Was in Krisenzeiten zur Tragfläche wird – so könnte ein Untertitel zu diesem Buch heißen. Die Tragfläche, ein Flügel – neben dem »Aufwind« eine weitere Hommage an das Skispringen. Jenem Sport, in dem mein Ehemann und Mitautor, Alexander Pointner, als Trainer über Jahrzehnte so erfolgreich war. Diese Zeit liegt gefühlt eine Ewigkeit zurück, denn sie lag vor dem großen Schicksalsschlag, der unsere Familie traf. Ein Kind zu verlieren, ist das Schlimmste, was Eltern zustoßen kann, heißt es. Und doch gibt es für jedes Leid noch Steigerungsstufen, und auch »kleinere« Krisen können Menschen aus der Bahn werfen. Wir wollen hier berichten, wie es uns gelang, einen Weg zu finden zurück zum Glück. Wir führen kein durch und durch glückliches Leben, Tod, Trauer und auch Depressionen begleiten uns nach wie vor. Auch die Angst vor weiteren Verlusten lässt sich nicht abschütteln. Doch wir führen ein geglücktes Leben, das in vielerlei Hinsicht freier und erfüllter ist als vor diesem Tag X, der fast alles veränderte.
Den Aufwind nutzen – das versuchten schon Alex’ Skispringer, als er noch Cheftrainer beim Österreichischen Skiverband war. Wohl wissend, dass diese Phase, in der mit ein bisschen Wind von unten alles unendlich leichter wird, schnell wieder vorbei sein kann. Dieser Vergleich mit jener Sportart, die unser aller Leben über so lange Zeit maßgeblich beeinflusst hat, zeigt auch: nach der Krise ist vor der Krise. Das Leben ist ein Auf und Ab. Nur weil man einen schweren Schicksalsschlag gemeistert hat, ist man nicht vor einer weiteren manifesten Krise gefeit. Und wenn eine akute Krise vorbei ist, heißt das noch lange nicht, dass mit einem Schlag alles beim Alten ist. Die Nachwehen einer Krise sind oft eine eigene Krise für sich – so wie die mentalen gesundheitlichen Folgen, die nach der Corona-Pandemie zu erwarten sind.
Vielen wird es beim Lesen jetzt den Magen zusammengezogen haben – ja, das Leben ist manchmal sehr schwer, über lange Strecken lässt es uns verzweifeln. Dennoch hält es gleichzeitig so wundervolle Glücksmomente bereit, dass es sich lohnt, weiterzumachen. Trotz des Wissens, wie es sich anfühlt, jemanden zu verlieren. Trotz der Angst, dass es noch einmal passieren kann. Was, wenn noch ein Kind oder der Partner schwer erkrankt oder frühzeitig verstirbt? Die schon fast naive Leichtigkeit, die wir bis zum Suizidversuch unserer Tochter verspürt hatten, ist ein für alle Mal dahin. Verdrängen funktioniert nicht mehr. Katastrophen, Krankheiten, Leid und Tod treffen nicht nur die anderen, sondern auch uns selbst.
Aber – und das ist entscheidend – wir führen kein ängstliches Leben. Wir führen ein zufriedenes und erfülltes Dasein, auch wenn wir nicht immer glücklich sind. Keiner von uns möchte als Persönlichkeit in die Zeit vor den 5. November 2014 zurück. Natürlich wünschen wir uns nichts sehnlicher, als dass Nina noch