2. KAPITEL
Chloe sah, wie ihre Freundin und Kollegin alle zehn Minuten zur Uhr schaute. „Alles in Ordnung, Kate?“
Ungewohnt unruhig blickte Kate auf, ein halbherziges Lächeln auf den Lippen. „Doch, doch. Natürlich.“
„Du weißt, dass du die Akte falsch herum hältst?“
„Ups!“ Kate starrte auf den Hefter, schloss ihn und legte ihn hastig auf den Stapel vor ihr. „Entschuldige, Chloe, ich bin furchtbar nervös.“
„Wegen Nick?“
„Wegen wem sonst?“ Sie lachte humorlos auf.
Chloe lächelte sie mitfühlend an. Nick verhielt sich einfach unmöglich. Sicher war es für ihn ein Schock gewesen, ganz nebenbei zu erfahren, dass er der leibliche Vater von Kates neunjährigem Sohn Jeremiah, von allen nur Jem genannt, war. Aber er behandelte Kate seitdem einfach unmöglich. Kein Wunder, dass Kate aussah, als würde sie gleich schreiend das Weite suchen. Die letzten wöchentlichen Besprechungen waren in angespannter, belastender Atmosphäre verlaufen.
„Möchtest du lieber schon gehen? Ich könnte dich Montag über alles informieren.“
Kate schüttelte den Kopf. „Nein, vielen Dank, Liebes. Ich will mich nicht drücken. Ich kenne Nick schon lange und weiß, dass er seine eigene Art hat, Dinge zu bewältigen. Wenn er nur nicht so stur wäre“, fügte sie traurig lächelnd hinzu.
„Falls ich irgendetwas tun kann …“
„Wo du gerade fragst …“ Kate richtete sich auf. „Hast du heute Abend schon etwas vor?“
„Nein, nichts Besonderes.“
„Du triffst dich nicht mit den Mädchen?“
„Diesen Freitag nicht. Lauren und ich haben uns für morgen Vormittag zum Einkaufen verabredet, und abends wollen wir mit Vicky ausgehen. Warum fragst du?“
„Ich will mit Nick reden, außerhalb der Arbeit. Ihm alles erklären.“ Unsicher hielt sie einen Moment inne. „Wenn es dir recht ist, bringe ich Jem heute Abend für ein, zwei Stunden zu dir.“
„Natürlich, kein Problem.“
Sie hatten gerade eine Zeit verabredet, als die Tür aufging. Chloe war genauso verblüfft wie Kate, als nicht Nick, sondern Oliver hereinkam. Er trug ein Tablett, und Kate beeilte sich, auf dem Tisch Platz zu schaffen.
„Ich habe etwas zu trinken mitgebracht“, erklärte er lächelnd, verteilte die dampfenden Becher und reichte Chloe die Zuckerdose und einen Löffel. Anscheinend hatte er sich gemerkt, dass sie ihren Tee gesüßt trank.
„Und ich habe uns die letzten von Hazels berühmten Ingwerkeksen gesichert!“, fügte er hinzu, während er die bunte Blechdose auf den Tisch stellte und das Tablett wegnahm.
„Danke, Oliver.“ Kate lächelte ihn an, höflich und freundlich wie immer.
Mit einer lässigen Bewegung hakte er den Fuß hinter ein Stuhlbein, zog sich den Stuhl heran, setzte sich und griff nach seinem Becher. Chloes Magen verkrampfte sich, ihr Puls raste. Oliver kam ihr zu nahe. Sie holte bebend Luft und unterdrückte das Bedürfnis, mit ihrem Stuhl ein Stück wegzurücken.
„Gibt es etwas Neues bei Avril?“ Oliver öffnete die Dose und nahm sich einen der köstlich duftenden Kekse.
„Ja, ich wollte es Ihnen sagen, aber Sie waren bei einem Patienten.“ Das klang, als wollte sie sich verteidigen. Chloe biss sich auf die Lippe und sah Oliver an. Er erwiderte ihren Blick, und um seinen Mund lag ein Lächeln. Sie musste wegsehen und umklammerte ihren Becher, damit niemand das Zittern ihrer Finger bemerkte. „Sie werden das Kind wohl per Kaiserschnitt holen müssen. Am Montag wahrscheinlich … falls sie übers Wochenende stabil blei