: Thich Nhat Hanh
: Wie Siddhartha zum Buddha wurde Eine Einführung in den Buddhismus
: O.W. Barth eBook
: 9783426456859
: 1
: CHF 19.00
:
: Biographien, Autobiographien
: German
: 576
: Wasserzeichen
: PC/MAC/eReader/Tablet
: ePUB
Thich Nhat Hanhs romanhaft erzählte Buddha-Biografie ist zugleich eine brillante Einführung in den Buddhismus. In lebendigen Bildern schildert der bekannte Zen-Meister die Lebensgeschichte Siddhartha Gautamas, des historischen Buddha. Dabei zeigt er ihn nicht als mythisches, übernatürliches Wesen, sondern als einen Menschen, der uns nahe ist, der uns berührt und sein volles Potenzial verwirklicht: Nach vielen Jahren der spirituellen Sinnsuche wird Siddhartha zum Buddha, zum 'Erwachten'. Thich Nhat Hanh ist neben dem Dalai Lama der bekannteste Vertreter des Buddhismus im Westen. Er verwebt in dieser außergewöhnlichen Biografie kongenial das Leben und Wirken des Buddha mit einer Einführung in die buddhistische Geisteswelt und vermittelt in einfacher und verständlicher Form die wichtigsten Weisheits-Lehren des Buddhismus. Als Quellen dienen ihm Texte aller buddhistischen Schulen, was die Biografie zu einem traditionsübergreifenden Standardwerk macht. 'Dieses Buch macht verstehbar, warum der Buddhismus heute, hier im Westen, immer mehr Menschen fasziniert.' Wegweiser-Magazin

Thich Nhat Hanh (1926-2022), in Vietnam geboren,  ist als buddhistischer Lehrer, Friedensaktivist, Dichter und Vertreter eines engagierten Buddhismus weit über buddhistische Kreise hinaus bekannt geworden. 1967 schlug Martin Luther King jr. ihn für den Friedensnobelpreis vor. Mehr als siebzig Jahre lang lehrte Thich Nhat Hanh Achtsamkeit und inspirierte Millionen von Menschen durch seine Präsenz. Seine Fähigkeit, Menschen im Westen Buddhismus, Meditation und Achtsamkeit nahe zu bringen, war einzigartig. Im Exil in Frankreich gründete er 1982 in der Nähe von Bordeaux das bekannte Kloster Plum Village, mittlerweile gibt es weltweit über tausend Praxiszentren und Klöster. www.eiab.euwww.plumvillage.or

Erstes Buch


1


Gehen, um zu gehen

Im Schatten des grünen Bambus saß der junge Bhikkhu Svasti mit verschränkten Beinen, seine Aufmerksamkeit ganz auf den Atem gerichtet. Er meditierte bereits seit mehr als einer Stunde, und Hunderte anderer Bikkhus übten mit ihm im Schatten des Bambus oder in ihren eigenen Hütten aus Stroh.

Der große Lehrer Gautama, den die Menschen liebevoll ›Buddha‹ nannten, lebte hier in einem Kloster mit fast vierhundert Schülern. Und obwohl sie so viele waren, herrschte doch eine sehr friedvolle Atmosphäre. Vierzig Morgen Land umgaben das Kloster, und viele verschiedene Bambusarten aus ganz Magadha wuchsen hier. Das Bambuswald-Kloster, das nur einen dreißigminütigen Fußmarsch entfernt nördlich der Hauptstadt Rajagaha lag, war dem Buddha und seiner Gemeinschaft sieben Jahre zuvor von König Bimbisara übergeben worden.

Svasti rieb seine Augen und lächelte. Seine Beine fühlten sich noch ganz geschmeidig an, als er sie langsam aus der Verschränkung löste. Er war einundzwanzig Jahre alt; drei Tage zuvor hatte ihn der Ehrwürdige Sariputta, einer der ältesten Mönche des Buddha, ordiniert. Während dieser Zeremonie war auch Svastis dickes, braunes Haar abrasiert worden.

 

Svasti war überglücklich, nun auch ein Teil der Gemeinschaft des Buddha zu sein. Viele Bhikkhus waren von edler Herkunft, wie der Ehrwürdige Nanda, ein Bruder des Buddha, Devadatta, Anuruddha und Ananda. Auch wenn Svasti diesen Männern noch nicht vorgestellt worden war, so hatte er sie doch schon von Ferne beobachtet. Sie trugen einfache, verblichene Roben, aber ihre edle Haltung war unverkennbar.

»Es wird noch eine lange Zeit dauern, bis ich mit Menschen von solch nobler Herkunft Freundschaft schließen kann«, dachte Svasti. War nicht aber der Buddha gar der Sohn eines Königs? – dennoch empfand Svasti keinerlei Kluft zwischen ihnen beiden. Svasti gehörte schließlich zu den ›Unberührbaren‹; diese Menschen galten als die Niedrigsten der Niederen; sie standen noch unterhalb der untersten und ärmsten Kaste. So sah es das Kastensystem in Indien zu dieser Zeit. Über zehn Jahre lang hatte er Wasserbüffel gehütet, doch seit zwei Wochen lebte und übte er nun mit Mönchen aus allen Kasten. Alle waren sehr freundlich zu ihm, lächelten ihm voller Wärme zu und verbeugten sich tief; doch fühlte er sich noch nicht völlig heimisch. Vielleicht würde es noch Jahre dauern, so vermutete er, bis er sich vollkommen wohlfühlen könnte.

Plötzlich breitete sich ein Lächeln auf seinem Gesicht aus, das tief aus seinem Inneren kam; er hatte gerade an Rahula, den achtzehnjährigen Sohn des Buddha, gedacht. Rahula lebte seit seinem zehnten Lebensjahr als Novize in der Gemeinschaft, und in den vergangenen zwei Wochen waren er und Svasti bereits gute Freunde geworden. Es war Rahula gewesen, der Svasti gelehrt hatte, wie man während der Meditation dem Atem folgt. Auch wenn Rahula noch kein Mönch war – erst mit zwanzig Jahren konnte er die volle Ordination empfangen –, so nahm er doch die Lehren des Buddha mit tiefem Verständnis auf.

 

Svasti erinnerte sich daran – es war erst vor zwei Wochen gewesen –, wie der Buddha nach Uruvela gekommen war, dem kleinen Dorf nahe Gaya, in dem er lebte, um ihn einzuladen, Mönch zu werden. Als der Buddha an seiner Hütte ankam, waren Svasti und sein Bruder Rupak gerade außer Haus, denn sie hüteten die Büffel. Seine beiden Schwestern, die sechzehnjährige Bala und die zwölfjährige Bhima, waren aber zu Hause, und Bala erkannte den Buddha sofort wieder. Sie wollte schon loslaufen, um Svasti zu suchen, doch der Buddha erklärte ihr, das sei nicht nötig. Er selbst, die Mönche, die mit ihm reisten, und Rahula würden zum Fluss gehen, um ihren Bruder d