Einleitung
Lieben außergewöhnlich kluge und sensible Menschen wirklich „anders“, so, wie es im Titel dieses Buches behauptet wird?
Hochbegabte sind Menschen wie alle anderen, die sich nach Gesehenwerden, Angenommensein, Liebe, Leidenschaft und Sinn im Leben sehnen. Ihre Bedürfnisse sind also nicht ungewöhnlich. Aber die Erfüllung dieser Bedürfnisse kann durch die Begabung erschwert sein: Denn Hochbegabte – als Menschen, die aus der Norm fallen – machen andere Erfahrungen mit sich und der Welt als die meisten Menschen. Und so haben sie es auch in Sachen Liebe mit besonderen Herausforderungen und ungewöhnlichen Wegen zu tun – und lieben also „anders“.
Die Frage, wie Hochbegabten die Liebe gelingt, hat mich über die Jahre immer mehr fasziniert. Dazu gehört aus meiner Sicht nicht ausschließlich der Blick auf romantische oder erotische Liebe, sondern ebenso wichtig sind gelingende freundschaftliche, familiäre oder sonstige Beziehungen. Wichtige Basis für all dies ist ein ausreichendes Maß an „Selbstliebe“ und an „Lebensliebe“.
Als Beraterin für hochbegabte Erwachsene übersetze ich „Hochbegabung“ nicht einfach mit Hochintelligenz oder einem festgestellten IQ, sondern sie umfasst für mich viel mehr als das. Mit diesem ganzheitlichen Blick schaue ich gemeinsam mit meinen Klient:innen auch auf ihr Leben, in dem es nie ausschließlich um Leistung und Erfolg geht, sondern vor allem auch um Gefühle und Beziehungen. Meine Klient:innen berichten mir oft sehr offen von ihren familiären, freundschaftlichen und kollegialen Beziehungen, ihrem Liebesleben, ihren Selbstzweifeln und seelischen Krisen. So unterschiedlich dabei ihre Anliegen sind: Das Ziel ist eigentlich immer, sich geliebt und mit sich selbst, der Welt und anderen Menschen verbunden zu fühlen.
Genau dieses Gefühl des Verbundenseins kann Hochbegabten, auch dann, wenn sie in einer Partnerschaft leben, einen stabilen Freundeskreis haben oder im Beruf Anerkennung genießen, leider in vielen Fällen fehlen. Oft kennen sie die Erfahrung, sich inmitten von Menschen einsam zu fühlen. Und dies obwohl – oder gerade weil – sie meist zu besonders intensiven Gefühlen fähig sind, also auch zu tief empfundener Liebe.
Hochbegabte weichen in allen Bereichen rund um Liebe (wie auch in anderen Lebensbereichen) häufiger von der Norm ab. In der Art und Weise,wie sie dies tun, unterscheiden sie sich dann allerdings wieder sehr voneinander. Von Eigenwilligkeit und Experimentierfreude über lebenslange Treue bis hin zum dauerhaften Single-Leben: Die Liebesbeziehungen Hochbegabter sind natürlich ganz unterschiedlich. Genauso unterscheiden sie sich auch darin, wie sehr sie sich selbst annehmen können, wie sie ihre Freundschaften leben oder wie es um ihre Zufriedenheit mit dem Leben bzw. um ihre psychische Stabilität bestellt ist. Das ist klar, denn natürlich gibt es nicht „den“ oder „die“ typische:n Hochbegabte:n.
Je mehr ich mich mit den Erfahrungen Hochbegabter rund um die Liebe beschäftigt habe, desto mehr wurden aber doch „Muster“ erkennbar: Bestimmte Eigenschaften, wie zum Beispiel die oft so hohe Gefühlsintensität, können bestimmte Erfahrungen mit sich bringen – etwa die, von anderen abgelehnt oder nicht verstanden zu werden oder sich von der eigenen emotionalen Intensität überrollt zu fühlen. Der Umgang mit diesen Erfahrungen kann zwar von Person zu Person ganz unterschiedlich sein, es zeigen sich aber auch hier bestimmte Varianten wiederholt.
Um das Thema Liebe im Zusammenspiel mit Hochbegabung möglichst ganzheitl