: Sue Lynn Tan
: Die Tochter der Mondgöttin 1: Die Tochter der Mondgöttin High Fantasy nach einem asiatischen Märchen!
: Carlsen Verlag GmbH
: 9783646938074
: Die Tochter der Mondgöttin
: 1
: CHF 11.80
:
: Jugendbücher ab 12 Jahre
: German
: 512
: Wasserzeichen
: PC/MAC/eReader/Tablet
: ePUB
Eine junge Frau mit einem Geheimnis. Ein unsterblicher und feuriger Prinz. Als er ihre wahre Identität entdeckt, gibt es kein Zurück mehr.  Xingyin, die Tochter der Mondgöttin, lebt allein mit ihrer Mutter auf dem Mond. Sie ahnt nicht, dass sie dort zum eigenen Schutz vor dem Himmlischen Kaiser versteckt wird, der einst ihre Mutter dorthin verbannte. Doch als Xingyins magischen Kräfte erwachen, ist sie gezwungen, ihre Mutter zurückzulassen. Eines Tages, so schwört sich die Tochter der Mondgöttin auf ihrer Flucht, will sie ihre Mutter retten - koste es, was es wolle. Ihr Weg führt Xingyin ins Himmlische Königreich. Unter einer falschen Identität lernt sie den anziehenden Kronprinzen Liwei kennen, mit dem sie gemeinsam im Schwertkampf und in der Zauberkunst ausgebildet wird. Liwei weckt eine Leidenschaft in ihr, die sie nie für möglich gehalten hätte - und ebnet gleichzeitig einen riskanten Weg, der das Verderben des gesamten Reiches zur Folge haben könnte.  Eine Dilogie, inspiriert von der Legende der chinesischen Mondgöttin: Epische High-Fantasy aus der Feder von New-York-Times-Bestseller-Aut rin Sue Lynn Tan. »Von der ersten bis zur letzten Seite episch, romantisch und fesselnd. Ich liebe dieses Buch.« Stephanie Garber, New-York-Times-Bestseller-Aut rin, Caraval  »So eine großartige Geschichte, ich warte sehnsüchtig auf Band 2!« Leser*innenstimme Slow Burn Romance mit Mulan Vibes und einer Dreiecksbeziehung: Dieses packende Debüt aus den USA prickelt bis zur letzten Seite.

Sue Lynn Tan, deren Fantasyromane von den Legenden inspiriert sind, die sie selbst als Kind begeistert haben, ist in Malaysia geboren. Sie hat in London und Frankreich studiert und lebt inzwischen mit ihrer Familie in Hong Kong. Wenn sie nicht schreibt oder liest, streift sie gern durch die Natur, besucht Tempel oder erkundet unbekannte Stadtteile. Sie liebt Bubble Tea und scharfes Essen.

Um meine Mutter ranken sich zahlreiche Legenden. Manchen zufolge hat sie ihren Ehemann, einen großen sterblichen Krieger, hintergangen und ihm das Elixier der Unsterblichkeit gestohlen, um Göttin zu werden. Andere stellen sie als unschuldiges Opfer dar und behaupten, sie habe das Elixier nur getrunken, damit es nicht Räubern in die Hände fällt. Welche Geschichte man auch glaubt, fest steht, dass meine Mutter, Chang’e, unsterblich wurde. Und ich mit ihr.

Ich erinnere mich noch gut an die Stille, die bei uns zu Hause herrschte. Außer mir, einer treuen Dienerin namens Ping’er und meiner Mutter lebte niemand auf dem Mond. Wir wohnten in einem Palast aus glänzendem weißen Stein mit Säulen aus Perlmutt und einem geschwungenen Dach aus reinem Silber. Die riesigen Zimmer waren bestückt mit Möbeln aus Zimtholz, deren würziger Duft die Luft erfüllte. Außen um den Palast erstreckte sich ein Wald aus duftenden Osmanthus-Bäumen, mitten darin ein einzelner Lorbeerbaum, dessen Früchte ein ätherisches Leuchten verbreiteten. Doch weder der Wind noch die Vögel, ja nicht einmal meine eigenen Hände vermochten sie zu pflücken, denn sie saßen so fest an den Zweigen wie die Sterne am Himmel.

Meine Mutter war zärtlich und liebevoll, gleichzeitig aber etwas unnahbar, ganz so als würde sie mit einem großen Schmerz leben, der ihr Herz betäubte. Nacht für Nacht, nachdem sie die Laternen entzündet hatte, die den Mond erstrahlen lassen, stand sie auf dem Balkon und blickte hinab auf die Welt der Sterblichen. Manchmal, wenn ich kurz vor der Morgendämmerung erwachte, fand ich sie noch so vor, mit von Erinnerungen verhangenem Blick. Weil ich ihr trauriges Gesicht nicht ertragen konnte, schlang ich die Arme um sie, wobei mein Kopf ihr nur bis zur Hüfte reichte. Meine Berührung ließ sie zusammenzucken, als hätte ich sie aus einem Traum geweckt, doch dann strich sie mir übers Haar und brachte mich zurück in mein Zimmer. Ihr Schweigen versetzte mir einen Stich, und ich bekam Angst, sie verärgert zu haben, obwohl sie nur selten die Beherrschung verlor. Ping’er erklärte mir später, dass Mutter in solchen Momenten nicht gestört werden wollte.

»Warum?«, wollte ich wissen.

»Deine Mutter hat einen schweren Verlust erlitten.« Ping’er hob die Hand, um meine nächste Frage abzuwehren. »Es steht mir nicht zu, dir mehr zu sagen.«

Die Traurigkeit meiner Mutter schmerzte mich. »Das ist Jahre her. Wird es Mutter je besser gehen?«

Ping’er schwieg kurz. »Manche Narben sind tief, sie reichen bis auf unsere Knochen – sie sind ein Teil von uns, sie formen uns.« Als sie bemerkte, wie niedergeschlagen ich war, nahm sie mich in die Arme. »Aber deine Mutter ist stärker, als du denkst, kleiner Stern. Genau wie du.«

Trotz dieser vorüberziehenden Schatten war ich glücklich. Und doch war da ein quälendes Gefühl, dass unserem Leben etwas fehlte. War ich einsam? Vielleicht. Allerdings hatte ich kaum Zeit, mich deswegen zu grämen. Jeden Morgen unterrichtete Mutter mich in Lesen und Schreiben. Ich bearbeitete die Stangentusche so lange mit dem Reibstein, bis sich eine glänzende schwarze Paste gebildet hatte, und dann zeigte Mutter mir mit fließenden Pinselstrichen, wie die Schriftzeichen gebildet wurden.

Obwohl ich diese Stunden mit ihr genoss, mochte ich Ping’ers Unterricht noch lieber. Im Zeichnen war ich zwar lediglich passabel und im Sticken erbärmlich, doch das spielte keine Rolle. Es war die Musik, die es mir angetan hatte. Etwas an der Art und Weise, wie Melodien sich entfalteten, weckte Gefühle in mir, die ich noch nicht begreifen konnte, egal ob ich die Noten auf Saiten zupfte oder mit den Lippen formte. Da es keine Spielgefährtinnen gab, die um meine Zeit buhlten, beherrschte ich schon bald die Flöte und die Qin – die siebensaitige Zither – und spielte bereits nach wenigen Jahren besser als Ping’er. Zu meinem fünfzehnten Geburtstag bekam ich von Mutter eine kleine weiße Jadeflöte, die ich stets in einem Seidenbeutel um die Hüfte trug. Sie war mein liebstes Instrument. Ihr Klang war so rein, dass sogar die Vögel zum Mond hinaufflogen, um mir zu lauschen – obwohl ein kleiner Teil von mir überzeugt war, dass sie auch kamen, um Mutter zu bewundern.

Manchmal ertappte ich auch mich dabei, wie ich sie a