Bernd Saal
Es gibt böse Geschichten. Da werden Verdächtigungen ausgesprochen, die keinen Funken Wahrheit enthalten. Da wird hinter dem Rücken Schlechtes über einen Menschen geredet. Die bösen Worte eilen von Mensch zu Mensch, stets kommt etwas hinzu, aber niemand hat den Mut zu sagen: »Halt! Wir wollen gut über unsere Mitmenschen reden. Wir wollen uns das Leben nicht noch schwerer machen, als es ohnehin ist.«
Doch einmal war alles anders.
Er erwachte ganz früh morgens. Noch im Halbschlaf glaubte er eine Stimme zu hören, die ihm sagte. »Die Welt ist freundlich. Lebe auch Du freundlich.« Dieser Satz begleitete ihn den ganzen Tag.
Als er durch die Stadt ging, schienen die Menschen diesen Satz zu rufen. Die Verkäufer lächelten ihn an. Die Menschen grüßten ihn verwundert, aber höflich. Jedes Gespräch, das er führte oder dem er lauschte, schien ihm zu sagen: »Die Welt ist freundlich. Lebe auch Du freundlich.«
Er dachte darüber nach, ob er wohl am Vorabend zu viel getrunken hatte, aber das konnte es eigentlich nicht gewesen sein. Er hatte nur Tee getrunken – mit einem kleinen Schuss Rum, das musste er zugeben. Doch das konnte seinen Zustand nicht erklären. Er fühlte sich auch nicht überarbeitet, obwohl die vergangenen Wochen sehr schwer für ihn gewesen waren. Nein, er fand einfach keinen Grund dafür, warum ihm jetzt alles zuzulächeln schien. Als er die tiefen Töne der Kirchenglocken hörte, ging er in den großen stillen Raum, setzte sich auf eine Bank und kam zur Ruhe. Vorn, neben dem Altar, stand eine große Krippe. Er konnte die heiligen drei Könige sehen. Sie sahen richtig schmuck aus in ihren feinen Gewändern und mit ihrer hoheitsvollen Haltung. Er kannte ihre Geschichte.
Eigentlich waren es Sterndeuter, aus denen die Überlieferung im Laufe der Jahrhunderte drei Könige gemacht hatte. Doch, ob Sterndeuter oder König, ob drei oder mehr – diese Männer waren mit ihren Gaben einem Stern gefolgt. Sie waren aufgebrochen, als es Zeit war und suchten ihren König, dem sie ihre Gaben darboten. Gold, Weihrauch und Myrrhe.
<