: Michael Kröchert
: Autobahn Ein Jahr zwischen Mythos und Alptraum
: Tropen
: 9783608116076
: 1
: CHF 12.50
:
: Gesellschaft
: German
: 248
: Wasserzeichen
: PC/MAC/eReader/Tablet
: ePUB
Autoliebhaber und Autohasser. Blühende Landschaften und verlassene Ödnis. Rasende Fahrt und kilometerlanger Stau. Versprechen und Realität. Michael Kröchert erzählt von einem zerrissenem Land, in dem viel Verkehr herrscht, aber kaum jemand weiß, wohin die Reise gehen soll. Es ist tiefschwarze Nacht. Michael Kröchert steht neben einigen Aktivisten auf einer Balustrade in den Baumwipfeln. Nicht weit vor ihnen verläuft die A4. Sie haben sie mit Barrikaden blockiert. Auf einmal Blaulicht, Einsatzwagen direkt vor ihnen, Scheinwerfer, die in den dunklen Wald strahlen. Der Kampf um den Hambacher Forst geht in eine neue Runde. Die Anwohner der neuen Autobahn A94 nach München haben ihren Kampf indes verloren. Die Autobahn ist fertig, ein großer weißer Betonwurm zieht sich durch das ehemalige Landschaftsschutzgebiet. Eingeweiht ist sie noch nicht. Michael Kröchert ist einer der Ersten, der sie benutzt. Zu Fuß. Auf dem Weg zur Unfallstelle von Jörg Fauser, der unweit von hier nach einem Bordellbesuch von einem LKW erfasst wurde. Szenen eines Landes am Scheideweg, erzählt entlang der Autobahn: einst Versprechen auf Fortschritt, Bequemlichkeit und kurze Wege. Stattdessen: Stau. Verkehrstote. Lärmbelästigung. Umweltverschmutzung. Und doch: Wenn der Verkehr ruhig ist und die Sonne sich unter den Wolken hervorschiebt, die nassen Wiesen beleuchtet, kann man es manchmal noch spüren, das Gefühl von Freiheit. Stimmen zum Buch: »Michael Kröcherts 'Autobahn - Zwischen Mythos und Alptraum' ist auch ein guter Tipp für alle, die jetzt im Homeoffice sitzen als Pendler und ihre Heimstrecke vermissen.« Anne Willmes »Eine große Hommage ans Unterwegssein, genau das Richtige für eine Zeit, in der die Welt nur noch so groß ist wie die eigenen vier Wände.« Klaus Cäsar-Zehrer »Michael Kröchert ist ein Herumtreiber, ein Hellhöriger und ein Psychoanalytiker des Asphalts. Mit anderen Worten: Der geborene Chronist für die Autobahn.« Florian Werner

Michael Kröchert, geboren 1975 in Hildesheim, studierte Drehbuchschreiben an der Filmhochschule Konrad Wolf in Potsdam-Babelsberg. Ausgedehnte Reisen in den Mittleren Osten, durch Asien und Ozeanien. Fotografiert und schreibt für Berliner Kurier, Der Freitag, Zeit Online. Er lebt mit seiner Familie in Berlin.

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Einsatz mit der Autobahnpolizei


A10 / A2
Michendorf, Potsdam, Berlin, Raststätte Buckautal


Es war kalt und dunkel. Baustellenabsperrungen und provisorisch aufgestellte Schilder bildeten ein unübersichtliches Gewirr, große Sand- und Erdhügel versperrten den Blick. An ihren Rändern sammelte sich Müll. Der Wind fegte immer neuen dorthin. Niemand nahm ihn fort.

Ich parkte mein Auto vor dem flachen, winzig anmutenden Autobahnpolizeirevier. Es sah aus wie die Station eines Sheriffs irgendwo in der Prärie. Nichts deutete darauf hin, dass Berlins Zentrum nur vierzig Kilometer entfernt lag. Genauso wenig Anzeichen gab es dafür, dass Weihnachten war.

Auf mein Klingeln hin öffnete ein Polizist und verlangte meinen Ausweis. Er war unzufrieden damit, dass ich nur einen Reisepass vorzeigte. Aber davon, dass die Berliner Behörden es nicht hinbekamen, ihren Bürgern Termine zur Ausstellung eines Personalausweises zu geben, hatte er schon gehört. In der Regel lächelten Brandenburger, wenn man schlecht über Berlin sprach.

»Meldebestätigung haben Sie dabei?«

Er verschwand und ließ mich allein in dem hell erleuchteten, viereckigen Eingangsbereich zurück. Die beiden bodentiefen Fenster waren vergittert, und es gab keinen ein