: Susanne Svanberg
: Er darf nicht nach Hause Sophienlust 277 - Familienroman
: Martin Kelter Verlag
: 9783740939694
: Sophienlust
: 1
: CHF 1.60
:
: Erzählende Literatur
: German
: 100
: Wasserzeichen
: PC/MAC/eReader/Tablet
: ePUB
Die Idee der sympathischen, lebensklugen Denise von Schoenecker sucht ihresgleichen. Sophienlust wurde gegründet, das Kinderheim der glücklichen Waisenkinder. Denise formt mit glücklicher Hand aus Sophienlust einen fast paradiesischen Ort der Idylle, aber immer wieder wird diese Heimat schenkende Einrichtung auf eine Zerreißprobe gestellt. Diese beliebte Romanserie der großartigen Schriftstellerin Patricia Vandenberg überzeugt durch ihr klares Konzept und seine beiden Identifikationsfiguren. Das Gesicht des Mannes war aschfahl. Seine Finger krampften sich um den Telefonhörer. Anton Wegmann sagte nichts, er lauschte nur. Anika Ehling, seine hübsche Freundin, saß auf der Couch, hatte die Füße auf den niederen Tisch gelegt und blätterte gelangweilt in Modezeitschriften. Doch Antons Schweigen ließ sie aufschauen. Sie betrachtete den jungen Grafiker von der Seite her und stellte wieder einmal fest, daß er ihr ausgezeichnet gefiel. Er war groß, schlank und sportlich, ein dunkler Typ mit dichtem braunem Haar und lebhaften dunklen Augen. Seine Kleidung war geschmackvoll, aber so salopp, wie Anika es liebte. »Mein Gott«, murmelte Anton jetzt. 'Ich komme selbstverständlich. Wann? Natürlich gleich morgen.« Er drückte den Hörer noch fester ans Ohr. Als er ihn zurücklegte, zitterte seine Hand. »Was gibt es denn?« fragte Anika und legte das Modeheft aus der Hand. »Du tust ja, als wäre dir die Butter vom Brot gefallen.« Zum ersten Mal mißfiel Anton die schnoddrige Art seiner Freundin. Er schaute sie vorwurfsvoll an, erwiderte aber nichts.

Das Gesicht des Mannes war aschfahl. Seine Finger krampften sich um den Telefonhörer. Anton Wegmann sagte nichts, er lauschte nur.

Anika Ehling, seine hübsche Freundin, saß auf der Couch, hatte die Füße auf den niederen Tisch gelegt und blätterte gelangweilt in Modezeitschriften. Doch Antons Schweigen ließ sie aufschauen. Sie betrachtete den jungen Grafiker von der Seite her und stellte wieder einmal fest, daß er ihr ausgezeichnet gefiel. Er war groß, schlank und sportlich, ein dunkler Typ mit dichtem braunem Haar und lebhaften dunklen Augen. Seine Kleidung war geschmackvoll, aber so salopp, wie Anika es liebte.

»Mein Gott«, murmelte Anton jetzt. „Ich komme selbstverständlich. Wann? Natürlich gleich morgen.« Er drückte den Hörer noch fester ans Ohr. Als er ihn zurücklegte, zitterte seine Hand.

»Was gibt es denn?« fragte Anika und legte das Modeheft aus der Hand. »Du tust ja, als wäre dir die Butter vom Brot gefallen.«

Zum ersten Mal mißfiel Anton die schnoddrige Art seiner Freundin. Er schaute sie vorwurfsvoll an, erwiderte aber nichts.

»Sag mal, steht ein Weltuntergang oder so etwas bevor?« Anika zog die sorgfältig gezupften Augenbrauen hoch.

Schwer ließ sich Anton Wegmann in den nächsten Sessel fallen. Er beugte sich vor und schlug die Hände vors Gesicht. Seine Schultern zuckten.

Das schlanke Mädchen mit dem etwas breiten Gesicht reckte sich. »Hat es dir die Sprache verschlagen?« erkundigte es sich.

»Helmut und Mira«, stöhnte Anton. Statt weiterer Worte kam nur ein trockenes Schluchzen aus seiner Kehle.

Anika nahm die Füße vom Tisch und richtete sich auf. »Helmut ist doch dein Bruder und Mira deine Schwägerin. Stimmt’s? Was ist mit ihnen?« Anika fragte ohne Mitgefühl, nur aus reiner Neugierde.

»Sie… sie sind tot. Ich kann es gar nicht glauben. Mein Bruder ist erst dreißig, zwei Jahre jünger als ich. Und Mira...« Anton schüttelte den Kopf. »Sie war so lebensfroh und lustig. Es ist unvorstellbar, daß sie nicht mehr…«

Anton dachte daran, daß er einmal in Mira verliebt gewesen war. Mehr als neun Jahre war das her. Mira hatte seinem jüngeren Bruder den Vorzug gegeben, und er hatte es akzeptiert. Es hatte das herzliche Verhältnis zwischen Helmut und ihm nicht getrübt.

»Ist das alles?« fragte Anika Ehling herzlos. »Du meine Güte, ich dachte schon, eine Katastrophe wäre über dich hereingebrochen. Ich habe auch einen Bruder, aber es interessiert mich überhaupt nicht, wie es ihm geht. Er ist ein Streber, redet nur das, was mein Vater hören will, und erbt deshalb einmal die Fabrik. Nun ja, der Pflichtteil bleibt mir, und das reicht, um angenehm zu leben.« Die letzten Worte klangen arrogant. Anika konnte es nicht lassen, bei jeder Gelegenheit zu betonen, daß ihre Eltern reich waren. Sehr reich sogar.

Für Anton klang das immer vorwurfsvoll, denn er hatte nur das, was er mit seiner Arbeit verdiente. Und im Moment war das so gut wie nichts. Doch das durfte Anika gar nicht wissen. Denn schon vor drei Monaten hatte er sich als Grafiker und Werbetexter selbständig gemacht, doch die Aufträge waren ausgeblieben. Anton lebte von rasch dahinschmelzenden Ersparnissen.

»Bei uns ist das anders. Wir haben die Eltern verloren, als wir noch nicht einmal zur Schule gingen. Das hat uns zusammengeschmiedet. Wir wuchsen in einem Waisenhaus auf und immer, wenn einer von uns ungerecht behandelt wurde, klammerten wir uns aneinander und weinten«, erinnerte sich Anton. »Jetzt habe ich niemanden mehr. Jetzt bin ich ganz allein.« Seine Stimme wurde immer leiser.

»Hör mal, du bist doch kein kleiner Junge mehr. Und außerdem hast du mich.« Anika war gekränkt.