Geleitwort
von Jeremy Holmes
Als 1988A Secure Base erschien, stand John Bowlby in seinem 81sten Lebensjahr. Obwohl er erstaunlicherweise danach noch ein Buch veröffentlichte – die Darwin-Biografie – war dieses Werk sein letzter Beitrag zur Bindungstheorie, einer Disziplin, die er mit Mary Ainsworth’ Hilfe ein halbes Jahrhundert zuvor gegründet hatte.A Secure Base wirkt deshalb wie ein Vermächtnis, wie die Summe eines Lebenswerks, gleicht aber auch einem Tribut, einer Gabe an interessierte Personen der nächsten Generation, die sich theoretisch oder praktisch mit der Bindungstheorie auseinander setzen.
So kommt es, dass dieses Buch alle bekannten Bowlby-Themen enthält – sämtliche theoretischen, ethologischen, methodologischen, praktisch-klinischen und politischen Aussagen. Er bekräftigt hier noch einmal die konzeptuellen Grundannahmen seiner Theorien: das Primat eines geglückten Bindungsverhaltens und dessen Rolle als Schutz vor Trennung und Verlust, den hohen Stellenwert einer einfühlsamen Betreuung als Basis für psychische Gesundheit sowie die über den ganzen Lebenszyklus hinweg anhaltende Bedeutung sicherer Bindungen. Kraftvoll vertritt er die Ansicht, dass es die realen Nöte des Lebens sind – emotionale Deprivation, ungelöste Trauer, Zurückweisung, Verwirrung, Vernachlässigung, körperlicher und sexueller Missbrauch – die psychische Störungen auslösen, keineswegs angeblich innerpsychische Zustände, wie der „Todestrieb“.
Was die Methodologie angeht, so betonte er die Wichtigkeit systematischer wissenschaftlicher Beobachtung von Kindern und Eltern; spekulativen, von der Couch aus vorgenommenen Rekonstruktionen erteilte er eine Absage. Praktisch-klinisch betrachtet Bowlby die Therapeutin oder den Therapeuten als eine Person, die ihrem Klientel eine sichere Basis vermittelt, ein Sprungbrett, von dem aus Patientinnen und Patienten anfangen können, einen frei fließenden Diskurs der Emotionen zu entwickeln, der das Kennzeichen sicher gebundener Menschen ist.
Schließlich ist da noch die bildhaft formulierte Grundlage seiner Sozialphilosophie, welche den Kern seines Werks ausmacht: „Von dieser in vielen Kulturen noch immer wie selbstverständlich praktizierten Form der Kinderbetreuung rücken paradoxerweise gerade die reichsten Gesellschaften ab, weil in unserer kommerziellen Zeit materielle ‚Produktivität‘ ungleich me