: Thomas Wieke
: DDR für Angeber
: Bassermann
: 9783641018771
: 1
: CHF 3.60
:
: Humor, Satire, Kabarett
: German
: 145
: DRM
: PC/MAC/eReader/Tablet
: ePUB/PDF
Von Ampelmännchen und Rechtsabbiegepfeilen!
Die DDR ist unvergessen. Das beweist nicht zuletzt der Oscar® für den besten fremdsprachigen Film, den dieses Jahr das Stasi-Drama 'Das Leben der Anderen' bekommen hat.
Wessis können ihr Halbwissen über die 'Zone' vertiefen und ungehemmt ostalgieren. Im ausführlichen Lexikonteil erfährt man mehr über Spreewälder Gurken, den Kosmonauten Sigmund Jähn oder Stehbrettsurfer. Alle Informationen zu Geschichte, Politik, Film, Musik, Essen und Getränken, damit mann/frau beim Smalltalk als Held der Arbeit anerkannt werden kann.
Der Autor hat die DDR live miterlebt und gibt sein authentisches Wissen weiter. Die damaligen Missstände werden nicht schöngefärbt, und der Autor schafft es, seine Informationen humorvoll zu verpacken und das Absurde des DDR-Alltags darzustellen.

Thomas Wieke, geboren 1956, studierte Musik, Ästhetik und Kulturwissenschaften. Er ist seit 1984 Autor und Redakteur. Seit dieser Zeit publizierte er über 50 Bücher, darunter zahlreiche Ratgeber und Sachbücher, sowie Aufsätze für Zeitschriften und Rundfunkbeiträge. Er lebt und arbeitet in Berlin.
Sprüche, Kampagnen und Parolen (S. 78-79)

Altstoffe sind wichtige Rohstoffe

Wenn irgendetwas in der DDR gut organisiert war, dann war es die Erfassung von Altstoffen. Mit der Losung sollten Altstoffe dem Stoffkreislauf wieder zugeführt werden – an sich ein ganz vernünftiger Gedanke. Anscheinend aber lässt er sich, wie ein Vergleich zwischen der DDR und der Bundesrepublik nahelegt, nur durchsetzen, wenn akuter Rohstoffmangel herrscht. Leider wurde später das Wort Altstoffe durch Sekundärrohstoffe ersetzt, das sind nicht nur drei Silben mehr, das spricht sich auch schlecht, besonders in Wortverbindungen: Bei einer Altstoffsammlung wusste jeder, wozu er gebeten war, was es mit der Sekundärrohstoffgewinnung auf sich hat,musste man erst erklären.

Arbeite mit! Plane mit! Regiere mit!

Eine Parole aus der späten Ulbricht-Zeit, die eigentlich ganz gut klingt, oder? Sie hatte aber einen Haken.Und der Haken war das kleine Wörtchen »mit«. Arbeite! Plane! Regiere! Das wäre ja noch schöner. Da könnte ja jeder kommen und regieren wollen. Und die, die da die Arbeit verteilten, die Wirtschaft und die gesamte Gesellschaft durchplanten und das Volk regierten, wären am Ende überflüssig? Ulbricht bewahre! Durch das »mit« rückte alles schön an seinen Platz.Oben die, die regierten, unten die, die mitregieren durften – als freiwillige Helfer der Volkspolizei, als Hausvertrauensleute oder Parteigruppenorganisatoren. Oben die, die planten, unten die, die sich dann darüber Gedanken machen durften, wie man die oft lebensfremden Pläne halbwegs vernünftig in die Praxis umsetzen konnte.

Aus jeder Mark, jeder Stunde Arbeitszeit und jedem Gramm Material einen höheren Nutzeffekt

Mit dieser Losung eröffneten 1978 die Werktätigen des VEB Oberlausitzer Textilbetrieb den sozialistischen Wettbewerb zum 30. Jahrestag der DDR. Zunächst verpflichteten sich die Arbeiter ganz harmlos, »die Produktion hochwertiger, modischer Textilerzeugnisse zur stabilen und bedarfsgerechten Versorgung der Bevölkerung und für den Export« zu steigern. Dann aber nahm der Wettbewerb unter dieser Losung den Charakter einer typischen Propaganda-Kampagne an.

Bassow-Methode
Kampagne nach sowjetischem Vorbild, in den Siebzigerjahren eingeführt. Sie besagte schlicht, dass Ordnung, Sauberkeit und Sicherheit am Arbeitsplatz die Häufigkeit von Arbeitsunfällen vermindern können. In den Siebzigerjahren arbeitete faktisch jedes Kollektiv, das ein Kollektiv der sozialistischen Arbeit werden (und die entsprechende Prämie abfassen) wollte, nach der Bassow-Methode.Auch der Zwölf-Quadratmeter-Laden namens Flacon in unserer Nachbarschaft. Allerdings wusste keine der beiden Parfümverkäuferinnen, worum es sich dabei handelte. Später kam das Gerücht auf, selbst der sowjetische Genosse Juri Bassow, der angebliche Schöpfer dieser Methode, habe nicht gewusst, worum es sich dabei handelte.

Da Ordnung und Sauberkeit das spontane Überführen von Baumaterial und anderer Bückware aus der sozialistischen Produktion in die private Konsumtion behinderten, war die Methode bei den Werktätigen nicht sonderlich beliebt. Im sächsischen Sprachraum wurde sie entsprechend umgedeutet: »Bass off, dass geener gommt« oder »Bass off, dassdn Feierobnd ni vorbasst«.

Bitterfelder Weg
Parteigesteuerte Kampagne, die angeblich dem besseren gegenseitigen Verständnis von Künstlern und Arbeitern dienen sollte. Den Namen hat die Kampagne von den Bitterfelder Konferenzen (1959, 1964), ursprünglich Autorenkonferenzen des Mitteldeutschen Verlages mit Arbeitern des Chemiekombinats Bitterfeld.
Inhalt6
Vorwort7
Einleitung8
Sachlexikon11
Personenlexikon67
Sprüche, Kampagnen und Parolen79
Das Land, die Leute, das Leben92
Ein Volk von Mitgliedern118
Der Wessi und der Ossi128
Anhang137