Vorwort
Im vorliegenden Buch möchten wir Ihnen einen Ansatzpunkt, viele Ideen und einige Tools dafür vorstellen, wie Sie Ihre gewohnte Supervisionspraxis ergänzen können – um Elemente, die sie zu einer Praxis machen, die traumasensibel genannt werden kann. Traumasensibilität, so unsere Überzeugung, die sich in zwei Jahrzehnten Lehrtätigkeit und Supervision gefestigt hat, ist in allen supervisorischen Ansätzen, in allen Feldern unserer Arbeit von unschätzbarem Wert. Sie fördert die Verarbeitung von belastenden Erfahrungen und erleichtert den Umgang mit Krisen.
Dies ist kein Lehrbuch für eine traumaspezifische Supervisionsausbildung, sondern ein Buch für alle, die schon Erfahrung im supervisorischen Handwerk gewonnen haben, dies aber um einige neue Pfeiler erweitern wollen, um dem allfälligen Thema Traumatisierung gerecht zu werden, ohne Expert*innen in Traumadiagnostik und -behandlung zu sein oder werden zu müssen.
Dass dies bedeuten kann, liebgewordene Gewohnheiten, Methoden oder Sichtweisen zu hinterfragen oder gar zu verändern, sei hier warnend vorangestellt.
Seit der ersten Idee hat sich das Thema des Buches und damit das Buch selbst verändert und entwickelt. Das geschah entlang der uns umgebenden Realitäten. Ursprünglich wollten wir die traumasensible Arbeit, wie wir sie in dem neuen Curriculum für ausgebildete Supervisor*innen vermitteln, darstellen und zusammenfassen. Das Buch sollte zum einen ein kleines Nachschlagewerk für die Kolleg*innen aus den Weiterbildungen sein, um das Gelernte noch einmal aufrufen zu können. Zum anderen hätte es für gestandene Supervisior*innen eine Möglichkeit bieten können, sich den Tools und der Grundhaltung, die wir vermitteln wollen, anzunähern und sich eingehender mit den Fragestellungen und Herausforderungen traumasensibler Arbeit auseinanderzusetzen. Viele Menschen nutzen ja auch unser weiterbildungsbegleitendes HandbuchTraumakompetenz erfolgreich als Nachschlagewerk für „Neulinge“ und „alte Hasen“ (Hantke& Görges 2012).
Doch schnell war klar: Dieser Ansatz reicht nicht mehr, wir müssen weiter und anders denken. Da ist zum einen das, was unter dem Schlagwort „Klimawandel“ zusammengefasst werden kann. Auswirkungen menschlichen Handelns, die sich in anderen Ländern und Gegenden bereits sehr viel deutlicher zeigen als bei uns: Überschwemmungen, Stürme, Trockenheit, Brände, Heuschreckenplagen etc. In die Planungen zu diesem Buch fielen zum anderen ein weiterer langer und sehr heißer Sommer und die Aktivitäten vonFridays for Future undExtinction Rebellion. Wir hatten den zwingenden Eindruck, unsere Arbeit in einen neuen Rahmen stellen zu müssen.
Welche Rolle wollen wir einnehmen? Es kann ja nicht angehen, dass wir den Umgang mit unserer Zukunft auf private Entscheidungen wie Flugverzicht und eine Umstellung auf vegane Ernährung reduzieren. Wo kommt unsere Profession, der traumasensible, hypno-systemisch geleitete Diskurs ins Spiel? Wie lässt sich die Klimawende in unserer Arbeit abbilden? Wie lässt sich die Permanenz von Krisen und Umwandlungsprozessen, in denen kein Status quo mehr fixiert werden kann, traumasensibel wahrnehmen, darstellen und supervisorisch begleiten? Wie kann man einen Über-Blick gewinnen, wenn nach und nach unsere gewohnten Lebensgrundlagen wegbrechen?
Diese Veränderungen treffen uns – wieder einmal – nicht alle gleich. Ständiger Wandel und existenzielle Bedrohung sind nur für einen kleineren Teil der Menschheit neue Herausforderungen. Der weit größere Teil ist bereits permanent mit unabsehbaren Veränderungen und lebensbedrohliche