1. KAPITEL
Diese Nacht sollte Dr. Mia McKenzie ihr Leben lang nicht vergessen.
Vollmondnächte bescherten der Notaufnahme noch mehr Hektik, noch mehr Chaos, und an diesem klirrend kalten Samstag war es nicht anders. Der Mond streute silbriges Licht wie Feenstaub auf die weltberühmte Hafenbucht von Sydney, und der Blick aus den Fenstern des Sydney Harbour Hospitals zeigte ein friedliches Bild.
Hinter den Wänden der Notaufnahme jedoch war der Teufel los!
„Ich hätte Hautärztin werden sollen“, empörte sich Mia, als sie den Schockraum verließ und die obszönen Flüche des Drogensüchtigen, dem sie gerade das Leben gerettet hatte, sie bis in den Flur verfolgten. „Da muss man sich nicht um zwei Uhr morgens von Patienten beschimpfen lassen, und weißt du auch, warum nicht?“, sagte sie zu Dr. Evie Lockheart, ihrer besten Freundin und Mitbewohnerin. „Weil Hautarztpatienten um diese Zeit schlafen! Keine Rufbereitschaft, keine Notfälle mitten in der Nacht, keine dringenden Konsultationen.“
Evie lächelte wissend, während sie sich das tragbare Ultraschallgerät schnappte. „Du würdest dich zu Tode langweilen.“
Mias langer blonder Pferdeschwanz schwang hin und her, als sie, die Patientenunterlagen in der Hand, zur Stationszentrale marschierte. „Ein bisschen Langeweile käme mir jetzt gerade recht.“
„Wie du meinst.“
Mia ignorierte den ironischen Unterton. „Wie lange brauchst du mit George Clooney noch für den Unfallverletzten?“
Evie lachte hell auf. „Er heißt Luca. Dr. Luca di Angelo.“
Von wegen Engel … Mia fand, dass der neue Chefarzt der Notaufnahme eher wie Beelzebub persönlich aussah.Zumindest hat er in den wenigen Wochen, seit er hier ist, eine teuflisch gute Zeit mit jedem willigen weiblichen Wesen innerhalb dieser Krankenhausmauern verbracht!
Und wenn schon. Es war sein Leben. Und ein kleines bisschen bewunderte sie ihn sogar dafür. Auch sie liebte ihre Affären kurz und süß.
Vielleicht deshalb verspürte sie jedes Mal ein seltsames Kribbeln im Bauch, wenn er in der Nähe war. Natürlich sah er atemberaubend aus – groß, dunkelhaarig, die Haut von sizilianischer Sonne gebräunt –, aber das war es nicht allein. Sie erkannte in ihm eine verwandte Seele.
Und was sie da sah, gefiel ihr gar nicht.
„Außerdem ist er ziemlich lecker.“
„Ja“, meinte Mia nachdenklich. „Da hast du recht.“
Evie lächelte vor sich hin und fragte sich unwillkürlich, warum sie sich nicht für den heißen Italiener begeistern konnte, einen Mann, der schon den Ruf weghatte, ein Sexgott zu sein. Stattdessen ging ihr Finn Kennedy nicht mehr aus dem Sinn, der barsche Chef der Chirurgie, mit dem sie immer wieder aneinandergeriet.
„Wie auch immer …“ Sie verscheuchte den Gedanken. „Wir sind dabei, den Patienten zu stabilisieren. Er muss in den OP, Laparotomie.“
„Okay, aber wenn ihr fertig seid, dann gehst du nach Hause. Du hattest vor drei Stunden Feierabend.“
„Ja, ja.“ Evie winkte ihr zu und eilte davon.
Mia hatte sich keine zehn Minuten in ein paar Krankenakten vertieft, da stürmte ein untersetzter sonnenverbrannter Mann mit einem wilden Ausdruck in den Augen in die Notaufnahme.
„Meine Frau … sie hat Wehen! Das Baby kommt!“ Damit machte er auf dem Absatz kehrt und rannte wieder hinaus.
Der vertraute Adrenalinstoß schoss ihr durch die Adern, als sie aufsprang und ihm folgte. Caroline, eine der Krankenschweste