: Boudewijn Chabot, Christian Walther
: Ausweg am Lebensende Sterbefasten - Selbstbestimmtes Sterben durch Verzicht auf Essen und Trinken
: Ernst Reinhardt Verlag
: 9783497614653
: 6
: CHF 22.00
:
: Pflege
: German
: 226
: DRM
: PC/MAC/eReader/Tablet
: ePUB
Bereits in 6. Auflage! Wenn für todkranke Menschen der Segen der Apparatemedizin zum leidensverlängernden Fluch wird und sie sich wünschen zu sterben, gibt es einen Ausweg: das Sterbefasten, den freiwilligen Verzicht auf Nahrung und Flüssigkeit. Die Autoren klären umfassend über medizinische Aspekte des Sterbefastens auf und informieren, was man rechtlich für diese Entscheidung beachten muss. Im Mittelpunkt steht der Patient, der würdig aus dem Leben scheiden möchte, und die Angehörigen, Pflegenden und Ärzte, die ihn auf dem schwierigen Weg des Sterbefastens begleiten.

Dr. med. Boudewijn Chabot, PhD, Haarlem, Niederlande, Psychiater und Sozialwissenschaftler. Dr. rer. nat. Christian Walther, Neurobiologe i. R., arbeitete am Physiologischen Institut, Universität Marburg. Interview mit Dr. Christian Walther zum Thema<a href="http://www.reinhar t-verlag.de/de/interview_walt er/">Sterbehilfe und Sterbefasten

1Vier Personen, die durch Sterbefasten den Tod ­vorzeitig herbeiführten

Boudewijn Chabot

1.1Vorbemerkungen

Im Jahr 2018 starben laut Statistischem Bundesamt 4416 Menschen, die 60 Jahre oder älter waren, durch Suizid. 1535 von ­ihnen waren mindestens 80 Jahre alt. Diese Suizide werden oft als „­Alterssuizide“ bezeichnet. Zu misslungenen Suizidversuchen gibt es keine Zahlen, woraus jedoch nicht gefolgert werden darf, dass sie seltener sind als die „gelungenen“ (DeLeo et al. 2006). Hinter diesen Zahlen verbergen sich traurige Schicksale, über die auch immer wieder öffentlich geklagt wird. Diese Klage wird meist verbunden mit der Forderung, „die Gesellschaft“ müsse mehr tun für Menschen, die im hohen Alter so verzweifelt sind, dass sich manche von ihnen sogar das Leben nehmen wollen. Im gleichen Atemzug wird häufig gegen Beihilfe zum Suizid polemisiert, so als sei es deren Anliegen, die Gesellschaft aus ihrer Pflicht für die alten und schwer leidenden Menschen zu entlassen (z. B.Fittkau 2006).

Hinter dem, was heute amtlich „Suizid“ heißt und z. B. vom Deutschen Ethikrat als Selbsttötung bezeichnet wird, stehen sehr verschiedene Tathergänge, die von grässlichen, meist einsam begangenen Akten bis zu einem friedlichen Einschlafen im Kreise von Verwandten und Freunden reichen. Ebenso vielfältig sind die Situationen, aus denen heraus sich der Wunsch nach Selbst­tötung entwickelt: Es gibt durchaus die Möglichkeit, dass Lebensumstände, die einen alten Menschen zur Verzweiflung und zum Aufgeben treiben, erkannt und so erfolgreich geändert werden, dass dieser dann doch noch eine Zeit lang mit Freude und Gelassenheit weiterleben kann. Jeder, der aufgrund einer unmittelbaren oder aber auch weniger direkten Betreuungssituation Verantwortung für das Wohl eines alten Menschen trägt, muss sich stets aufs Neue fragen, ob es zu Versäumnissen gekommen ist oder ob sich bedenkliche Entwicklungen absehen lassen, die präventives Handeln erforderlich machen.

Sofern ein Arzt das Vertrauen des Sterbewilligen besitzt, kommt ihm sicher eine besondere Rolle für dessen Beratung und die Beurteilung seines Willens zu. Es gibt darüber hinaus ein „Netzwerk“ von Anlaufstellen, Vereinen, Wissenschaftlern u. a., die sich Suizid-Prävention zur Aufgabe gemacht haben (Deutsche Gesellschaft für Suizidprävention, DGS; Nationales Suizidpräventionsprogramm,www.naspro.de).

Man kann aber wahrscheinlich nicht davon ausgehen, dass man von den zahlreichen Anlaufstellen für die hier von uns betrachtete Fallgruppe der ­älteren Menschen immer eine wirklich hilf­reiche Beratung erhalten kann.1 Ein Hauptproblem bei älteren Menschen, die sich mit Suizid-Gedanken tragen, dürfte darin bestehen, dass sie selber sich meist gar nicht an irgendeine helfende Instanz wendenmöchten. Insofern ist es vor allem für ihre Angehörigen und Freunde von Interesse, solche Angebote zu kennen. Dafür kann man sich an einen Psychotherapeuten wenden, insbesondere ­einenpsychologischen Psychotherapeuten mit längerer Berufserfahr