Fred Sinowatz, Daniela Rodler
Ein Charakteristikum des Lebens ist der ständige Wandel eines Organismus während seiner Lebensspanne. Diesen, bei den einzelnen Spezies mit ihren verschiedenen Lebenserwartungen unterschiedlich schnell ablaufenden Vorgang, nennt man dieIndividualentwicklung (Ontogenie, Ontogenese) oder oft kurz Entwicklung.
In jedem Entwicklungszyklus lassen sich verschiedene Phasen unterscheiden: Das zunächst einzellige Ei teilt sich nach der Befruchtung in zahlreiche kleinere Zellen (Furchung). Dieser frühe Embryo wird alsMorula bezeichnet. Er wandert über den Eileiter zu Uterus, wo er beim Säugetiere alsBlastozyste Kontakt mit der Uterinschleimhaut aufnimmt. Er ist von der Umwelt fast vollkommen abgeschlossen und bestreitet dann seinen Stoffhaushalt für die weitere Entwicklung durch spezielle Kontaktstrukturen (Plazenta) mit Hilfe des mütterlichen Organismus (bei den Säugetieren) bzw. durch Mobilisierung von Reservestoffen aus dem Dotter (wie bei den Vögeln).
Die pränatale Entwicklung kann formal in drei Abschnitte, nämlich die Blastogenese, die Embryonal- und die Fetalperiode, unterteilt werden, die kontinuierlich ineinander übergehen. DieBlastogenese dauert von der Befruchtung der Eizelle bis zur Ausbildung einer zweischichtigen Keimscheibe. Dieser Abschnitt umfasst beim Schwein neun Tage, beim Schaf zehn, bei der Katze zwölf, bei Mensch, Rind und Pferd 14 und beim Hund 16 Tage.
Der Beginn derEmbryonalperiode ist durch das Auftreten des Primitivstreifens charakterisiert. Während der Embryonalperiode entwickeln sich aus den drei Keimblättern, dem Ektoderm, dem Mesoderm und dem Entoderm, die Organanlagen. Am Ende der Embryonalperiode sind alle wichtigen Organsysteme angelegt. Diese Vorgänge führen zu einer tiefgreifenden Umstrukturierung der äußeren Gestalt des Embryos. Am Ende dieser Periode wird die endgültige Körperform in ihren Hauptzügen erkennbar. Die Embryonalperiode ist bei den Haussäugetieren am kürzesten bei der Katze, wo sie bis zur vierten Woche dauert, und am längsten bei Pferd und Rind, bei denen sie sich bis zur sechsten Woche erstreckt.
Der anschließende Zeitraum bis zur Geburt heißtFetalperiode. Sie ist durch Ausdifferenzierung vieler Organe und schnelles Wachstum der Frucht gekennzeichnet. Verglichen mit dem Wachstum des übrigen Körpers tritt eine relative Verlangsamung des Kopfwachstums ein. Das Alter der Frucht, die nun als Fetus bezeichnet wird, erfolgt durch Bestimmung der Scheitel-Steiß-Länge (SSL). Der Reifegrad des Fetus ist bei den einzelnen Haussäugetieren zur Zeit der Geburt unterschiedlich. Bei „Nestflüchtern” wie Pferd, Wiederkäuer und Schwein ist die Entwicklung wesentlich weiter fortgeschritten als bei Fleischfressern, die als „Nesthocker” geboren werden.
Nach der Geburt beginnt dieNeonatalperiode, in der die Neugeborenen noch besonders empfindlich und gefährdet sind. Sie ist ein Teil des Säuglingsalters, in dem die Jungen durch die Milch der Muttertiere ernährt werden. Es schließt sich die Z