: Lynn Blattmann
: Arbeit für Alle Das St. Galler Modell für Sozialfirmen
: Rüffer& Rub Sachbuchverlag
: 9783906304335
: &rub visionär
: 1
: CHF 12.60
:
: Politik, Gesellschaft, Wirtschaft
: German
: 192
: kein Kopierschutz
: PC/MAC/eReader/Tablet
: ePUB
Sinnvolle und sinnstiftende Arbeitsplätze für ausgesteuerte Langzeiterwerbslose zu schaffen und die mittel- und längerfristige Integration in den Ersten Arbeitsmarkt - so lautet das erfolgreich realisierte Ziel der St. Galler Stiftung für Arbeit. Die Stiftung bietet unter dem Namen Dock Gruppe AG seit zehn Jahren an mittlerweile 15 Standorten in der Deutschschweiz insgesamt 1400 Arbeitsplätze an. Die von den beiden Initiantinnen Daniela Merz und Lynn Blattmann entwickelte unternehmerisch geführte Sozialfirma arbeitet nach einer eigenen Methode, dem St. Galler Modell für Arbeitsintegration. Bisher haben fast 10 000 Personen in der Dock Gruppe AG gearbeitet. 'Arbeit für alle' ist mehr als nur ein Slogan für bessere soziale und gesellschaftliche Teilhabe. Es ist ein handfestes Programm für eine sozialunternehmerische Arbeitsintegration. Die Autorin Lynn Blattmann ist davon überzeugt, dass eine Gesellschaft nur dann gerecht sein kann, wenn sie niemanden, der arbeiten will, von der Erwerbsarbeit ausschließt. In ihrem Buch 'Arbeit für alle' zeigt sie auf, was es braucht, um eine Sozialfirma erfolgreich zu führen und wie sich eine solche von klassischen Produktionsbetrieben und Arbeitsintegrationsprogrammen unterscheidet.

Lynn Blattmann ist promovierte Historikerin. Sie hat langjährige Erfahrung im Bereich der politischen Strategien. Gemeinsam mit Daniela Merz hat sie seit 2006 die Sozialfirma Dock Gruppe AG aufgebaut und geführt.

Ob jemand sozialunternehmerisch tätig wird, hängt nicht von der Ausbildung ab. Daniela Merz ist Betriebswirtschafterin und Lehrerin, das heißt, sie bringt eine wirtschaftsnahe und eine soziale Ausbildung mit. Dies ist sicher keine schlechte Voraussetzung für eine Arbeit als Sozialunternehmerin, entscheidender ist jedoch ihr Temperament und ihre Weltanschauung. Von ihrem Charakter her ist sie eine typische Unternehmerin: Selbstverantwortung, Freiheit und Handlungsspielraum sind für sie essenzielle Bedingungen. Daniela Merz ist eine Problemlöserin; sie mag Probleme nicht endlos analysieren. Sobald es aber um Lösungen geht, ist sie ganz Ohr und voller Ideen. Außerdem schätzt Daniela Merz Menschen sehr, sie ist ein »Animal politique« und liebt es, Andersdenkende zu überzeugen und einzubinden; wer mit ihr kämpft, hat eine loyale Freundin und Helferin zur Seite. Sie ist keine Einzelkämpferin, aber sie ist eine, die gerne und rasch die Führung und Verantwortung übernimmt.

Meine Ausbildung verweist weniger auf eine unternehmerische Tätigkeit. Ich bin von Haus aus Historikerin, bin jung zur Parteipolitik gekommen, habe dort viel strategische Arbeit gemacht und immer wieder Wahlkämpfe geleitet. Für meine Doktorarbeit habe ich mich intensiv mit Männlichkeit und Politik befasst und eine eigene Firma für politische Strategieberatung aufgebaut. Vom Temperament her bin ich klar unternehmerisch veranlagt, für mich sind Freiheit und Unabhängigkeit wichtige Werte, Verantwortung zu übernehmen eine Selbstverständlichkeit. Im Unterschied zu Daniela Merz bin ich kein Gruppenmensch, ich scheue auch vor Alleingängen nicht zurück und halte mich an kein Verbot, von dem ich nicht überzeugt bin. Einige Freundinnen nennen mich stur, aber verlässlich. Meine Spezialität liegt in der Fähigkeit, Modelle zu entwickeln und Strategien zu konzipieren und schriftlich auszuformulieren. Auch ich mag Menschen gerne, aber ich habe generell ein distanzierteres Verhältnis zu ihnen als Daniela Merz.

Auch wenn jede Sozialunternehmerin und jeder Sozialunternehmer anders ist: Entscheidend ist, dass eine unternehmerisch geführte Sozialfirma mindestens eine Person an der Spitze braucht, die unternehmerische Impulse gibt und den Betrieb am Markt hält. Unternehmerisch geführte Sozialfirmen sind im Moment in der Schweiz noch eher selten, sie sind – ob gewollt oder nicht – in einer Pionierrolle, was eine besondere Innovationskraft von der Führung verlangt. Es ist anzunehmen, dass mit der Verbreitung der sozialunternehmerischen Idee die Schwierigkeiten, diese zu verwirklichen, sinken werden.

Warum man Sozialunternehmertum an einer Hochschule nicht vermitteln kann

Wer im Sozialwesen arbeiten will, muss eine formale Ausbildung vorweisen. Die klassische Grundausbildung für höhere Berufe im Sozialwesen wird aktuell in der Schweiz von Fachhochschulen angeboten. In der Methodenausbildung kommt Social Entrepreneurship höchstens am Rande vor. In den USA ist das anders, dort bieten viele Universitäten eigene Lehrgänge zu Sozialunternehmertum an. Bezeichnenderweise sind es dort nicht die Sozialarbeiterausbildungsstätten, die sich um das Thema kümmern, sondern die Businessschools. Für sie hat die Idee eines Sozialunternehmertums beziehungsweise des Social Entrepreneurship eine gewisse Attraktivität, was vor dem Hintergrund der einseitig gewinnorientierten Entwicklung der Wirtschaft in den letzten Jahrzehnten wenig erstaunt. Es gibt aber noch andere Gründe, die für die Nähe zwischen Social Entrepreneurships und Businessschools sprechen, denn für Sozialunternehmertum bildet eine fundierte und umfassende betriebswirtschaftliche Ausbildung eine gute Basis.

Ein vertieftes Verständnis darüber, wie ein Unternehmen funktioniert, wie es gesteuert werden kann und was Leadership bedeutet, erleichtert das Leben als Sozialunternehmerin sehr. Und es verhindert vielleicht einige unnötige finanz