: Martin Wehrle
: Bin ich hier der Depp? Wie Sie dem Arbeitswahn nicht länger zur Verfügung stehen
: Mosaik bei Goldmann
: 9783641109035
: 1
: CHF 6.50
:
: Betriebswirtschaft, Unternehmen
: German
: 400
: DRM
: PC/MAC/eReader/Tablet
: ePUB
Von der Kunst, nicht ständig zur Verfügung zu stehen
Überlastung, angehäufte Überstunden und keine Chance, sie jemals abzubauen - muss ich mir das wirklich gefallen lassen? Das fragen sich Millionen Mitarbeiter jeden Tag aufs Neue. Der Karriereberater und Bestsellerautor Martin Wehrle kennt den Wahnsinn in deutschen Firmen. Er zeigt auf, mit welchen Tricks Mitarbeiter ausgebeutet werden. Warum gibt es keinen Feierabend mehr? Warum beschleunigt Multitasking die Burnout-Quote, aber nicht die Arbeit? Martin Wehrle weist Wege aus dem Hamsterrad. Der Arbeitnehmer erfährt unter anderem, wie er Grenzen um sein Privatleben ziehen kann. Nie wieder Depp sein und auf in ein selbstbestimmtes, glückliches Berufsleben!

Martin Wehrleist Deutschlands bekanntester Karriere- und Lebenscoach. Seine Bücher sind in zwölf Sprachen erschienen und haben rund um den Globus begeisterte Leserinnen und Leser gefunden. Mit »Ich arbeite in einem Irrenhaus« und dem Folgeband »Ich arbeite immer noch in einem Irrenhaus« landete er gefeierte Bestseller, zuletzt erschienen dieSpiegel-Bestseller »Den Netten beißen die Hunde« und »Wenn jeder dich mag, nimmt keiner dich ernst«. An seiner Hamburger Karriereberater-Akademie bildet er Karrierecoaches aus.

In diesem Kapitel erfahren Sie unter anderem …

  • warum immer mehr Firmen sich als Paradies ausgeben, aber die Hölle sind,
  • wie das Märchen der Globalisierung benutzt wird, um Mitarbeiter zu verheizen,
  • wie ein Chef einen Nordkap-Urlauber aufspürte und zurück in die Firma beorderte
  • und wodurch Helmut Kohl zum Vorbild einer irren Arbeitssekte wurde.

Das höllische Arbeitsparadies

Eine süße Melodie erklingt aus den deutschen Firmen, eine Melodie wie die des Rattenfängers von Hameln. Die Firmen flöten von einer modernen Arbeitswelt, in der jeder Mitarbeiter sein eigener Herr ist. Die große Freiheit soll an den Arbeitsplätzen ausgebrochen, die Selbstbestimmung eingekehrt, das Zeitalter der Schufterei beendet sein. Stellenausschreibungen, Broschüren und Vorstandsreden verheißen dem Mitarbeiter hinterm Firmentor ein gelobtes Arbeitsland, ein Paradies.

Die Hierarchien? Flach wie das Wattenmeer! Die Stechuhren? Auf dem Weg ins Museum! Der Chef? Dein Freund und Helfer! So manches Firmengebäude verwandelt sich zur Sofa-Landschaft, die Tischtennisplatte im Konferenzraum lädt ein zum Rundlauf, und wer aus der Obstschale auf dem Flur einen Apfel greift, darf das auf Kosten der Firma tun, statt dafür aus dem Paradies vertrieben zu werden; die Firmen-Götter sind gnädig.

Kein Telefonkabel, lieber Mitarbeiter, kettet Sie mehr an Ihren Schreibtisch, Sie sind frei wie der Wind. Ihre Arbeit ist geschrumpft auf Taschenformat, sie lässt sich bequem per Handy tragen. Und, bitte sehr: Picken Sie sich aus dem Arbeitsmodell-Baukasten einen Arbeitsort Ihrer Wahl, ob Heimbüro oder Südseestrand. Teilen Sie Ihren Job (Job-Sharing) oder schlafen Sie morgens bis 10 Uhr aus (flexible Arbeitszeit) – völlig in Ordnung! Kein Chef sitzt Ihnen mehr im Nacken, Sie verantworten Ihre Ergebnisse selbst.

Die Arbeitswelt ein Paradies und der Mitarbeiter ein dankbarer Bewohner: So hätten sie es gern, die Rattenfänger!

Doch wer der süßen Melodie hinters Firmentor folgt, stolpert in eine Arbeitshölle, wie sie die Welt seit dem Frühkapitalismus nicht mehr gesehen hat. Die Firmen flöten: »Du bist selbst für deinen Erfolg verantwortlich«, gemeint ist: »Der Misserfolg kostet dich den Kopf!« Die Firmen flöten: »Du kannst deine Arbeit frei einteilen«, gemeint ist: »Mach bloß nicht Feierabend, bevor alles fertig ist.« Die Firmen flöten: »Du kannst alles bei uns erreichen«, gemeint ist: »Wenn du auf der Strecke bleibst, liegt es nur an dir!«

Hinterm Firmentor wohnt das Elend. Mitarbeiter ächzen unter Arbeitslasten. Sie schuften, bis der Arzt kommt, und der Arzt kommt oft: Die Burn-out-Kliniken quellen über, sie sind zu den Seelen-Kläranlagen einer zum Himmel stinkenden Arbeitswelt geworden. Zwischen 2005 und 2011 haben sich die Krankheitstage wegen Burn-out verelffacht, auf 2,7 Millionen.[5]Berufsleben statt Leben, Überstunden statt Feierabend, Dauerstress statt Entspannung: Millionen Mitarbeiter strampeln in diesem Hamste