts zu tun ist. Es bedarf einer gewissen Machtstellung, um derartige Verhaltensanweisungen und Sanktionen durchsetzen zu können. Solche Einrichtungen sind deshalb in der Regel hierarchisch (‚von oben nach unten‘) strukturiert.
Rechtssysteme bieten im Fall eines Konflikts eine grundlegende Orientierung im Dschungel von ‚Richtig und Falsch‘. Sie versuchen darüber hinaus, auch die allgemeinen Gerechtigkeitsvorstellungen zu normieren. Rechtssysteme bergen, um all dies leisten zu können, in ihrem Kern eine gewisse ‚Festigkeit‘. Diese gewährleistet zwar einerseits die notwendige Sicherheit, andererseits ermöglicht sie dabei oft ein geringes Maß an Flexibilität. Das heißt: Ein solches institutionalisiertes Konfliktmanagement ist nicht darauf ausgerichtet, sich an gesellschaftliche Entwicklungen anzupassen. Erst ein starker Veränderungsdruck von außen schafft die Notwendigkeit, vorhandene Ansätze neu zu überdenken.
Entwicklung der Mediation in den USA
Die 1960er-Jahre waren in den USA eine innovationsfördernde, spannungsgeladene Zeit: Vietnam-Proteste, Bürgerrechtsbewegung, Studentenunruhen und Diskussionen zur Neubestimmung der Geschlechterrollen. Impulse aus diesen Bewegungen, von Kulturanthropologen und diversen weiteren Wissenschaftlern ermöglichten d