: Danny Schlumpf, Mario Nottaris
: Das Rentendebakel Wie Politik und Finanzindustrie unsere Vorsorge verspielen
: Rotpunktverlag
: 9783858699756
: 1
: CHF 19.30
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: Politik, Gesellschaft, Wirtschaft
: German
: 224
: kein Kopierschutz
: PC/MAC/eReader/Tablet
: ePUB
Jedes Jahr liefern die Pensionskassen-Versicherten in der Schweiz 20 Milliarden Franken an die Finanz­industrie ab. Bloß merkt das niemand. Denn Banken und Versicherungen haben das Sozialwerk der zweiten Säule in ein intransparentes Gebührensystem verwandelt, das ihnen satte Gewinne abwirft. Seit dem Obligatorium für die berufliche Vorsorge von 1985 unterstützt der Staat sie dabei: Er zwingt die Versicherten zur Einzahlung - und überlässt der Finanz­branche die Verwaltung des Geldes. Die Gesetze sind lasch, die Aufsicht ist schwach. Auch, weil viele Politiker am System mitverdienen. Die Folge sind Skandale wie das Debakel der Pensionskasse Phoenix, in dem die Schwyzer Kantonalbank eine entscheidende Rolle spielt. Das gebührengetriebene System der zweiten Säule sorgt außerdem dafür, dass die Finanzindustrie das Vorsorgevermögen zum Nachteil der Versicherten falsch anlegt. Hätte sie es seit 1985 richtig - nämlich passiv und kostengünstig - investiert, lägen heute nicht 1200 Milliarden, sondern 1400 Milliarden Franken im Schweizer Vorsorge­tresor. Jetzt streitet das Parlament über die Vor­sorge­reform BVG 21. Doch diese Vorlage reicht nicht. Das System muss neu gebaut werden. Damit es den Versicherten dient - und nicht der Finanzbranche.

Danny Schlumpf, geboren 1978, ist Bundeshausredaktor des SonntagsBlick. Zuvor hat er drei Jahre lang als Wirtschaftsredaktor bei derselben Zeitung gearbeitet und unter anderem über Finanzen, Energie und Gesundheit geschrieben. Mario Nottaris, geboren 1968, ist Inlandredaktor bei SRF TV. Er produziert tagesaktuelle Beiträge und recherchiert Hintergrundgeschichten für die Nachrichtensendungen Schweiz aktuell, Tagesschau und 10 vor 10. Zuvor war er rund zehn Jahre Wissenschaftsredaktor und Produzent der SRF-Wissenssendung Einstein.

Einleitung


Dieses Buch handelt vom Einbruch der Finanzindustrie in die Sozialwerke. Es geht um Kalkül und Gewinn, Verrat und Verlust, Kabale und Rache – und um einen der größten Skandale der Schweizer Pensionskassengeschichte.

Unterhalb des Radars der Öffentlichkeit spielt sich ein Drama um die Aargauer Vorsorgeeinrichtung PK Phoenix ab. Wenig ist in den letzten Jahren darüber an die Öffentlichkeit gedrungen. Und was den Weg nach draußen fand, stellte meist ein völlig verzerrtes Bild des Debakels dar. Eine zentrale Rolle spielt die Schwyzer Kantonalbank.

Doch das ist nur die Spitze des Eisbergs. Das Schweizer Vorsorgesystem ist zu einem Selbstbedienungsladen für die Finanzindustrie geworden. Das Nachsehen haben die Versicherten. Vom Staat kommt bis heute keine Hilfe. Er schützt nicht das Vorsorgevermögen, sondern die Gewinne der Geldhäuser. Das ist ein entscheidender Grund, warum es um unsere Renten immer schlechter steht.

Dabei ruht die Altersvorsorge in der Schweiz eigentlich auf einem soliden Fundament. Sie stützt sich bekanntlich auf drei Säulen: die staatliche, die berufliche und die private Vorsorge. Seit 1948 soll die obligatorische Alters- und Hinterlassenenversicherung (AHV) die Existenz nach dem Ende des Erwerbslebens sichern. 1985 wurde auch die zweite Säule obligatorisch. Das Pensionskassengeld soll die Weiterführung des gewohnten Lebensstandards ermöglichen. Und wer es sich leisten kann, investiert zusätzlich in die freiwillige dritte Säule, um die Vorsorge aktiv zu stärken.

Das Prinzip der drei Säulen zeichnet das Schweizer System aus. Es ist organisch gewachsen, verbindet Staat, Wirtschaft und Bürger. Es scheint im Kern durchdacht zu sein und ist demokratisch legitimiert. Doch das Modell hat auch gravierende Schwächen. Einige davon sind Geburtsfehler und wachsen mit den Säulen mit. Hinzu kommen Faktoren wie die demografische Entwicklung, die von außen auf das System drücken. Mit der Folge, dass die Säulen bröckeln.

Das ist schon lange bekannt. Doch Reformen der Schweizer Altersvorsorge sind schwierig. Sie scheitern immer wieder an den gegensätzlichen Interessen der politischen Kräfte im Land. Nun nimmt die Schweiz einen neuen Anlauf. 2022 ist das Jahr der Rentenreform. Im September hat das Stimmvolk die Reform AHV 21 angenommen, im Winter behandelt das Parlament die Reform BVG 21.

Doch diese Vorlagen reichen nicht. Sie verputzen die erste und die zweite Säule neu, doch sie reparieren nicht die Fundame