: Norman Sinclair
: Stolen ID
: Bookmundo
: 9789403663265
: 1
: CHF 3.20
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: Belletristik
: German
: 100
: kein Kopierschutz
: PC/MAC/eReader/Tablet
: ePUB
Ein Mann erwacht nach einem Sturz in einem Waschraum ohne eine einzige Erinnerung an sein früheres Leben und muss sich langsam daran gewöhnen, wer er war und wie er tatsächlich gelebt hat. In sich findet er keine Verbindung zu diesem Menschen, der er einst war. Die prekären Verhältnisse stoßen ihn ab und schüchtern ihn ein. Anker in der Realität ist der Polizist, der ihm immer neue Facetten seines scheinbar verdrängten Lebens präsentiert. Doch auch der Arzt bemerkt die Diskrepanz zwischen der Vita und dem, was er an seinem Patienten beobachten kann. Ein Wettlauf um die Rückkehr der Erinnerungen beginnt, da hinter dem Gedächtnisverlust mehr stecken muss.

Norman Sinclait stammt aus Dutchess County im Upstate New York. Aufgewachsen in Queens, NY und später in Deutschland studierte er Recht und Geschichte an der Ruhr-Universität Bochum. Heute lebt und arbeitet Norman mit seiner Familie in Nordrhein-Westfalen, wo in seinem kleinen Arbeitszimmer Romane und Gedichte entstehen.

1. Kapitel

 

Er hörte seine Atmung. Sie klang ungewohnt, angestrengt, als wäre etwas nicht in Ordnung, als läge er in einem kalten, leeren Raum. Wo war er? Wer war er? Welcher Tag, welche Zeit war überhaupt? Alles fühlte sich falsch an. Was war das für ein Erwachen? Warum war es so unangenehm? Und was waren das für Geräusche, die langsam von weit entfernt zu seinem Bewusstsein vorzudringen schienen? Er versuchte, sich zu erinnern, doch da gab es nichts. Das Sein bestand aus seiner schnaufend klingenden Atmung, aus dieser nicht zu deutenden Geräuschkulisse und der Dunkelheit. Was mochte das nur sein? Ob esGefahrbedeutete? Sein Herz schlug schneller, die Panik wurde größer. Er lag, aber nicht in seinem Bett. Dieser Ort hier war irgendwie anders. Doch anders als was denn? Er konnte sich nicht an sein Bett erinnern. Und doch musste es diesen Schlafplatz ja geben, denn in seinem Kopf war diese Formulierung aufgetaucht. Irgendwo musste sie herkommen. Sein schwerfälliger Geist schaffte es einfach nicht, dieses Wort mit etwas zu füllen, das über den Begriff hinaus ging.

Ob er wohl hinausgefallen war, aus diesem – seinem – nicht weiter definierten Bett? Lag er einfach nur daneben? Brummte ihm der Kopf deswegen so, oder hatte das einen ganz anderen Grund? Er wollte sich bewegen, doch das ging gar nicht. Etwas hielt ihn fest. Das konnte gut sein oder schlecht. Vorsichtig versuchte er, seine Hände zu bewegen. Das ging ebenfalls nicht. Er war angebunden.

Jemand musste ihn fixiert haben und ihm wollte einfach kein Grund dafür einfallen. Warum tat man so etwas? Sein Gehirn versuchte, in alten Erinnerungen nach einer Lösung zu suchen. Doch da waren immer noch keine Erinnerungen. Warum war sein Kopf völlig leer? Was konnte die Ursache dafür sein? Wieder versuchte er, sich zu bewegen, diesmal etwas energischer.

„Doktor Fuller, der Patient wird wach“, sagte eine Stimme.

„Ist er ansprechbar?“, fragte eine zweite Stimme. Er konnte nicht sehen, wer da sprach. Warum nicht? War er blind? Der Gedanke beunruhigte ihn, schien ungewohnt und beängstigend zu sein, woraus er schloss, dass er eigentlich sehen konnte. Doch warum war nur Dunkelheit um ihn herum? Was war auf seinen Augen, dass er nichts sehen konnte? Wo befand er sich, und was war das für ein Doktor, der nicht sofort herbeigelaufen kam, um nach ihm zu sehen? Er war doch Patient genannt worden, der Doktor musste also Mediziner sein, der sich um Menschen kümmerte, die hilflos an einem Ort lagen, an dem sie sich nicht auskannten. Oder etwa nicht? War er etwas anderes?

Ihm schauderte. Alle Überlegungen hatten sich bislang darum gedreht,werer war. Doch wie sollte er sich verhalten, wenn er etwas anderes sein sollte, als er gedacht hatte? Er wagte es nicht, diesen Gedanken weiterzudenken. Das würde ihn in eine Sackgasse führen, die den Wahnsinn bedeutete. Er spürte schon, wie er mit der Situation überfordert zu sein schien.

„Können Sie mich hören?“, fragte die Stimme des Arztes. Sie war tief und klang angenehm, irgendwie beruhigend. Er versuchte zu antworten, brachte jedoch keinen Ton heraus, also nickte er. Das war keine gute Idee, denn sofort tat sein Kopf