: Max Weber
: Die Wirtschaftsethik der Weltreligionen: Konfuzianismus und Taoismus + Hinduismus und Buddhismus + Das antike Judentum + Die Pharisäer
: e-artnow
: 9788026817956
: 1
: CHF 1.60
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: Praktische Theologie
: German
: 840
: kein Kopierschutz
: PC/MAC/eReader/Tablet
: ePUB
ieses eBook: 'Die Wirtschaftsethik der Weltreligionen: Konfuzianismus und Taoismus + Hinduismus und Buddhismus + Das antike Judentum + Die Pharisäer' ist mit einem detaillierten und dynamischen Inhaltsverzeichnis versehen und wurde sorgfältig korrekturgelesen. Max Weber (1864-1920) war ein deutscher Soziologe, Jurist und Nationalökonom. Er gilt als einer der Klassiker der Soziologie sowie der gesamten Kultur- und Sozialwissenschaften. Global wird Webers Werk übergreifend von verschiedenen politischen und wissenschaftstheoretischen Lagern anerkannt. Er nahm mit seinen Theorien und Begriffsdefinitionen großen Einfluss auf die Wirtschafts-, die Herrschafts- und die Religionssoziologie sowie auf weitere spezielle Soziologien. Außerdem ist das Prinzip der Wertneutralität auf ihn zurückzuführen. Er wird neben Émile Durkheim als Begründer der Religionssoziologie betrachtet. Inhalt: Konfuzianismus und Taoismus Soziologische Grundlagen: Stadt, Fürst und Gott Soziologische Grundlagen: Feudaler und präbendaler Staat Soziologische Grundlagen. Verwaltung und Agrarverfassung Soziologische Grundlagen: Selbstverwaltung, Recht und Kapitalismus Der Literatenstand Die konfuzianische Lebensorientierung Orthodoxie und Heterodoxie (Taoismus) Resultat: Konfuzianismus und Puritanismus Theorie der Stufen und Richtungen religiöser Weltablehnung Hinduismus und Buddhismus Das hinduistische soziale System Die orthodoxen und heterodoxen Heilslehren der indischen Intellektuellen Die asiatische Sekten- und Heilandsreligiosität Das antike Judentum Die israelitische Eidgenossenschaft und Jahwe Die Entstehung des jüdischen Pariavolkes Die Pharisäer

I. Soziologische Grundlagen: A. Stadt, Fürst und Gott.


I.

China war, in scharfem Gegensatz zu Japan, schon seit einer für uns vorhistorischen Zeit ein Land der großen ummauertenStädte. Nur Städte hatten einen kanonisierten Ortspatron mit Kult. Der Fürst war vornehmlich Stadtherr. Die Bezeichnung für»Staat« blieb in offiziellen Dokumenten auch der großen Teilstaaten:»Eure Hauptstadt« bzw.»Meine bescheidene Stadt«. Noch im letzten Drittel des 19. Jahrhunderts wurde die endgültige Unterwerfung der Miao (1872) durch einen zwangsweisen Synoikismos, eine Zusammensiedlung in Städte, besiegelt, ganz wie im römischen Altertum bis gegen das 3. Jahrhundert. Im Effekt kam vor allem die Steuerpolitik der chinesischen Verwaltung auf eine sehr starke Begünstigung der Stadtinsassen auf Kosten des platten Landes hinaus2. Ebenso war China von jeher die Stätte eines für die Bedarfsdeckung großer Gebiete unentbehrlichen Binnenhandels. Dennoch aber war, entsprechend derüberragenden Bedeutung der agrarischen Produktion, bis in die Neuzeit hinein die Geldwirtschaft schwerlich je so entwickelt wie etwa im ptolemäischen Aegypten. Dafür ist schon das– allerdings teilweise nur als Verfallsprodukt zu verstehende– Geldsystem mit seinem fortwährend zeitlich undüberdies von Ort zu Ort wechselnden Kursverhältnis des Kupferkurants zum Barrensilber– dessen Stempelung in den Händen der Gilden lag–, Beweis genug3.

Das chinesische Geldwesen4 bewahrt Zügeäußerster Archaistik in Verbindung mit scheinbar modernen Bestandteilen. Das Zeichen für»Reichtum« bewahrt noch jetzt die alte Bedeutung»Muschel« (pei). Es scheint, daß noch 1578 Muschelgeldtribute aus Yünnan (einer Minenprovinz!) vorkamen. Für»Münzen« findet sich ein Zeichen, welches»Schildkrötenschale« bedeutet5,»Pu pe«:»Seidengeld«, soll unter den Tschou existiert haben und die Leistung von Seide als Steuer hat sich in den verschiedensten Jahrhunderten gefunden. Perlen, Edelsteine, Zinn werden daneben als alte Träger von Geldfunktion genannt und noch der Usurpator Wang Mang (seit 7 n. Chr.) versuchte– vergeblich– eine Geldskala herzustellen, in welcher neben Gold, Silber, Kupfer auch Schildkrötenschalen und Muscheln als Zahlmittel fungierten, während umgekehrt der rationalistische Einiger des Reiches, Schi Hoang Ti, nur»runde« Münzen, aber– nach einer freilich nicht sehr verläßlichen Angabe– außer Kupfer- auch Goldmünzen (Y und Tsien) hatte schlagen lassen, alle andern Tausch- und Zahlmittel aber– vergeblich– verboten hatte. Silber scheint als Münzmetall erst spät (unter Wu-ti, Ende 2. Jahrhunderts vor Chr.)überhaupt aufzutreten, als Steuer (der Südprovinzen) erst 1035. Zweifellos zunächst aus technischen Gründen. Das Gold war Waschgold, die Kupfergewinnung ursprünglich technisch relativ leicht, Silber dagegen nur durch eigentlichen Bergbau zu gewinnen. Sowohl die Bergbautechnik aber als die Münztechnik der Chinesen ist auf ganz primitiver Stufe stehen geblieben. Die angeblich seit dem 12., wahrscheinlich seit dem 9. Jahrhundert vor Chr. geschaffenen Münzen– erst seit etwa 200 vor Chr. mit Schriftzeichen versehen– wurden gegossen, nicht geprägt. Sie waren daher sehr leicht nachahmbar und an Gehalt sehr verschieden– noch weit verschiedener als, bis zum 17. Jahrhundert, die europäischen Münzen (fast 10% bei englischen Kronen). 18 Stücke der gleichen Emission des 11. Jahrhunderts schwankten nach Biots Wägung zwischen 2,70 und 4,08 g, 6 Stücke der Emission von 620 nach Chr. gar zwischen 2,50 und 4,39 g Kupfer. Schon deshalb allein waren sie kein eindeutig brauchbarer Standard für den Verkehr. Die Goldvorräte wurden wesentlich durch Tatarenbeutegold plötzlich vermehrt, um schnell wieder zu sinken. Gold und Silber wurden daher früh sehr selten,– das Silber, trotzdem die Bergwerke an sich, bei entsprechender Technik, abbauwürdig geblieben wären6. Kupfer blieb das Kurantgeld des Alltagsverkehrs. Der weit größere Edelmetallumlauf des Okzidents war den Annalisten insbesondere der Han-Zeit sehr wohl bekannt. Die großen, aus den Naturaltributen gespeisten Seidenkarawanen (jährlich eine große Zahl) brachten zwar okzidentales Gold in das Land. (Römische Münzen werden gefunden.) Doch das hörte mit dem Ende des Römerreichs auf und erst die Zeit des Mongolenreichs brachte wieder Besserung.

Die Wendung brachte erst der Verkehr mit den Abendländern in der Zeit nach der Eröffnung der mexikanisch-peruanischen Silberminen, von deren Ertrag ein erheblicher Teil als Gegenwert gegen Seide, Porzellan, Tee nach China floß. Die Silberentwertung im Verhältnis zu Gold (1368 = 4: 1, 1574 = 8: 1, 1635 = 10: 1, 1737 = 20: 1, 1840 = 18: 1, 1850 = 14: 1, 1882 = 18: 1) hinderte nicht, daß die infolge des zunehmenden geldwirtschaftlichen Silberbedarfs steigende Schätzung des Silbers das Kupfer im Preis gegen Silber sinken ließ. Wie die Bergwerke, so war auch die Münzschaffung Regal der politischen Macht: schon unter den 9 halblegendären Behörden des Tschou-li findet sich der Münzmeister. Die Bergwerke wurden teils in Eigenregie mit Fronden7, teils durch Private, aber unter Ankaufsmonopol der Regierung für die Ausbeute, betrieben8; die hohen Transportkosten des Kupfers zur Münze in Peking– welche den Ueberschußüber den Staatsmünzbedarf verkaufte– verteuerten die Münzherstellung beträchtlich. Diese Kosten waren auch an sich gewaltig. Im 8. Jahrhundert (752 nach Ma-tuan-lin) produzierten 99 damals existierende Münzstätten angeblich jede jährlich 3300 Min (à 1000 Stück) Kupfermünzen. Jede bedurfte dazu 30 Arbeiter und verwendete 21200 Kin (à 550 g) Kupfer, 3700 Blei, 500 Zinn. Der Kostenaufwand betrug auf 1000 Stück davon 750, also: 75%. Dazu trat der exorbitante Münzgewinn, welchen die (monopolisierte) Münze beanspruchte9: nominell 25%, welcher allein schon den unausgesetzt durch alle Jahrhunderte laufenden Kampf gegen dieüberaus gewinnbringende Nachprägung hoffnungslos machte. Die Bergwerksdistrikte waren von feindlicher Invasion bedroht. Nicht selten kaufte die Regierung Kupfer für Münzzwecke vom Ausland (Japan) oder konfiszierte private Kupfervorräte, um den hohen Prä