2. Grundlagen der Schematherapie
2.1 Wie entstehen Schemata?
EinSchema entsteht als „Fußabdruck“ in dem neuronalen Netz des Gehirns als Folge langanhaltender, starker emotionaler Erregung. Wenn in einer bestimmten Situation eine Gruppe von Nervenzellen stark erregt wird, verbinden sich diese Nervenzellen stärker miteinander und bilden eine fest verbundene neuronale Gruppe. Aus einem vorübergehenden Erregungszustand (in der Schematherapie einModus genannt) wird ein bleibendes Schema (siehe Abb. 2). Das Schema wirkt im Gehirn als sogenannterAttraktor. So wie eine attraktive Person den Blick der anderen auf sich lenkt, lenkt ein Attraktor im Nervensystem die Erregungsströme im Gehirn in die vorhandenen Bahnen. Man kann sich das bildhaft vorstellen wie Trampelpfade auf einer Wiese: Wenn die ersten Menschen einen bestimmten Weg über eine Wiese gelaufen sind, werden dort die Grashalme etwas geknickt und es entsteht eine Spur. Die Nächsten wählen dann (oft unbewusst) ebenfalls diesen Weg. Dadurch wird der Weg immer weiter ausgetrampelt, bis das Gartenbauamt ihn irgendwann pflastert. Genauso entstehen im Nervensystem Bahnungen, die volkstümlich gesprochen dazu führen, „dass man sieht, was man kennt“ und „tut, was man kann“. Dadurch werden Erlebens- und Verhaltensweisen immer stärker fixiert und automatisiert, bis man sie ganz selbstverständlich und unbewusst ausübt. Manchmal denkt man, dass es gar nicht anders gehen kann. Auf diese Weise steuern die Schemata unbewusst unser Verhalten. Sie sind sozusagen die körperliche Voraussetzung unserer Lernprozesse. Diese Automatismen haben auch Vorteile, denn sie entlasten uns im Alltag von bewussten Entscheidungsprozessen. Der buddhistisch orientierte amerikanische Psychotherapeut Jon Kabat-Zinn nennt sie entsprechend den „Autopiloten“. Aber man muss einen schlecht funktionierenden Autopiloten ausschalten können, sonst weist er einem immer wieder den falschen Weg – und Sie sitzen in einer Lebensfalle. Wenn Sie sich tiefer mit diesen biologischen Vorgängen beschäftigen wollen, empfehle ich Ihnen das BuchBedienungsanleitung für ein menschliches Gehirn von Gerald Hüther (sieheLiteraturhinweise im Anhang).
Abbildung 2: Einfaches Modell der Verhaltenssteuerung
In diesem Sinne gibt es eine fast unendliche Zahl von Schemata, von denen viele ganz selbstverständlich zur Bewältigung unseres Alltags beitragen. Auch die Art, wie ich meine Schnürsenkel binde, beruht auf einem (motorischen) Schema. Dass wir dies in der Regel unbewusst tun, kann man daran erkennen, dass die meisten Menschen nicht erklären können, wie sie die Schnürsenkel binden (sie können es lediglich vormachen, weil sie es unbewusst tun).
Für die Therapie sind nur die Schemata wichtig, die in sehr unangenehmen Lebenssituationen gebildet wurden. Diese Schemata, in die gewissermaßen direkt der Schmerz und das Leid des damaligen Erlebens eingebrannt sind, nennt Jeffrey Youngunkonditionale Schemata, weil sie nicht gezielt erlernt wurden. Besonders leicht werden Schemata in die Nervenstruktur eingebrannt, wenn die Menschen noch sehr klein und die Nerven entsprechend formbar sind. Die Menschen sind dann gewissermaßen wie Wachs in den Händen ihrer Bezugspersonen. Dies ist am stärksten in den ersten Lebensjahren der Fall. In dieser Zeit können die Kinder ihr Erleben noch nicht reflektieren und sind darauf angewiesen, dass sie von den Bezugspersonen beruhigt werden. Tun diese das nicht in ausreichendem Maße, können die Kinder in sehr starke Erregungszustände kommen, die sich dann als ein negatives emotionales Schema einbrennen. Wenn sie später in ähnliche Situationen (z. B. Verlassenwerden oder große Hilflosigkeit) kommen, werden diese Sch