: Gaby Hauptmann
: Scheidung nie - nur Mord! Roman
: Piper Verlag
: 9783492976701
: 1
: CHF 7.30
:
: Gegenwartsliteratur (ab 1945)
: German
: 352
: Wasserzeichen
: PC/MAC/eReader/Tablet
: ePUB
Tina und Friederike, zwei Frauen, die sich kaum kennen. Die eine, Friederike, leitet mit ihrem Bruder Stefan das Familienunternehmen. Die andere, Tina, ist mit Stefan verheiratet. Doch ihre Zweifel wachsen. Liebt ihr Mann sie noch? Oder steht nur noch Jimmy, ihr Hund, an ihrer Seite? Sie weiß nicht, dass Stefans Firma pleite ist. Stefan aber spielt den reichen Sonnyboy, der draußen weltmännisch einlädt und zu Hause knickrig Tinas Einkaufszettel kontrolliert. Tina will die Ehe retten, Friederike die Firma - Stefan nur sich selbst, und er hat auch schon einen teuflischen Plan. Aber er hat nicht damit gerechnet, dass sich Tina und Friederike anfreunden könnten und selbst einen Plan schmieden, der besser ist als sein eigener. Und Tina entdeckt plötzlich, dass nicht nur Männer anziehend sein können?...

Gaby Hauptmann, geboren 1957 in Trossingen, lebt als freie Journalistin und Autorin in Allensbach am Bodensee. Ihre Romane »Suche impotenten Mann fürs Leben«, »Nur ein toter Mann ist ein guter Mann«, »Die Lüge im Bett«, »Eine Handvoll Männlichkeit«, »Die Meute der Erben«, »Ein Liebhaber zuviel ist noch zuwenig«, »Fünf-Sterne-Kerle inklusive«, »Hengstparade«, »Yachtfieber«, »Ran an den Mann«, »Nicht schon wieder al dente«, »Rückflug zu verschenken«, »Ticket ins Paradies«, »Hängepartie«, »Liebesnöter«, »Zeig mir was Liebe ist«, » Die Italienerin, die das ganze Dorf in ihr Bett einlud« und »Scheidung nie - nur Mord!« sind Bestseller und wurden in zahlreiche Sprachen übersetzt und erfolgreich verfilmt. Außerdem erschienen die Erzählungsbände »Frauenhand auf Männerpo« und »Das Glück mit den Männern«, ihr ganz persönliches Buch »Mehr davon. Vom Leben und der Lust am Leben«, das Kinderbuch »Rocky der Racker«, die mehrbändigen Jugendbuchreihen »Alexa, die Amazone« und die »Kaya«-Reiterbücher, sowie »Wo die Engel Weihnachten feiern« und die von ihr herausgegebene Anthologie »Gelegenheit macht Liebe«. Zuletzt erschien »Plötzlich Millionärin - nichts wie weg!«. 2019 moderierte Gaby Hauptmann die Runde 'Talk am See' im SWR, in der sie wöchentlich mit Prominenten und Gästen aus der Region zu aktuellen Themen sprach.

 

Vielleicht spinne ich ja schon. Oder auch nicht. Wer weiß das schon? Der Baum, an dem ich gerade lehne? Der vielleicht am ehesten. Der kennt mich schon so lange, und er ist beständig. Vielleicht ist er das Beständigste, das mir in meinem Leben je begegnet ist.

Aber jetzt bin ich bald fünfzig. Fünfzig. Man stelle sich das vor.

Nein, ich stelle mir das vor.

Ich bin bald fünfzig.

Wie alt mag der Baum sein, an dem ich lehne, wie alt das Moos, über das ich streiche?

Es fühlt sich frisch an. Wie ein weicher, frischer Teppich, kurz geschoren, widerständig. Ich bücke mich und schaue es mir genauer an. Erstaunlich. So viele kleine Halme, und alle streben nach oben.

Das habe ich auch mal. Nach oben gestrebt.

Ich lehne mich wieder zurück.

Er tut gut, dieser Wald. Dieses grüne Dach über mir, das mich abschirmt, dieses Moos unter mir, das mich beschützt, diese Geräusche, das Knistern und Ächzen und Wachsen und Sterben der Bäume.

Bei diesem Gedanken höre ich auf.

Überhaupt würde ich gern zu denken aufhören, denn ich denke immer bloß: Was soll ich tun? Wohin führt mein Weg?

Ich lehne an meinem Baum, das tut mir gut. Der war hier, der ist hier und wird mich überleben, wenn die Forstwirtschaft ihn nicht killt.

Alles wird verändert, beseitigt, getötet.

Gibt es etwas, das nicht getötet wird?

Ich spüre, wie sich meine Hand ins Moos krallt. Nein. Ich werde es nicht herausreißen, nein, ich werde nicht zu den achtlosen Killern gehören. Trotzdem ist die Verlockung da, und ich spüre, wie ich gegen meinen Drang ankämpfen muss.

Steckt in jedem Menschen ein Killer? In jedem Individuum?

Tötet nicht jeder jeden, damit er selbst leben kann?

Tötet der Mensch aus Lust? Aus purer Lust?

Stefan. Ich hatte ihn verdrängt. Ich möchte nicht an ihn denken. Aber er drängt sich mir auf, wie er sich während unserer ganzen Ehe zwanzig Jahre über aufgedrängt hat.

Ich habe ihn geheiratet. Ich bin selbst schuld.

Nein, ich bin nicht schuld!

Ich stehe auf. An der rauen Rinde entlang schiebe ich mich nach oben. Ich spüre, wie sich mein Pullover hochschiebt und die Rinde an meiner Haut kratzt. Wahrscheinlich habe ich jetzt rote Striemen auf meinem Rücken. Auf meinem makellosen Rücken, denn bei uns muss ja immer alles makellos sein.

Unsere Ehe ist auch makellos, Stefans beruflicher Weg ist makellos, unsere Wohnung ist makellos und überhaupt sind wir ein absolut makelloses Paar. Einfach perfekt. Eine perfekte Fassade. So beeindruckend und schön wie dieser Wald um mich herum.

Ich liebe diesen Wald, wie ich auch den leichten Schmerz auf meinem Rücken liebe. Ich spüre, dass ich noch lebe, dass ich in dieser makellosen Perfektion noch nicht untergegangen bin.

Stefan.

Wie wäre es, wenn er einfach nicht mehr da wäre?

Wenn sich diese Mensch gewordene Perfektion einfach auflösen würde, Buchstabe für Buchstabe?S T E F A N  einfach weg?

Jetzt stehe ich da, ganz an den Baum gepresst. Es fehlt mir so viel im Leben. Liebe. Zärtlichkeit. Zweisamkeit. Einigkeit.

Ich blicke hinauf. Es könnte einem schwindelig werden. Die Höhe des Baumes, die Krone, die sich ausbreitet und mit den anderen Bäumen verbindet, kaum dass man den Himmel sehen kann. Den blauen Himmel mit den weißen Wolken. Heute noch. Morgen soll es regnen, soll der Spätsommer in den Herbst übergehen. Aber interessiert es die Bäume, was die Meteorologen sagen?

Stefan wird es interessieren.

Morgen ist der Wies n-Auftakt, da braucht er gutes Wetter.

Hinter mir raschelt es. Jimmy. Er ist kein Jagdhund, trotzdem dürfte ich ihn nicht so streunen lassen.

»Na, mein Süßer, wo kommst du denn her?«, frage ich ihn und denke im selben Atemzug: Was soll er schon antworten? Er ist ein Hund.

Aber er antwortet auf seine Art. Er setzt sich vor mich hin und schaut aufmerksam zu mir auf.

Ich gehe in die Hocke und lege ihm meine Hand in den Nacken.

»Weißt du«, sage ich, »Menschen sind komplizierte Wesen. Das musst du doch auch denken. Für alles brauchen wir irgendwas. So viele Töpfe für ein Abendessen, so viele Flaschen gegen den Durst, so viele Möbel, Betten und Kleider. Das ganze Leben ist voll von irgendwelchen Dingen. Und was brauchst du? Einen Wald, vier gesunde Beine und dein Fell. Dagegen sind wir