: Markus Heintzen, Andreas Musil
: Das Steuerrecht des Gesundheitswesens Systematik und Praxis
: Springer-Verlag
: 9783540339465
: 1
: CHF 40.90
:
: Sonstiges
: German
: 177
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: PDF

Das Gesundheitswesen weist vielfältige rechtliche und wirtschaftliche Beziehungen zwischen Leistungserbringern, Patienten und Versicherungen auf. Diese Beziehungen haben unterschiedlichste steuerliche Folgen sowohl im Ertrag- als auch im Umsatzsteuerrecht. Die Vorschriften sind weit über die geltenden Steuergesetze verstreut und ihr Zusammenhang schwer verständlich. Das vorliegende Buch schafft hierbei systematische und praxisorientierte Abhilfe. Umfassend berücksichtigt es Rechtsprechung und Verwaltungsentscheidungen. Die Darstellung differenziert zwischen den verschiedenen Gruppen von Leistungserbringern, Versicherungen und Patienten.

4. Kapitel: Leistungserbringung in besonderen Konstellationen (S. 95-96)

A. Einleitung

Ärztliche Tätigkeit vollzieht sich nicht nur im Rahmen freiberuflicher ambulanter Tätigkeit einerseits und der Tätigkeit in einem Krankenhaus. Es gibt noch eine Reihe weiterer Konstellationen, in denenÄrzte Leistungen an Patienten erbringen. Diesen ist der folgende Abschnitt gewidmet. Es werden recht heterogene Erscheinungsformen behandelt. Zunächst geht es um Formenärztlicher Leistungserbringung, die im Zuge des jüngeren Gesundheitsreformprozesses neu neben die herkömmlichen Versorgungsformen getreten sind. Konkret geht es um die Medizinischen Versorgungszentren einerseits und um die Integrierte Versorgung andererseits. Daneben findet sichärztliche Versorgung auch noch in einigen besonderen Sektoren, die von den bisherigen Ausführungen noch nicht vollständig abgedeckt wurden. Die Rede ist zunächst vomöffentlichen Gesundheitsdienst. Außerdem werden der Rettungsdienst sowie der Krankentransport behandelt, soweit diese Tätigkeiten besondere steuerliche Probleme aufwerfen.

B. Medizinische Versorgungszentren

I. Rechtliche Grundlagen, Strukturen und Organisationsformen


Durch das Gesetz zur Modernisierung der gesetzlichen Krankenversicherung (GMG) vom 14.11.20031 wurde ab dem 1.1.2004 die Möglichkeit geschaffen, Medizinische Versorgungszentren (MVZ) einzurichten. Es handelt sich um eine neue Organisationsform für die ambulanteärztliche Versorgung, die in ihren Grundstrukturen an die Polikliniken angelehnt ist, wie sie aus der DDR bekannt waren. Durch die Schaffung der MVZ soll den Leistungserbringern eine neue Möglichkeit der Kooperation geboten werden, die auchüber fachliche Grenzen hinausreichen kann.

Die möglichen Synergieeffekte sollen zu Kosteneinsparungen führen. Die mit MVZ verbundenen rechtlichen, insbesondere gesellschaftsrechtlichen Zweifelsfragen werden im Folgenden nur behandelt, soweit dies für die Darstellung der steuerrechtlichen Probleme unbedingt erforderlich ist. Nach der in§ 95 Abs. 1 S. 2 SGB V enthaltenen Legaldefinition sind Medizinische Versorgungszentren fachübergreifendeärztlich geleitete Einrichtungen, in denenÄrzte, die in das Arztregister eingetragen sind, als Angestellte oder Vertragsärzte tätig sind.

Die Medizinischen Versorgungszentren können sich aller zulässiger Organisationsformen bedienen, sie können von den Leistungserbringern, die aufgrund von Zulassung, Ermächtigung oder Vertrag an der medizinischen Versorgung der Versicherten teilnehmen, gegründet werden. Die Gründung eines MVZ ist im Wesentlichen in zwei Grundformen denkbar. Es ist zum einen möglich, dass sich verschiedeneÄrzte zu einem MVZ zusammenschließen und dabei ihre gesamte Einzelpraxis inklusive der Vertragsarztzulassungübertragen. Sie werden dann als angestellteÄrzte tätig, die gesamte Abrechnung wirdüber das MVZ abgewickelt. Zum zweiten können sichÄrzte aber auch unter Erhaltung ihrer Vertragsarztstellung in einem MVZ zusammenschließen. Das MVZ besteht dann aus freiberuflich tätigenÄrzten, kann aber zusätzlich auch angestellteÄrzte beschäftigen.

Besondere Probleme– insbesondere auch steuerlicher Art– stellen sich, wenn auch nichtärztliche Leistungserbringer in das Versorgungszentrum einbezogen werden. Was die möglichen Organisationsformen Medizinischer Versorgungszentren angeht, so bestehen noch einige Unklarheiten.§ 95 Abs. 1 S. 3 SGB V sagt ausdrücklich, dass alle zulässigen Formen gewählt werden dürfen. Der Gesetzgeber ging dabei davon aus, dass weitgehende Formenwahlfreiheit bestehe4. Insbesondere sollte nach seiner Vorstellung auch die MVZ-GmbH zulässig sein. Dies ist allerdings deshalb nicht zweifelsfrei, weil manche Länder in ihren Berufsordnungen den Zusammenschluss vonÄrzten in Form einer Kapitalgesellschaft ausschließen.

Der Bund hat auch nicht etwa durch die Formulierung in§ 95 Abs. 1 S. 3 SGB V die entsprechenden landesrechtlichen Regelungen außer Kraft gesetzt, weil den Ländern die Regelung desärztlichen Standesrechts zukommt. Allerdings ist es wohl nur noch eine Frage der Zeit, bis die Gründung von MVZ in Form der Kapitalgesellschaftüberall möglich ist.Ähnliches gilt auch für die Personengesellschaft. War früher allgemein anerkannt, dass freie Berufe nicht in Form der Personenhandelsgesellschaft ausgeübt werden könnten, wird nach der Handelsrechtsreform nun auch das Gegenteil vertreten. Uneingeschränkt zulässig ist ein Zusammenschluss in Form der BGB-Gesellschaft. Die Gründung einer Partnerschaft ist hingegen nur zulässig, wenn ausschließlich Angehörige freier Berufe beteiligt sind.

Vorwort5
Inhaltsverzeichnis7
Einleitung14
1. Kapitel: Die Besteuerung der Ärzte18
A. Ertragsteuerrecht18
I. Systematik18
II. Ärztliche Tätigkeit20
1. Humanmediziner in Einzelpraxis21
2. Zahnärzte, Tierärzte24
3. Gemeinschaftliche ärztliche Tätigkeit25
III. Einkünfte28
IV. Berufstypische Steuerfragen nach EStG29
1. Einkünfteermittlung29
2. Abzugstatbestände im Rahmen des objektiven Nettoprinzips29
3. Praxisveräußerung32
V. Die Grenze zur Gewerbesteuer32
B. Umsatzsteuerrecht33
I. Problemsystematisierende Einführung33
II. § 4 Nr. 14 UStG36
1. Grundsätzliche Fragen36
2. Die Voraussetzungen der Umsatzsteuerbefreiung38
III. § 4 Nr. 16 UStG41
C. Steuerverfahrensrecht42
D. Sonstige Steuernormen43
I. Steuerstrafrecht43
II. Internationales Steuerrecht43
E. Systematische Bewertung44
2. Kapitel: Die Besteuerung der Krankenhäuser46
A. Einleitung46
B. Der Begriff des Krankenhauses47
C. Träger und Rechtsformen des Krankenhausbetriebs48
D. Fragen des Gemeinnützigkeitsrechts50
I. Allgemeines50
II. Regelungskonzept und europäisches Gemeinschaftsrecht51
1. Die Ausgangslage51
2. Das Urteil in der Rechtssache Stauffer51
3. Folgerungen für das deutsche Gemeinnützigkeitsrecht52
4. Bedeutung für das Gesundheitswesen53
III. Anforderungen an den Krankenhausträger54
1. Körperschaft54
2. Gemeinnütziger Zweck54
3. Selbstlosigkeit55
4. Ausschließlichkeit57
5. Unmittelbarkeit58
6. Formale Erfordernisse59
IV. Anforderungen an den Krankenhausbetrieb59
1. Allgemeine Anforderungen59
2. Wirtschaftliche Geschäftsbetriebe im Krankenhaus61
3. Ausgliederung wirtschaftlicher Geschäftsbetriebe62
V. Sonderprobleme bei Holdingstrukturen63
1. Die Problemstellung63
2. Gestaltungsmöglichkeiten64
E. Körperschaftsteuer67
I. Allgemeines67
II. Körperschaftsteuerpflicht und Befreiungen67
1. Steuerpflicht bei Krankenhäusern frei-gemeinnütziger Träger67
2. Steuerpflicht bei Krankenhäusern sonstiger privater Träger69
3. Steuerpflicht bei Krankenhäusern öffentlich-rechtlicher Träger69
III. Fragen der Gewinnermittlung bei Krankenhäusern71
1. Buchführungspflicht und Einkünftequalifikation71
2. Subjekt der Gewinnermittlung73
F. Gewerbesteuer74
I. Allgemeines74
II. Gewerbesteuerpflicht74
1. Krankenhäuser frei-gemeinnütziger Träger74
2. Krankenhäuser sonstiger privater Träger76
3. Krankenhäuser in öffentlich-rechtlicher Trägerschaft76
III. Steuerbefreiungen77
1. Steuerbefreiung nach § 3 Nr. 6 GewStG77
2. Steuerbefreiung nach § 3 Nr. 20 a) GewStG77
3. Steuerbefreiung nach § 3 Nr. 20 b) GewStG77
G. Umsatzsteuer78