: Birgit Schönau
: Gebrauchsanweisung für Rom
: Piper Verlag
: 9783492972840
: 1
: CHF 11.80
:
: Europa
: German
: 224
: Wasserzeichen
: PC/MAC/eReader/Tablet
: ePUB
Uralt und wunderschön: Rom ist die Stadt aller Städte und mit ihren antiken Ruinen, mittelalterlichen Kirchtürmen und barocken Palästen der gewaltigste Schatz unserer abendländischen Kultur - aber deshalb noch lange kein Museum. Rom lebt! Wie schon viele Deutschrömer vor ihr flaniert Birgit Schönau durch die größte Altstadt der Welt und frönt der hiesigen Passion für Brot und Spiele, dem Fußball und der Leidenschaft fürs Essen. Sie kurvt durch den ewig brüllenden Verkehr und berichtet von ihren Erlebnissen bei der Wohnungssuche. Rühmt die Freude der Römer am Philosophieren, führt uns ein in eine illustre Abendgesellschaft und zeigt uns die Seele Roms zwischen der Last der Geschichte, lässigem Heute und der Lust auf morgen.

Birgit Schönau, 1966 in Westfalen geboren, lebt seit 1992 mit ihrer italienischen Familie in Rom. Sie ist Buchautorin, Sportreporterin für die Süddeutsche Zeitung und Italienkorrespondentin für DIE ZEIT. Von ihr erschienen u.a. die Bände »Calcio! Die Italiener und ihr Fußball« sowie »Circus Italia. Aus dem Inneren der Unterhaltungsdemokratie«.

Vorwort


oder: Willkommen in der Welthauptstadt der Skeptiker

No nun te lasso mai
Roma capoccia der mondo infame

Antonello Venditti

Vor nicht allzu langer Zeit wurde ich von einem deutschen Radiosender interviewt. Die römische Stadtregierung war gerade zurückgetreten, bei dem Interview ging es um die Hintergründe, nämlich Korruption und Amtsmissbrauch. In ungefähr fünf Minuten sollte ich den Hörerinnen und Hörern also die politische Lage in der italienischen Kapitale erklären. Irgendwann unterbrach mich die Moderatorin und sagte: »Sie lieben Rom aber trotzdem.« Es klang weniger wie eine Frage als wie eine Feststellung, ja ein letztinstanzliches Urteil. Ich weiß gar nicht, was mich mehr verblüffte, das »trotzdem« oder das »lieben«. Und ziemlich kläglich warf ich ein, das würde ich dann doch lieber etwas vorsichtiger formulieren. Das war’s auch schon, es kam Musik. Erst später ging mir auf, dass man in Deutschland offenbar Rom nicht als eine normale Metropole betrachtet. Denn würde man angesichts eines Korruptionsskandals in Zürich oder Amsterdam einen Journalisten fragen, ob er die Stadt, in der er lebt und arbeitet, liebt? Und dann fiel mir noch ein, dass meine Entgegnung auf die seltsame Frage typisch römisch gewesen war. Öffentliche Liebeserklärungen für diesen Haufen alter Steine und kecker Kuppeln? Na, wir wollen hier aber bitte nicht peinlich werden. Wir Römer.

Wir hätten es nämlich im Prinzip immer gern eine Nummer kleiner. Weil wir dem Pathos und den Superlativen nicht trauen, die sich seit jeher über unsere Stadt ergießen, um ihre Schönheit zu beschreiben, ihre Grandezza, ihre Ewigkeit. Vielleicht, weil damit immer nur Rom gemeint ist, während sich für die Römer eigentlich niemand interessiert. Goethe war nicht der Erste und nicht der Letzte, der sich von Roms Kunstschätzen und den »unendlichen, obgleich überreichen Trümmern« seiner vieltausendjährigen Geschichte überwältigt zeigte, gleichzeitig jedoch aus seiner Geringschätzung für die Römer keinen Hehl machte. Er erwähnt sie in seinen römischen Tagebüchern nur am Rande, lieber verbreitet er sich über antike Statuen und Monumente. Heute existiert eine spezifisch deutsche Italienliteratur, in der es sich genau umgekehrt verhält, denn vor der großartigen Kulisse werden nun ausführlich die Italiener im Allgemeinen und die Römer im Besonderen als putzig-liebenswertes, melodramatisch-aufgeregtes Völkchen beschrieben, das zur Ernsthaftigkeit ebenso wenig fähig ist wie zur echten Tragödie. Als sei die Stadt losgelöst von ihren Menschen, als sei Rom nicht von den Römern geformt, sondern stehe gleichsam über ihnen. In dem »trotzdem«, das mir die Radiofrau hingeworfen hatte, klang genau das mit, die Unterscheidung zwischen der erhabenen Stadtlandschaft und den Niederungen ihres Alltagslebens. Wenn auch die Römer durch den Korruptionssumpf waten, Rom kann man dennoch lieben.

Diesen Unterschied gibt es natürlich nicht. Es existiert kein Rom ohne Römer, genauso wie es keine Römer ohne Rom gibt. Die Stadt un